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Mittwoch, den 23. Juli 1888
Sie polnische Zollverordnung
Eine Protestnote der Danziger Regierung
Sie Auffassung in Danzig
DNB Danzig, 23. Juli
Anläßlich der gegen die Danziger Zollverwal-
tung gerichteten Verordnung des polnischen Fi-
nanzministers fand am Dienstag mittag eine
offizielle Unterredung zwischen dem Danziger
Senatspräsident Greiser und dem diploma-
tischen Vertreter der Republik Polen, Minister
Dr. Papöe, statt. Dabei überreichte Senats-
präsident Greiser dem Minister Papse eine
Note der Danziger Regierung, in der gegen
die polnische Verordnung schärfster Pro-
test eingelegt wird In der Danziger Note wird
weiter darauf hingewiesen, daß die Danziger
Regierung nicht in der Lage sei, die Verord-
nung des polnischen Finanzministers auszufüh-
ren, da die Verordnung gegen die bestehenden
Rechtsgrundlagen verstoße. Die Note, die Se-
natsprasident Greiser am Dienstag mittag um
12 Uhr dem diplomatischen Vertreter Polens in
Danzig, Minister Dr. Papse, überreichte, hat
folgenden Wortlaut:
„Aus dem Gesetzblatt der Republik Polen hat
der Senat Kenntnis erhalten von einer am 18.
Juli 1935 (Dz. U. R. P. Nr. 52 vom 2«. Juli
1935) erlassenen Verordnung, mit der die Tä-
tigkeit der Danziger Zollämter auf die Abfer-
tigung derjenigen Auslandswaren beschränkt
wird, die für die Bedürfnisse des örtlichen Ver-
brauchs und Gebrauchs im Gebiete der Freien
Stadt Danzig bestimmt sind.
Diese Verordnung stellt einen Einbruch
von außerordentlicher Tragweite
in das zwischen der Freien Stadt Danzig und
der Republik Polen bestehende Rechtsver-
hältnis dar. Ich habe aus diesem Grunde
das Landeszollamt der Freien Stadt Danzig an-
gewiesen, diese Verordnung nicht a u s-
zuführen.
Indem ich Ihnen, Herr Minister, den Protest
des Senats der Freien Stadt Danzig gegen den
Erlaß dieser Verordnung übermittle, erwarte
ich, daß diese Verordnung sofort zurück-
genommen wird.
Außerdem behält sich der Senat der Freien
Stadt Danzig weiterhin vor, alle Maßnahmen
zu treffen, die ihm zum Schutze der Danziger
Interesse notwendig erscheinen. Er behält sich
insbesondere vor, Ersatz für alle Schäden zu ver-
langen, die der Freien Stadt Danzig durch die
Verordnung erwachsen sollten."
Hierzu nimmt die Danziger Regierung
wie folgt Stellung:
Die Durchführung der Verordnung müßte zur
Folge haben, daß Danzigs Handel und Indu-
strie bei der Versorgung des polnischen Marktes
mit Auslandswaren ausgeschaltet werde, daß
der Danziger Hafen, dessen natürliches Hinter-
land Polen ist und der in seinen Ausmaßen und
Einrichtungen auf dieses Hinterland eingestellt
ist, vollkommen verödet. Die Rückwirkung in
Zusammenhang hiermit auf die üdrio-m Zweige
Der italienische Landwirtschaftsminister über
Italiens Recht auf koloniale Ausdehnung
DNB. Paris, 23. Juli.
„Die italienische Arbeiterklasse steht begeistert
hinter Mussolinis Abessinienplänen", so erklärte
Landwirtschaftsminister Rossoni dem Sonderbe-
richterstatter des „Echo de Paris" Rom und
ganz Italien werde von der Angliederung
Abessiniens Vorteil haben, in erster Linie aber
die Arbeiterklasse. Von einer abessinischen Ar-
beiterklasse, so fuhr der Minister aufgrund einer
Zwischenfrage fort, könne keine Rede sein. In
Abessinien gäbe es nur ein rückständiges Volk,
das nicht den zehnten Teil seines Gebietes besetzt
halte, während die Italiener in ihren Grenzen
erstickten. Eine neue Verteilung sei also logisch,
gerecht, menschlich und notwendig. Eine kolo-
niale Ausdehnung sei im übrigen kein Krieg,
sondern eine „Nivellierungsoperation". Solange
die Welt bestehe, habe sich Aehnliches abgespielt.
Der Vertreter des „Echo de Paris" kommt
aufgrund dieser Erklärung zu dem Schluß, daß
der Fall Abessinien ganz Italien begeistere. Er
setzt sich warm für Italiens Kolonialpolitik ein,
weil Frankreich auf diese Weise Gelegenheit ge- s
boten werde, seine Freundschaft mit Italien
dauerhaft zu besiegeln.
Kriegsbegelsterung
in Milan-und Genua
DNB. Mailand, 23. Juli.
Die entschiedenen Erklärungen Mussolinis im
„Echo ds Paris", die in den Montag mittag er-
schienenen Zeitungen groß aufgemacht waren,
haben in den Städten Norditaliens große B e-
geisterung unter der Bevölkerung ausgelöst.
In allen Straßen Mailands, auf den Straßen-
bahnen, in den Kaffeehäusern, überall wurde die
Lage lebhaft erörtert. In Mailand kam es zu
Demonstrationszügen, die sich durch die
Straßen zum Domplatz bewegten. Dort hatte sich
abends eine große Menschenmenge angesammelt,
die in Hochrufen auf den Duce und in Schmäh-
rufen gegen den Negus ihren Gefühlen Ausdruck
gab. Die Musikkapellen der Gast- und Kaffee-
häuser spielten Revolutions- und Kriegslieder.
I« den Theatern kam es verschiedentlich zu
Kundgebungen unter Absingen der Giovinsssa.
Auch die Marseillaise war verschiedentlich zu
der Danziger Wirtschaft müßte verheerend sein.
