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WMMajt und Kunft / Aus der Welt der Frau / Str Lrkrktuare
Pfälzer Sole
Dienstag, s. April 1935
70. Jahrgang / Ar. 84
MacDonald und Klandin gehen nach Gtresa
Heute Erklärungen Simons vor dem englischen Unterhaus
DRV London, 8. April.
Minfiterpriifident MacDonald teilte am
Montag nachmittag im Unterhaus auf eine
Anfrage mit, daß die britische Negierung auf der
Konferenz in Stresa durch den Ministerpräsiden-
ten und durch den Außenminister Sir John
Simon vertreten fein werde.
Der Fragesteller, Sir Austen Chamberlain,
hatte vorher „das allgemeine Mitgefühl" mit
dem LordsiegelLewahrer Eden und den Wunsch
zum Ausdruck gebracht, daß er sich baldigst wie-
der erholen möge.
Mac Donald fügte hinzu, er schließe sich dem
Bedauern Chamberlains an, daß der Lordsiegel-
bewahrer nicht auch als einer der Vertreter der
englischen Regierung in-Stresa anwesend sein
könne.
Die Annahme, daß MacDonald persönlich nach
Stresa gehen werde, hat sich somit bestätigt.
Nach den hier vorliegenden Berichten ist nun-
mehr sicher damit zu rechnen, daß auch der
französische Ministerpräsident Flandin zu der
Konferenz von Stresa fahren wird, so daß die
drei beteiligten Länder, England. Frankreich
und Italien, sämtlich durch ihre Regierungs-
chefs vertreten sein werden.
Die Beratung
-er Unterhauserklärung
DNV London, 8. April
Nachdem das englische Kabinett in seiner
Sitzung am Montagvormittag u. a. beschlossen
hatte, den Ministerpräsident MacDonald und
den Außenminster Simon als die Hauptvertreter
Großbritanniens nach Stresa zu entsenden, trat
am Nachmittag der Kabinettsausschuß für aus-
wärtige Angelegenheiten im Unterhaus zusam-
men, um den Entwurf der Erklärungen
abschließend zu beraten, die Außenminister
Siman am Dienstagnachmittag im Unterhaus
abgeben wird.
Diese Erklärung wird das Ergebnis der Reise
Simons und Edens nach Berlin, Moskau, War-
schau und Prag im Einzelnen darlegen. Sie
dürfte auch die Marschroute der britischen Ab-
ordnung für Stresa erkennen lassen.
Angesichts der vielfachen «Mutmaßungen
empfiehlt es sich, den Inhalt der ausführlichen
Erklärung Simons im Unterhaus abzuwarten.
Das Abendblatt „Star" befaßt sich mit
einer Schilderung der außenpolitischen Ziele
Italiens, das eine gemeinsame Front der
Großmächte gegen Deutschland wünsche. Dem-
gegenüber habe die britische Regierung auf alle
diese Prahlereien die ruhige Antwort gegeben,
sie beabsichtige unvoreingenommen und ohne
irgendwelche vorherige Bindungen nach Stresa
zu gehen.
„Evening News" gibt in einer Vor-
schau der Meinung Ausdruck, daß das britische
Kabinett geteilter Ansicht über die Frage sei,
ob ein Ostpakt auf der Grundlage gegenseitiger
Unterstützung von Nutzen sein werde. Wenn der
Vertreter Englands in Stresa die Wahrheit
sagen wolle, dann müsse er erklären, daß das
britische Volk für irgendeinen Pakt mit den
Sowjetrussen nicht zu haben sei. Hoffent-
lich werde Simon die Gelegenheit benutzen, um
Laval und der Welt zu verkünden, daß Eng-
land unter keinen Umständen einem Abkommen
seinen Segen geben werde, das die ost- oder
westeuropäischen Mächte zu militärischer Zusam-
menarbeit verpflichte. Die Beherrscher Sowjet-
rußlands haben unermüdlich erklärt, daß Groß-
britannien der Erbfeind sei, der vernichtet wer-
den müsse, wenn der Kommunismus leben solle-
Diese Auffassung habe sich nicht geändert. Es
würde Zeitverschwendung sein, wenn Sir John
Simon in Stresa nicht erklären würde, daß die
britische Politik keine Verwicklungen im Osten,
keine Einkreisung Deutschlands und eine Luft-
streitmacht wünsche, die jedem Notfall gerecht
werde.