Danzig ist in die Zollgrenze Polens einge-
schlossen worden, damit die für Polen bestimm-
ten Waren auch in Danzig endgültig verzollt
und ungehindert nach Polen weitergesandt wer-
den können. Diese Regelung ist nicht nur im
Interesse Polens, sondern auch im Interesse
Danzigs erfolgt, wie es z. B, aus dem War-
schauer Abkommen hervorgeht, nach welchem die
Regierung Polens verpflichtet ist, in ihren
Zollgesetzen die Interessen der Freien Stadt j
Danzig zu schützen. Wenn in Danzig nur die für
Danzig selbst bestimmten Waren verzollt wer-
den, so wäre nicht einzusehen, warum diese
Waren nach der polnischen Gesetzgebung und
dem polnischen Zolltarif verzollt werden, wa-
rum ihre Verzollung von polnischen Zollinspek-
toren überwacht werden soll, warum Polen ei-
nen Anteil an den für diese Waren bezahlten
Zölle erhalten soll, warum polnische Einfuhr-
bewilligungen für diese Waren erforderlich sein
sollen usw. Die Verordnung steht hiernach also
in einem unvereinbaren Widerspruch zu den
Danzig-polnischen Verträgen. In Erwägung die-
ser feststehenden Rechtslage und in Anbetracht
der Tatsache, daß bei Durchführung dieser Ver-
ordnung bleibende Schäden entstehen würden,
die auf keine Weise wieder gutgemacht werden
könnten, hat sich der Präsident des Senats im
Einvernehmen mit dem gesamten Senat ent-
schlossen, die Danziger Zollverwaltung anzu-
weisen, diese Verordnung nicht zur Ausführung
zu bringen.
Trotz der Nichtdurchfllhrung dieser Verord-
nung ist der Senat sich jedoch darüber im kla-.
ren, daß diese Tatsache der Nichtdurchführung
allein nicht genügen kann, um schwere Schädi-
gungen von der Danziger Wirtschaft abzuwen-
den.
Schon auf die Nachricht vom Erlaß dieser
Verordnung hin sind sofort in großem Umfange
Waren und Schiffe von Danzig nach Gdingen
umgeleitet worden. Solange die Verordnung
nicht hufgehoben ist, werden nicht nur polnische
sondern auch sehr schwer ins Gewicht fallende
internationale Wirtschaftskreise sich nicht ent-
schließen können, sich bei der Einfuhr von Wa-
ren aus dem Zollausland des Danziger Hafens
und des Danziger Handelsapparates zu bedie-
nen. Die hieraus dem Danziger Handel und der
gesamten Danziger Bevölkerung erwachsenden
Schäden müssen so groß werden, daß sie von
Danzig nicht getragen werden können. Aus die-
sem Grunde muß sich die Danziger Regierung
im Namen der gesamten Danziger Bevölkerung
die Anmeldung von Schadenersatzforderungen,
für die Polen allein verantwortlich gemacht
werden muß, Vorbehalten. Um die bereits ein-
getretenen wirtschaftlichen Schäden und um die
zweifellos noch eintretenden Komplikationen
zu verringern, muß der Senat an den diploma-
tischen Vertreter Polens die Bitte richten, bei
seiner Regierung wegen sofortiger Aufhebung
der Verordnung vorstellig zu werden.
hören, womit man anscheinend die italienisch-
französische Verbundenheit besonders zum Aus-
druck bringen wollte.
Aus Genua werden ebenfalls Volksansamm-
lungen gemeldet^ sowie Umzüge durch die mit
Fahnen und bunten Lampen geschmückten Straßen.
Das „japanische Toben"
DNB. Mailand, 23 Juli.
„Lorriere della Sera" schreibt zu der
Haltung Japans, auch das „japanische To- ,
ben" lasse das italienische Volk vollkommen^
ruhig und furchtlos. Die Angelegenheit habe für
Italien lediglich den Wert einer Episode, soweit
sie sich auf die inneren Beziehungen zwischen der
Regierung von Tokio und ihren diplomatischen
Vertretern im Auslande beziehe. Aber sie er-
öffne neue Ausblicke, indem sie einen sehr ernsten
Präzedenzfall dafür schaffe, daß von nun an jede t
Regierung die Pflicht habe, den Erklärungen,
die von japanischen Diplomaten gemacht würden,
zu mißtrauen. Der japanische Imperialismus
gehe zu einem groß angelegten Angriff nicht nur
gegen Italien, sondern gegen die ganze weiße
Zivilisation über.
Eui Mer Haudegeu
Ein englischer General will dem Kaiser von
Abessinien eine Brigade zur Verfügung stellen
DNB Durban, 23. Juli
Brigadegeneral Royston hat in einem
Brief an den Natal Mercury bekanntgegeben,
daß er beabsichtige, dem Kaiser von Abessinien
seine Dienste zur Verfügung zu stellen. Er
wolle eine Brigade aufstellen und „in diesem
ungrechten Kriege am Kampfe teilnehmen."
Der General ist 75 Jahre alt. Er hat an den
südafrikanischen Kriegen von 1878 bis 1879 und
1899 bis 1992 teilgenommen.
England hofft noch auf
friedliche Regelung
DNB. London, 23. Juli.
Der Parlamentsmitarbeiter der „Times"
schreibt, die Minister erwarteten jetzt mit mehr
Zuversicht, daß Frankreich beim Zusammentritt
des Völkerbundsrates bereit sei, England bei
seinen Bemühungen um eine friedliche Regelung
des italienisch-abessinischen Streitfalles an die
Seite zu treten. Die Minister nähmen an, daß
Laval sich ebenso wie sie selbst darüber klar sein
werde, daß keine Verträge mehr als sicher be-
trachtet werden könnten, wenn zugelassen werde,
daß sich die jetzige Lage zu einem Krieg ent-
wickele. Sie hofften nach wie vor, daß der Krieg
durch kollektives Vorgehen vermieden werden
könne. Der Berichterstatter fügt hinzu, die Mini-
ster seien überzeugt, daß beim Zusammentritt
des Völkerbundsrates der ganze Streitfall be-
handelt werden müsse und daß kein Versuch ge-
macht werden dürfe, die Frage auf den Zwischen-
fall von llal-stal zu beschränken.
Die KnegsimterlalauSfuhr
nach Abessinien
Vor dem englischen Kabinett
DNB London, 23. Juli
In der Kabinettssitzung, die hauptsächlich der
abessinischen Frage galt, wurde auch die Frage
der Waffenausfuhr nach Abessinien erörtert.
Mehrere Blätter melden, daß das Kabinett be-
schlossen habe, die Ausfuhr von Kriegsmaterial
nicht zu behindern. Demgegenüber berichtet der
Parlamentskorrespondent der „Times", die Mi-
nister hätten entdeckt, daß die Frage der Aus-
fuhr von Kriegsmaterial nach Abessinien und
Italien von technischen Schwierigkeiten wim-
mele. Voraussichtlich würden erst andere Mäch-
te zu Rate gezogen werden, bevor eine endgül-
tige Entscheidung falle. Es handele sich nicht
nur um die Frage der Ausfuhrgenehmigungen
sondern auch um di« Frage der Durchfuhr von
Waffen durch britisches Gebiet. — Der diplo-
matische Korrespondent der „Morningpost"
meint, in allgemeiner Beziehung seien gestern
keine neuen Beschlüsse gefaßt worden. Es werde
darauf hingewiesen, daß der Augenblick dazu
noch nicht gekommen sei. Die diplomatischen Er-
örterungen zwischen London, Paris und Rom
seien noch immer im Gange, hätten allerdings
noch keine Ergebnisse gezeitigt.
Glückwunsch des Kaisers von Japan an den
, Negus
DNB. Tokio, 23. Juli.
Der Kaiser von Japan übermittelte dem Kai-
ser von Abessinien zu dessen Geburtstag seine
Glückwünsche. Diese Geste ist angesichts des Streit-
falles mit Italien von bemerkenswerter Bedeu-
tung.
Kundgebungen für den amerikanischen
Gesandten in Addis Abeba
DNB. Addis Abeba, 23. Juli.
Als der amerikanische Geschäftsträger von
einem Empfang beim Kaiser am Dienstag im
Auto in die Stadt zurllckkehrte, wurden ihm
stürmische Veisallsäußerungen von der Bevöl-
kerung dargebracht. Die Menge schwenkte Fah-
nen und ries: Es lebe Amerika! Die Kundgebun-
gen finden ihre Begründung darin, daß die
amerikanische Regierung Offizieren die Erlaub-
nis erteilt haben soll, in der abessinischen Armee
zu dienen. Dazu kommt noch die Hilfezusicherung
des amerikanischen Roten Kreuzes.
Auflösung des ReiOsverbandes
der Valtikumkämpfer
DNB. Berlin, 23. Juli.
Der Reichsminister des Innern chat die Auf-
lösung des Reichsverbandes der Baltikum-
Kämpfer (Vereinigung ehemaliger.Grenzschutz-
und Freikorpskämpfer) und aller sonstigen Ver-
bände ehemaliger Freikorpskämpfer verfügt.
Mit dieser Auflösung sollen die Verdienste, die
sich die alten Freikorpskämpfer um Volk und
Reich erworben haben, in keiner Weise geschmä-
lert werden. Die Reichsregierung erkennt viel-
mehr die Verdienste der Männer ausdrücklich an,
die nach der Revolte von 1918 das Reich im
Osten gegen bolschewistische Angriffe und in
München, Hamburg und an der Ruhr gegen
spartakistische und kommunistische Aufstände ver-
teidigt und geschützt hben. Manches Jahr mußte
seitdem vergehen, bis Adolf Hitler und seine
Bewegung das neue Deutsche Reich aufbauen
konnten, das in der NSDAP, der SA und der
SS viele der alten Freikorpskämpfer auch zu
seinen Kämpfern zählt.
Da im nationalsozialistischen Staat neben der
Partei, ihren Gliederungen, den ihr angeschlos-
senen und den von ihr anerkannten Verbänden
anderen Verbänden politischer Art ein Sonder-
leben nicht mehr zugebilligt werden kann, wurde
schließlich das Verbot derjenigen Verbände not-
wendig, die sich nicht bereits selbst aufgelöst
hatten
VersamiMngsverboi für den Stahlhelm
in Gesirrt
DNB. Erfurt, 23. Juli.
Aufgrund des Gesetzes vom 28. Februar 1983
zum Schutze von Volk und Staat in Verbindung
mit Paragr. 14 des Polizeiverwaltungsgesetzes
hat die Staatspolizeistelle für den Regierungs-
bezirk Erfurt im Einvernehmen mit dem Regie-
rungspräsidenten Staatsminister Dr. Weher das
Tragen von Abzeichen oder von einheitlicher
Kleidung jeder Art, die die Zugehörigkeit zum
NSDFV (Stahlhelm) kennzeichnen, verboten.
Gleichzeitig sind alle Versammlungen einschließ-
lich der Pflichtappelle des NSDFV und das Zei-
gen der Fahnen des NSDFV verboten worden.
Die getroffenen Maßnahmen sind durch die
Tatsache gerechtfertigt, daß in letzter Zmt in
großem Umfang Aeußerungen und Handlungen
einer Reihe von Stahlhelmmitgliedern vorge-
kommen sind, die in unverkennbarer Weise die
staats- und parteifeindliche Einstellung weitester
Kreise des NSDFV klar zutage treten ließen
und zu solchen Maßnahmen staatspolizeilicher
Art Anlaß gaben.
AuflSsMIS
der Swtschm ZugendlraA In Vaden
OL Karlsruhe, 23. Juli.