Eine Nage an England
„Lavors Fascista" zur Lage
DNB Rom, 8. April. „Lavoro Fascista" rich-
tet in einem Artikel über Stresa an England
die Frage, ob es wirklich glaube, daß in einem
europäischen Konflikt irgend jemand neutral
bleiben könne. Man müße den Dingen sfen
ins Auge sehen. Realpolitisch verlange die
Lage von den drei Westmächten, daß sie ohne
Umschweife eine gemeinsame Aktionslinie für
bestimmte Ereignisse festlegten, die den Frieden
Europas unmittelbar und ernstlich gefährden
könnten.
Kein Beobachter Amerikas
in Stresa
DNV Washington, 8. April. Staatssekreträr
Hüll, gab am Montag bekannt, daß die Re-
gierung der Vereinigten Staaten von Amerika
keinen Beobachter nach Stresa entsenden werde.
Der Führer wünscht Eden baldige Genesung
DNB. Berlin, 8. April. Der Führer und
Reichskanzler hat dem Lordsiegelbewahrer Eden
Eine Unterredung
mit General -e Bono
DNV. Paris, 8. April.
Ein Sonderberichterstatter des „Paris Soir"
hatte in Massaua eine Unterredung mit dem
Oberstkommandierenden der italienischen Streit-
kräfte, General de Bono. Der General wies
die Behauptungen und Gerüchte von einem un-
mittelbar bevorstehenden bewaffneten Konflikt
mit Abessinien weit von sich: „Gewiß be-
finden sich einige Flugzeuge und auch viele Offi-
ziere an Ort und Stelle. Letztere sollen ein star-
kes, unseres Landes würdiges Eingeborenenheer
aufziehen. Außerdem ist ein regelrechtes Straßen-
und Wegenetz anzulegen."
Im weiteren Verlauf der Unterredung aber
entwickelte de Bono ein weit ausgreifendes Zu-
kunftsprogramm, das wohl erhebliches
Aufsehen erregen dürfte. Er führte u. a. aus:
„Die Beunruhigung Abessiniens ist uns gleich-
gültig. Sehr bald wird man Vereinbarungen
treffen müssen, um unser nachbarschaftliches Ver-
hältnis zu regeln. Wir wollen gern eine ge-
meinsame Grenze mit einem genau abgegrenzten
von einer verantwortlichen Regierung abhängi-
gen Land haben. Aber wir können keine Nach-
barschaft mit barbarischen Gegenden hinnehmen,
in denen praktisch unabhängige Häuptlinge Völ-
ker tyrannisieren, die Anspruch aus den Nutzen
ihrer Arbeit hätten. Nach dieser Richtung ist
eine große, schöne, humanitäre Mission gegeben,
die ebenso edel wäre wie seinerzeit der Kampf
gegen die Sklaverei. Ich spreche gegenwärtig
nicht von der Sklaverei in Abessinien. Sie zeigt
längst nicht die ganze menschliche Grausamkeit.
Seine Sklaven behandelt der Abessinier besser
als die unglücklichen Völker, die er zu Dienst-
leistungen zwingt. An diese denke ich. Die Welt
kennt noch nicht ihre Lage. Mehr als zehn Mil-
lionen sind dazu verurteilt, das Leben unter-
ernährter armer Teufel zu führen, denn die
abessinische Verwaltung nimmt ihnen fast alles.
Wenn Italien jemals berufen werden sollte,
dieses Werk durchzuführen, wird es seine volle
Pflicht tun. Aber vorläufig ist vom Krieg keine
Rede.
Wir arbeiten, wir beschäftigen unsere Arbeits-
losen, denn Arbeit bedeutet Fried«. Die Zukunft
seine aufrichtige Anteilnahme an dessen Erkran-
kung ausgesprochen und seine besten Wünsche
für baldige Wiederherstellung übermittelt.