Amtlich wird mitgeteilt:
Seit Monaten mußte die Beobachtung ge-
macht werden, daß die außerhalb der Staats-
jugend stehenden Jugendverbände und -Vereini-
gungen ein Gebühren an den Tag legten, das
in einem geordneten Staatswesen auf die
Dauer nicht geduldet werden kann, In Verken-
nung ihrer Aufgabenkreise und unter Anma-
ßung eigener politischer Zielsetzungen setzten sich
diese Organisationen in einen mehr oder min-
der bewußten Gegensatz zum Staat und zur na-
tionalsozialistischen Bewegung. Diese bestritten
der Staatsjugend das ausschließliche Recht, die
Heranwachsende Generation zum Zwecke der
politischen Erziehung in ihren Reihen zu er-
fassen und gefährdeten dadurch letzten Endes die
politische Einigkeit unseres Volkes in der na-
tionalsozialistischen Idee. Infolge dieser staats-
feindlichen Haltung fanden sie aber gerade bei
den Besten unserer Jugend keinen Anklang,
sondern sammelten bei sich großenteils Ele-
mente, die weniger an fruchtbringender Erzieh-
ungsarbeit als an einem ungezügelten Rowdy-
tum interessiert waren Die Ausschreitungen,
insbesondere Ueberfälle aus einzelne Angehörige
der Hitler-Jugend und des Jungvolkes, mehrten
sich zusehends sodaß sich der Minister des In-
nern vor einigen Wochen genötigt sah, den
nichtnationalsozialistischen Jugendverbänden das
Tragen von Uniformen und die öffentliche Be-
tätigung unter freiem Himmel zu verbieten und
dadurch den sicherheitsgefährdeten Zusammen-
rottungen vorbeugend zu begegnen. Die Ueber-
fälle nahmen ihren Fortgang. In erster Linfk
waren daran Angehörige der Deutschen 2k"
gendkraft beteiligt, einer Organisation, die sich
hauptsächlich mit Sport befaßte und sich unter
religiösen Vorwänden dadurch bemühte, der
Hitler-Jugend Abbruch zu tun. Zur Beseiti-
gung dieser Mißstände hat der Minister des
Innern die Organisation Deutsche Jugendkraft
mit allen Untergliederungen unter gleichzei-
tiger Beschlagnahme ihrer Vermögen aufgelöst
und verboten.
Ferner wurde in Erweiterung der früheres
Anordnung den nichtnationalsozialistischen 2»"
gendorganisationen und denjenigen, welche sich
mit der Betreuung der Jugend befassen, jeds
Betätigung unter freiem Himmel, sowie Turnen
und Sport in geschlossenen Räumen untersagt
und damit die Beschränkung dieser Organi-
sationen auf die ihnen überlassenen religiösen,
kulturellen und karitativen Aufgaben polizei-
lich garantiert.
Anmeldepflicht
für kirchlich-konfessionelle
Veranstaltungen und Kundgebungen
OL Karlsruhe, 23. Juli.
Amtlich wird mitgeteilt:
In letzter Zeit erregte eine Reihe kirchlich"
konfessioneller Veranstaltungen und Kundgebun-
gen erhebliches Aufsehen, die in ihrer Art neu
sind und sowohl an der Person von Veranstal-
tern und Teilnehmern wie auch an anderen
Merkmalen ihren politisch-demonstrativen Cha-
rakter erkennen ließen. Abgesehen davon, daß
hierbei eine von jedem aufrichtig denkenden
Volksgenossen als unwürdig empfundene Tar-
nung politischer Zielsetzungen unter einem kirch-
lich-religiösen Deckmantel stattfindet, haben
diese Veranstaltungen und Kundgebungen be-
reits auch zu Mißbräuchen von Sicherheits-
einrichtungen und zur Belästigung arbeitender
Volksgenossen geführt. So wurde in einer Land-
gemeinde um 11 Uhr nachts vom Ortsgeistlichen
ein Glockengeläuts veranlaßt, durch die das ist"
rade während der Erntezeit besonders ruhebe-
dürftige Landbevölkerung aus dem Schlaf
schreckt wurde in der Meinung, es handele sich
um Feueralarm. Eine zwei Stunden später be-
ginnende Lichterprozession störte wiederum den
nächtlichen Frieden.
Der Minister sah sich deshalb veranlaßt, die
Zulässigkeit öffentlicher kirchlich-konfessioneller
Veranstaltungen und Kundgebungen außerhalb
kirchlicher Gebäude von einer polizeilichen Ge-
nehmigung abhängig zu machen, zu deren E*"
teilung das Geheime Staatspolizeiamt rfl
Karlsruhe ausschließlich zuständig ist. Ausnah"
men sind für eine Reihe althergebrachter kirw"
licher Veranstaltungen vorgesehen.
Zn Kürze
Präsident Roosevelt hat die Vorlage un-
terzeichnet, aufgrund deren die Zahl der Ma-
rineoffiziere in Verbindung mit dem Ausbau
der Flotte bis zur vertraglich vorgesehenen
Stärke um 1932 erhöht wird. Die amerikanisch?
Marine zählt gegenwärtig 4487 Offiziere.
*
Der Vorstand des Spihenverbandes der fran-
zösischen Frontkämpfervereinigung hat nach mehr-
stündigen Beratungen eine Entschließung ange-
nommen, in der gegen die Notverordnungen pro-
testiert und die Notwendigkeit einer tiefgreifen-
den Staatsreform betont wird.
*
Wie Reuter aus Paris meldet, haben sich
französische und die britische Regierung darüber
geeinigt, daß der Bölkerbundsrat nächste Woch?
zusammentreten soll.
Die britische Regierung hat die britischen Msi-
sionare in Abessinien angewiesen, sich nach Add«»'
Abeba zu begeben und ihre Frauen und Kinder
zum Verlassen des Landes zu veranlassen.