Frau Eden beinahe verunglückt
DNB. London, 8. April. Die Gattin des er-
krankten Lordsiegelbewahrers Eden wäre am
Montag beinahe das Opfer eines Flugzeug-
unfalls geworden. Eine auf dem Flugplatz
Neston landende Maschine mit Frau Eden an
Bord überfuhr das Rollfeld und zerschlug den
Zaun des Flugplatzes. Von den Insassen wurde
glücklicherweise niemand verletzt. Auch die Ma-
schine hat keinen oder nur geringen Schaden er-
litten.
Sie Hintergründe
-es Velga-Sturzes
Aufsehenerregende Haussuchungen
DNB Brüssel, 9. April. Im Rahmen der
Untersuchungsaktion, die der Iustizminister
eingeleitet hat, um den Manövern, die zum
Sturz des belgischen Franken beigetragen
haben, auf die Spur zu kommen, hat die
Staatsanwaltschaft am Montag, wie in später
Nachtstunde bekannt wird, bei verschiedenen
Banken und bei bekanten Finanzblättern Haus-
suchungen durchgeführt.
Die Zahl der Todesopfer des Kraftwagenun-
glücks beim Rennen in Chateau Thierry
ist auf fünf gestiegen.
wird über unsere Rolle entscheiden, falls wir
berufen sind, eine solche zu spielen. Für uns
handelt es sich nicht darum, die Sache Italiens
zu vertreten, sondern die der Menschheit und
zwar so, wie sie unsere weiße Rasse auffaßt.
Denn das möge man sich merken: Das jetzige
Problem ist ein Rassenkonflikt, und inso-
fern ist es sehr ernst. Denn ganz Europa wird
davon betroffen."
Vor neuen italienischen
Tmppenverschiffungen
DNB Rom, 9. April. Die Ausreise der letz-
ten großen Truppenverbände der Florentiner
Division Gavinana nach Ostafrika erfolgte in
den nächsten Tagen von Neapel aus, wo vier
italienische Dampfer, die bereits bei dem ersten
Truppentransport Ende Februar eingesetzt
worden waren, sich zur Ausfahrt bereithalten.
Der erste dieser Dampfer. „Abazzia", ist Mon-
tag abend zu seiner zweiten Afrikareise in See
gegangen. Das Kommando der Division bleibt
an Bord des „Ganges", der am Dienstag
abend die Anker lichten wird.
Die Höhe der Nobelpreise 1935
Die F. Ztg. berichtet: Aus dem soeben erschie-
nenen Jahresbericht der Nobelstiftung in
Stockholm geht hervor, daß die fünf Preise für
Literatur, Physik, Chemie, Medizin und den
Frieden, die im Dezember dieses Jahres zur
Verteilung gelangen, je 159 917 Kronen (im
Jahre 1934: 162 608), also rund 100 000 Mark
nach gegenwärtigem Kursstand betragen werden.
Das Vermögen der Stiftung beläuft sich
insgesamt auf 47,52 Millionen Kronen, wovon
32,25 Millionen Kronen auf den Hauptfonds
entfallen, dessen Zinsen 1,06 Millionen Kronen
ausmachen. Die übrigen 15,27 Millionen Kro-
nen bilden zum größten Teil Fonds für die ein-
zelnen von der Stiftung gegründeten Institute,
wie das Friedensinstitut in Oslo und die Nobel-
bücherei in Stockholm und das Physikalische In-
stitut in Frescati bei Stockholm. Das Vermögen
ist in schwedischen und ausländischen Obligatio-
nen und Hypotheken angelegt und verzinste sich
1934 mit 4,54 Prozent.
Verantwortung!
Wer fern der Tagespolitik seiner Arbeit nach-
geht und sich über die Vorgänge in der „großen
Politik" gelegentlich aus der Zeitung unterrich-
tet, kommt eigentlich aus dem verwundernden
Kopfschütteln nicht heraus. Was ist los in
Europa? Eine Gruppe von Staaten ist
ernstlich bemüht, den Erdteil und darüber hin-
aus die Welt in ständiger Unruhe zu halten.