Nie twkinmme «nrgssefayr
Mittwoch, den 23. Juli 1888
Sie polnische Zollverordnung
Eine Protestnote der Danziger Regierung
Sie Auffassung in Danzig
DNB Danzig, 23. Juli
Anläßlich der gegen die Danziger Zollverwal-
tung gerichteten Verordnung des polnischen Fi-
nanzministers fand am Dienstag mittag eine
offizielle Unterredung zwischen dem Danziger
Senatspräsident Greiser und dem diploma-
tischen Vertreter der Republik Polen, Minister
Dr. Papöe, statt. Dabei überreichte Senats-
präsident Greiser dem Minister Papse eine
Note der Danziger Regierung, in der gegen
die polnische Verordnung schärfster Pro-
test eingelegt wird In der Danziger Note wird
weiter darauf hingewiesen, daß die Danziger
Regierung nicht in der Lage sei, die Verord-
nung des polnischen Finanzministers auszufüh-
ren, da die Verordnung gegen die bestehenden
Rechtsgrundlagen verstoße. Die Note, die Se-
natsprasident Greiser am Dienstag mittag um
12 Uhr dem diplomatischen Vertreter Polens in
Danzig, Minister Dr. Papse, überreichte, hat
folgenden Wortlaut:
„Aus dem Gesetzblatt der Republik Polen hat
der Senat Kenntnis erhalten von einer am 18.
Juli 1935 (Dz. U. R. P. Nr. 52 vom 2«. Juli
1935) erlassenen Verordnung, mit der die Tä-
tigkeit der Danziger Zollämter auf die Abfer-
tigung derjenigen Auslandswaren beschränkt
wird, die für die Bedürfnisse des örtlichen Ver-
brauchs und Gebrauchs im Gebiete der Freien
Stadt Danzig bestimmt sind.
Diese Verordnung stellt einen Einbruch
von außerordentlicher Tragweite
in das zwischen der Freien Stadt Danzig und
der Republik Polen bestehende Rechtsver-
hältnis dar. Ich habe aus diesem Grunde
das Landeszollamt der Freien Stadt Danzig an-
gewiesen, diese Verordnung nicht a u s-
zuführen.
Indem ich Ihnen, Herr Minister, den Protest
des Senats der Freien Stadt Danzig gegen den
Erlaß dieser Verordnung übermittle, erwarte
ich, daß diese Verordnung sofort zurück-
genommen wird.
Außerdem behält sich der Senat der Freien
Stadt Danzig weiterhin vor, alle Maßnahmen
zu treffen, die ihm zum Schutze der Danziger
Interesse notwendig erscheinen. Er behält sich
insbesondere vor, Ersatz für alle Schäden zu ver-
langen, die der Freien Stadt Danzig durch die
Verordnung erwachsen sollten."
Hierzu nimmt die Danziger Regierung
wie folgt Stellung:
Die Durchführung der Verordnung müßte zur
Folge haben, daß Danzigs Handel und Indu-
strie bei der Versorgung des polnischen Marktes
mit Auslandswaren ausgeschaltet werde, daß
der Danziger Hafen, dessen natürliches Hinter-
land Polen ist und der in seinen Ausmaßen und
Einrichtungen auf dieses Hinterland eingestellt
ist, vollkommen verödet. Die Rückwirkung in
Zusammenhang hiermit auf die üdrio-m Zweige
Der italienische Landwirtschaftsminister über
Italiens Recht auf koloniale Ausdehnung
DNB. Paris, 23. Juli.
„Die italienische Arbeiterklasse steht begeistert
hinter Mussolinis Abessinienplänen", so erklärte
Landwirtschaftsminister Rossoni dem Sonderbe-
richterstatter des „Echo de Paris" Rom und
ganz Italien werde von der Angliederung
Abessiniens Vorteil haben, in erster Linie aber
die Arbeiterklasse. Von einer abessinischen Ar-
beiterklasse, so fuhr der Minister aufgrund einer
Zwischenfrage fort, könne keine Rede sein. In
Abessinien gäbe es nur ein rückständiges Volk,
das nicht den zehnten Teil seines Gebietes besetzt
halte, während die Italiener in ihren Grenzen
erstickten. Eine neue Verteilung sei also logisch,
gerecht, menschlich und notwendig. Eine kolo-
niale Ausdehnung sei im übrigen kein Krieg,
sondern eine „Nivellierungsoperation". Solange
die Welt bestehe, habe sich Aehnliches abgespielt.
Der Vertreter des „Echo de Paris" kommt
aufgrund dieser Erklärung zu dem Schluß, daß
der Fall Abessinien ganz Italien begeistere. Er
setzt sich warm für Italiens Kolonialpolitik ein,
weil Frankreich auf diese Weise Gelegenheit ge- s
boten werde, seine Freundschaft mit Italien
dauerhaft zu besiegeln.
Kriegsbegelsterung
in Milan-und Genua
DNB. Mailand, 23. Juli.
Die entschiedenen Erklärungen Mussolinis im
„Echo ds Paris", die in den Montag mittag er-
schienenen Zeitungen groß aufgemacht waren,
haben in den Städten Norditaliens große B e-
geisterung unter der Bevölkerung ausgelöst.
In allen Straßen Mailands, auf den Straßen-
bahnen, in den Kaffeehäusern, überall wurde die
Lage lebhaft erörtert. In Mailand kam es zu
Demonstrationszügen, die sich durch die
Straßen zum Domplatz bewegten. Dort hatte sich
abends eine große Menschenmenge angesammelt,
die in Hochrufen auf den Duce und in Schmäh-
rufen gegen den Negus ihren Gefühlen Ausdruck
gab. Die Musikkapellen der Gast- und Kaffee-
häuser spielten Revolutions- und Kriegslieder.
I« den Theatern kam es verschiedentlich zu
Kundgebungen unter Absingen der Giovinsssa.
Auch die Marseillaise war verschiedentlich zu
der Danziger Wirtschaft müßte verheerend sein.
Danzig ist in die Zollgrenze Polens einge-
schlossen worden, damit die für Polen bestimm-
ten Waren auch in Danzig endgültig verzollt
und ungehindert nach Polen weitergesandt wer-
den können. Diese Regelung ist nicht nur im
Interesse Polens, sondern auch im Interesse
Danzigs erfolgt, wie es z. B, aus dem War-
schauer Abkommen hervorgeht, nach welchem die
Regierung Polens verpflichtet ist, in ihren
Zollgesetzen die Interessen der Freien Stadt j
Danzig zu schützen. Wenn in Danzig nur die für
Danzig selbst bestimmten Waren verzollt wer-
den, so wäre nicht einzusehen, warum diese
Waren nach der polnischen Gesetzgebung und
dem polnischen Zolltarif verzollt werden, wa-
rum ihre Verzollung von polnischen Zollinspek-
toren überwacht werden soll, warum Polen ei-
nen Anteil an den für diese Waren bezahlten
Zölle erhalten soll, warum polnische Einfuhr-
bewilligungen für diese Waren erforderlich sein
sollen usw. Die Verordnung steht hiernach also
in einem unvereinbaren Widerspruch zu den
Danzig-polnischen Verträgen. In Erwägung die-
ser feststehenden Rechtslage und in Anbetracht
der Tatsache, daß bei Durchführung dieser Ver-
ordnung bleibende Schäden entstehen würden,
die auf keine Weise wieder gutgemacht werden
könnten, hat sich der Präsident des Senats im
Einvernehmen mit dem gesamten Senat ent-
schlossen, die Danziger Zollverwaltung anzu-
weisen, diese Verordnung nicht zur Ausführung
zu bringen.
Trotz der Nichtdurchfllhrung dieser Verord-
nung ist der Senat sich jedoch darüber im kla-.
ren, daß diese Tatsache der Nichtdurchführung
allein nicht genügen kann, um schwere Schädi-
gungen von der Danziger Wirtschaft abzuwen-
den.
Schon auf die Nachricht vom Erlaß dieser
Verordnung hin sind sofort in großem Umfange
Waren und Schiffe von Danzig nach Gdingen
umgeleitet worden. Solange die Verordnung
nicht hufgehoben ist, werden nicht nur polnische
sondern auch sehr schwer ins Gewicht fallende
internationale Wirtschaftskreise sich nicht ent-
schließen können, sich bei der Einfuhr von Wa-
ren aus dem Zollausland des Danziger Hafens
und des Danziger Handelsapparates zu bedie-
nen. Die hieraus dem Danziger Handel und der
gesamten Danziger Bevölkerung erwachsenden
Schäden müssen so groß werden, daß sie von
Danzig nicht getragen werden können. Aus die-
sem Grunde muß sich die Danziger Regierung
im Namen der gesamten Danziger Bevölkerung
die Anmeldung von Schadenersatzforderungen,
für die Polen allein verantwortlich gemacht
werden muß, Vorbehalten. Um die bereits ein-
getretenen wirtschaftlichen Schäden und um die
zweifellos noch eintretenden Komplikationen
zu verringern, muß der Senat an den diploma-
tischen Vertreter Polens die Bitte richten, bei
seiner Regierung wegen sofortiger Aufhebung
der Verordnung vorstellig zu werden.
hören, womit man anscheinend die italienisch-
französische Verbundenheit besonders zum Aus-
druck bringen wollte.
Aus Genua werden ebenfalls Volksansamm-
lungen gemeldet^ sowie Umzüge durch die mit
Fahnen und bunten Lampen geschmückten Straßen.
Das „japanische Toben"
DNB. Mailand, 23 Juli.
„Lorriere della Sera" schreibt zu der
Haltung Japans, auch das „japanische To- ,
ben" lasse das italienische Volk vollkommen^
ruhig und furchtlos. Die Angelegenheit habe für
Italien lediglich den Wert einer Episode, soweit
sie sich auf die inneren Beziehungen zwischen der
Regierung von Tokio und ihren diplomatischen
Vertretern im Auslande beziehe. Aber sie er-
öffne neue Ausblicke, indem sie einen sehr ernsten
Präzedenzfall dafür schaffe, daß von nun an jede t
Regierung die Pflicht habe, den Erklärungen,
die von japanischen Diplomaten gemacht würden,
zu mißtrauen. Der japanische Imperialismus
gehe zu einem groß angelegten Angriff nicht nur
gegen Italien, sondern gegen die ganze weiße
Zivilisation über.
Eui Mer Haudegeu
Ein englischer General will dem Kaiser von
Abessinien eine Brigade zur Verfügung stellen
DNB Durban, 23. Juli
Brigadegeneral Royston hat in einem
Brief an den Natal Mercury bekanntgegeben,
daß er beabsichtige, dem Kaiser von Abessinien
seine Dienste zur Verfügung zu stellen. Er
wolle eine Brigade aufstellen und „in diesem
ungrechten Kriege am Kampfe teilnehmen."
Der General ist 75 Jahre alt. Er hat an den
südafrikanischen Kriegen von 1878 bis 1879 und
1899 bis 1992 teilgenommen.
England hofft noch auf
friedliche Regelung
DNB. London, 23. Juli.
Der Parlamentsmitarbeiter der „Times"
schreibt, die Minister erwarteten jetzt mit mehr
Zuversicht, daß Frankreich beim Zusammentritt
des Völkerbundsrates bereit sei, England bei
seinen Bemühungen um eine friedliche Regelung
des italienisch-abessinischen Streitfalles an die
Seite zu treten. Die Minister nähmen an, daß
Laval sich ebenso wie sie selbst darüber klar sein
werde, daß keine Verträge mehr als sicher be-
trachtet werden könnten, wenn zugelassen werde,
daß sich die jetzige Lage zu einem Krieg ent-
wickele. Sie hofften nach wie vor, daß der Krieg
durch kollektives Vorgehen vermieden werden
könne. Der Berichterstatter fügt hinzu, die Mini-
ster seien überzeugt, daß beim Zusammentritt
des Völkerbundsrates der ganze Streitfall be-
handelt werden müsse und daß kein Versuch ge-
macht werden dürfe, die Frage auf den Zwischen-
fall von llal-stal zu beschränken.