Staaten, die seit einer langen Reihe von Jah-
ren ohnehin schon zu den stärksten Militärmäch-
ten der Welt zählten, gebärden sich, als bestehe
ihre ganze Verteidigung in den alten Scheiben-
büchsen von Schützenvereinen. Frankreich
etwa hat sich aus dem jahrelangen Rüstungs-
rausch mit allen Mitteln der Autosuggestion in
eine Rüstungsraserei hineingesteigert, die man
nur noch als krankhaft bezeichnen kann, wobei
man zwischen den an diesen übersteigerten
Rüstungen interessierten Kreisen einerseits und
dem französischen Volk andererseits scharf unter-
scheiden muß. Es gehen dauernd Dinge vor sich,
die früher einen Höllenlärm verursacht, zum
Abbruch diplomatischer Beziehungen und zu
Kriegserklärungen geführt hätten und die man
heute als internationale Umgangsformen anzu-
sehen scheint, seitdem es von jenen Tagen des
französischen Ruhreinbruchs her Mode geworden
ist, kriegerische Handlungen unter Nichtachtung
des Völkerrechtes ohne Kriegserklärungen und
dergleichen veralteten Formelkram durchzufüh-
ren. Was soll das heißen, wenn Frankreich
wieder einmal „Truppenverschiebungen" vor-
nimmt, sein riesiges System der Angriffsfestun-
gen an seiner Ostgrenze kriegsmäßig besetzt,
einen aktiven Jahrgang über die Zeit hinaus
unter den Waffen behält, fieberhaft seine Luft-
waffe zu einem phantastischen Angriffsinstru-
ment ausbaut, ganze Systeme von Militärbünd-
nissen nach allen Windrichtungen hin errichtet,
einen bereits in den Ruhestand versetzten be-
kannten Feldherrn für den Posten des obersten
Befehlshabers vorsieht und überhaupt so tut,
als wenn es demnächst „losgeht"?
Was soll es heißen, wenn Sowjetruß-
land kriegerische Vorbereitungen — Rüstungs-
maßnahmen kann man es schon gar nicht mehr
nennen — in einem Maße betreibt, als wolle
es in sehr absehbarer Zeit nunmehr die Welt-
revolution vom Zaun brechen und zum minde-
sten fürs erste seine nächsten Nachbarn einschließ-
lich der mitteleuropäischen Staaten auf Sowjet-
manier einwecken? Und wozu muß beispiels-
weise Rußland für einen Teil seiner Riesenzahl
an Fliegergeschwadern unbedingt die uneinge-
schränkte Benutzung tschechischer Flughäfen zuge-
sichert erhalten?
Und was soll es heißen, wenn Italien ur-
plötzlich statt 160 000 Mann 600 000 unter den
Waffen hat, alle Tage von seiner uneingeschränk-
ten Kriegsbereitschaft und seinen stählernen
Bajonetten spricht? Es ist erst ein dreiviertel
Jahr her, seitdem Italien an der Kärntener
Grenze und am Brenner kriegsstarke Divisionen
aufmarschieren ließ, ohne einen stichhaltigen
Grund angeben zu können. Auch der Panter-
sprung nach Abessinien gehört in einem weiteren
Sinne in unser Thema.
Was ist los in Europa? Wo ist die Ge-
fahr? Welcher von diesen Staaten, die der-
art dröhnend auf die Erzplatten ihrer Rüstun-
gen schlagen, hat die Stirn, zu behaupten, er fei
bedroht? Und falls doch, von wem? Das Ab-
surdeste aber an allen diesen Vorgängen ist die
Tatsache, daß sie zur selben Zeit erfolgen, in iwr
außer Deutschland noch eine andere europäische
Großmacht die ernstesten und beachtenswertesten
Anstrengungen macht, um einen europäischen
modus vivendi vorzubereiten und sich bei diesen
undankbaren Bemühungen selbst durch die ge-
wissenlosesten Intrigen und die rückfichtslvftftm
Wiens afrikanisches Programm