Die KnegsimterlalauSfuhr
nach Abessinien
Vor dem englischen Kabinett
DNB London, 23. Juli
In der Kabinettssitzung, die hauptsächlich der
abessinischen Frage galt, wurde auch die Frage
der Waffenausfuhr nach Abessinien erörtert.
Mehrere Blätter melden, daß das Kabinett be-
schlossen habe, die Ausfuhr von Kriegsmaterial
nicht zu behindern. Demgegenüber berichtet der
Parlamentskorrespondent der „Times", die Mi-
nister hätten entdeckt, daß die Frage der Aus-
fuhr von Kriegsmaterial nach Abessinien und
Italien von technischen Schwierigkeiten wim-
mele. Voraussichtlich würden erst andere Mäch-
te zu Rate gezogen werden, bevor eine endgül-
tige Entscheidung falle. Es handele sich nicht
nur um die Frage der Ausfuhrgenehmigungen
sondern auch um di« Frage der Durchfuhr von
Waffen durch britisches Gebiet. — Der diplo-
matische Korrespondent der „Morningpost"
meint, in allgemeiner Beziehung seien gestern
keine neuen Beschlüsse gefaßt worden. Es werde
darauf hingewiesen, daß der Augenblick dazu
noch nicht gekommen sei. Die diplomatischen Er-
örterungen zwischen London, Paris und Rom
seien noch immer im Gange, hätten allerdings
noch keine Ergebnisse gezeitigt.
Glückwunsch des Kaisers von Japan an den
, Negus
DNB. Tokio, 23. Juli.
Der Kaiser von Japan übermittelte dem Kai-
ser von Abessinien zu dessen Geburtstag seine
Glückwünsche. Diese Geste ist angesichts des Streit-
falles mit Italien von bemerkenswerter Bedeu-
tung.
Kundgebungen für den amerikanischen
Gesandten in Addis Abeba
DNB. Addis Abeba, 23. Juli.
Als der amerikanische Geschäftsträger von
einem Empfang beim Kaiser am Dienstag im
Auto in die Stadt zurllckkehrte, wurden ihm
stürmische Veisallsäußerungen von der Bevöl-
kerung dargebracht. Die Menge schwenkte Fah-
nen und ries: Es lebe Amerika! Die Kundgebun-
gen finden ihre Begründung darin, daß die
amerikanische Regierung Offizieren die Erlaub-
nis erteilt haben soll, in der abessinischen Armee
zu dienen. Dazu kommt noch die Hilfezusicherung
des amerikanischen Roten Kreuzes.
Auflösung des ReiOsverbandes
der Valtikumkämpfer
DNB. Berlin, 23. Juli.
Der Reichsminister des Innern chat die Auf-
lösung des Reichsverbandes der Baltikum-
Kämpfer (Vereinigung ehemaliger.Grenzschutz-
und Freikorpskämpfer) und aller sonstigen Ver-
bände ehemaliger Freikorpskämpfer verfügt.
Mit dieser Auflösung sollen die Verdienste, die
sich die alten Freikorpskämpfer um Volk und
Reich erworben haben, in keiner Weise geschmä-
lert werden. Die Reichsregierung erkennt viel-
mehr die Verdienste der Männer ausdrücklich an,
die nach der Revolte von 1918 das Reich im
Osten gegen bolschewistische Angriffe und in
München, Hamburg und an der Ruhr gegen
spartakistische und kommunistische Aufstände ver-
teidigt und geschützt hben. Manches Jahr mußte
seitdem vergehen, bis Adolf Hitler und seine
Bewegung das neue Deutsche Reich aufbauen
konnten, das in der NSDAP, der SA und der
SS viele der alten Freikorpskämpfer auch zu
seinen Kämpfern zählt.
Da im nationalsozialistischen Staat neben der
Partei, ihren Gliederungen, den ihr angeschlos-
senen und den von ihr anerkannten Verbänden
anderen Verbänden politischer Art ein Sonder-
leben nicht mehr zugebilligt werden kann, wurde
schließlich das Verbot derjenigen Verbände not-
wendig, die sich nicht bereits selbst aufgelöst
hatten
VersamiMngsverboi für den Stahlhelm
in Gesirrt
DNB. Erfurt, 23. Juli.
Aufgrund des Gesetzes vom 28. Februar 1983
zum Schutze von Volk und Staat in Verbindung
mit Paragr. 14 des Polizeiverwaltungsgesetzes
hat die Staatspolizeistelle für den Regierungs-
bezirk Erfurt im Einvernehmen mit dem Regie-
rungspräsidenten Staatsminister Dr. Weher das
Tragen von Abzeichen oder von einheitlicher
Kleidung jeder Art, die die Zugehörigkeit zum
NSDFV (Stahlhelm) kennzeichnen, verboten.
Gleichzeitig sind alle Versammlungen einschließ-
lich der Pflichtappelle des NSDFV und das Zei-
gen der Fahnen des NSDFV verboten worden.
Die getroffenen Maßnahmen sind durch die
Tatsache gerechtfertigt, daß in letzter Zmt in
großem Umfang Aeußerungen und Handlungen
einer Reihe von Stahlhelmmitgliedern vorge-
kommen sind, die in unverkennbarer Weise die
staats- und parteifeindliche Einstellung weitester
Kreise des NSDFV klar zutage treten ließen
und zu solchen Maßnahmen staatspolizeilicher
Art Anlaß gaben.
AuflSsMIS
der Swtschm ZugendlraA In Vaden
OL Karlsruhe, 23. Juli.
Amtlich wird mitgeteilt:
Seit Monaten mußte die Beobachtung ge-
macht werden, daß die außerhalb der Staats-
jugend stehenden Jugendverbände und -Vereini-
gungen ein Gebühren an den Tag legten, das
in einem geordneten Staatswesen auf die
Dauer nicht geduldet werden kann, In Verken-
nung ihrer Aufgabenkreise und unter Anma-
ßung eigener politischer Zielsetzungen setzten sich
diese Organisationen in einen mehr oder min-
der bewußten Gegensatz zum Staat und zur na-
tionalsozialistischen Bewegung. Diese bestritten
der Staatsjugend das ausschließliche Recht, die
Heranwachsende Generation zum Zwecke der
politischen Erziehung in ihren Reihen zu er-
fassen und gefährdeten dadurch letzten Endes die
politische Einigkeit unseres Volkes in der na-
tionalsozialistischen Idee. Infolge dieser staats-
feindlichen Haltung fanden sie aber gerade bei
den Besten unserer Jugend keinen Anklang,
sondern sammelten bei sich großenteils Ele-
mente, die weniger an fruchtbringender Erzieh-
ungsarbeit als an einem ungezügelten Rowdy-
tum interessiert waren Die Ausschreitungen,
insbesondere Ueberfälle aus einzelne Angehörige
der Hitler-Jugend und des Jungvolkes, mehrten
sich zusehends sodaß sich der Minister des In-
nern vor einigen Wochen genötigt sah, den
nichtnationalsozialistischen Jugendverbänden das
Tragen von Uniformen und die öffentliche Be-
tätigung unter freiem Himmel zu verbieten und
dadurch den sicherheitsgefährdeten Zusammen-
rottungen vorbeugend zu begegnen. Die Ueber-
fälle nahmen ihren Fortgang. In erster Linfk
waren daran Angehörige der Deutschen 2k"
gendkraft beteiligt, einer Organisation, die sich
hauptsächlich mit Sport befaßte und sich unter
religiösen Vorwänden dadurch bemühte, der
Hitler-Jugend Abbruch zu tun. Zur Beseiti-
gung dieser Mißstände hat der Minister des
Innern die Organisation Deutsche Jugendkraft
mit allen Untergliederungen unter gleichzei-
tiger Beschlagnahme ihrer Vermögen aufgelöst
und verboten.
Ferner wurde in Erweiterung der früheres
Anordnung den nichtnationalsozialistischen 2»"
gendorganisationen und denjenigen, welche sich
mit der Betreuung der Jugend befassen, jeds
Betätigung unter freiem Himmel, sowie Turnen
und Sport in geschlossenen Räumen untersagt
und damit die Beschränkung dieser Organi-
sationen auf die ihnen überlassenen religiösen,
kulturellen und karitativen Aufgaben polizei-
lich garantiert.
Anmeldepflicht
für kirchlich-konfessionelle
Veranstaltungen und Kundgebungen
OL Karlsruhe, 23. Juli.
Amtlich wird mitgeteilt:
In letzter Zeit erregte eine Reihe kirchlich"
konfessioneller Veranstaltungen und Kundgebun-
gen erhebliches Aufsehen, die in ihrer Art neu
sind und sowohl an der Person von Veranstal-
tern und Teilnehmern wie auch an anderen
Merkmalen ihren politisch-demonstrativen Cha-
rakter erkennen ließen. Abgesehen davon, daß
hierbei eine von jedem aufrichtig denkenden
Volksgenossen als unwürdig empfundene Tar-
nung politischer Zielsetzungen unter einem kirch-
lich-religiösen Deckmantel stattfindet, haben
diese Veranstaltungen und Kundgebungen be-
reits auch zu Mißbräuchen von Sicherheits-
einrichtungen und zur Belästigung arbeitender
Volksgenossen geführt. So wurde in einer Land-
gemeinde um 11 Uhr nachts vom Ortsgeistlichen
ein Glockengeläuts veranlaßt, durch die das ist"
rade während der Erntezeit besonders ruhebe-
dürftige Landbevölkerung aus dem Schlaf
schreckt wurde in der Meinung, es handele sich
um Feueralarm. Eine zwei Stunden später be-
ginnende Lichterprozession störte wiederum den
nächtlichen Frieden.
Der Minister sah sich deshalb veranlaßt, die
Zulässigkeit öffentlicher kirchlich-konfessioneller
Veranstaltungen und Kundgebungen außerhalb
kirchlicher Gebäude von einer polizeilichen Ge-
nehmigung abhängig zu machen, zu deren E*"
teilung das Geheime Staatspolizeiamt rfl
Karlsruhe ausschließlich zuständig ist. Ausnah"
men sind für eine Reihe althergebrachter kirw"
licher Veranstaltungen vorgesehen.
Zn Kürze
Präsident Roosevelt hat die Vorlage un-
terzeichnet, aufgrund deren die Zahl der Ma-
rineoffiziere in Verbindung mit dem Ausbau
der Flotte bis zur vertraglich vorgesehenen
Stärke um 1932 erhöht wird. Die amerikanisch?
Marine zählt gegenwärtig 4487 Offiziere.
*
Der Vorstand des Spihenverbandes der fran-
zösischen Frontkämpfervereinigung hat nach mehr-
stündigen Beratungen eine Entschließung ange-
nommen, in der gegen die Notverordnungen pro-
testiert und die Notwendigkeit einer tiefgreifen-
den Staatsreform betont wird.
*
Wie Reuter aus Paris meldet, haben sich
französische und die britische Regierung darüber
geeinigt, daß der Bölkerbundsrat nächste Woch?
zusammentreten soll.
Die britische Regierung hat die britischen Msi-
sionare in Abessinien angewiesen, sich nach Add«»'
Abeba zu begeben und ihre Frauen und Kinder
zum Verlassen des Landes zu veranlassen.
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