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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 229-204)

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Nr. 291 - Nr. 300 (13. Dezember - 24. Dezember)
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HeÄelberyerVMsblatt

sicher Bete

Melbers, Frettm, 1Z. Zezember 1S3Z

7». Mrgms / Rr. Ai

,,^^pr«is: Durch Botenzustellmrg unt> Post monatl. 2.99 bei der Geschäftsstell«
Einzelnr. 10 eH-/. Erscheint wöchentl. 6 mal. Ist die Zeitung am Er-
eilten verhindert, besteht kein Anrecht auf Entschädigung. Anzeigenpreis: Die bspalt.
iittneterzeil« f46 mm br.s 7 Textteil: Di« 70 mm br. Millimeterzeile 25
WmatMityW mit den Milanen: Ans dex Mit der Fmu

k Schriftleitung «. Geschäftsstelle: HeLelberg, Bsrgh. Str. 59/81, Fernspr. 7181. «nze»g«-
schlutz: 9 Uhr, Samstag 8L9 Uhr vormittags. Für fernmündlich übermittelte Auf-
2 träge wird kein« Gewähr übernommen. Postscheck-Konto Karlsruhe Nr. 8198. An»
-3» »erlangte Beiträge ohne Rückporto werden nicht zurückgesandt. Gerichtsst.: HeideLberg«
M AWmdt / SHiMRtMM / MisiMKM Md Kmft


Ser Mali des Friedensvorschlags
M Sesichtsyunkte Wer die italisnWr AnMölungszone in Abriirnien

^diplomatischen Kreisen inRom wird
d^uhalt der Vorschläge in folgende vier
zusammengefaßt:
s,O Als Kolonie erhält Italien, was
kuppen bisher beseht haben, das heißt
größten Teil der Provinz Tigre mit
^?""hme der heiligen Stadt Alsum, Oga-
» Und Danalil.
Mr Ansiedlung italien. Bauern
W» undarbeiter werden im Süden Abes-
?Us EMete bereitgestellt.
stz' Abessinien erhält zum Zweck der Durch-
tzz Ung der notwendigen Reformen eine
? E e r b u n d s a n l e i h e.
^'Abessinien erhält zur freien Verfügung
sd,Mfen von Assab und einen Korridor
italienisches Gebiet bis zu diesem
die Veurteilunq der italienischen Stel-
diesen Punkten seien zwei Ee-
^spunkte maßgeblich:
f,,^Daß Italien erhalten soll, was seine
.Wen beseht haben.
Italien nicht die „kaiserliche Pro-
Itz^oarrar", das heißt die Länderbrücke
Mir seinen Kolonien Erythräa und So-
^Nd, erhalten soll.
^^ebex big vorgesehene Ansiedlung s-
h.,,. weiß der '„Daily Telegraph" folgende
Seiten zu berichten:
Gebiet soll folgendermaßen begrenzt
Osten durch Italienisch-Somali-
Süden durch Kenya, im Westen
den 38. Längengrad und im Norden
Wn g Breitenarad. Das Gebiet werde
H^.dex Oberhoheit des Neous bleiben,
tzj^dle Verwaltuna und der Polizeidienst
I,.^u m ben Händen eines Kommis-
mr k, "es Völkerbundes liegen. Die-
tzx p.ommissar werde die Verantwortung
Sicherheit und Wohlfahrt der An-
iragen. Hoare und Laval seien
^Micht aewesen. daß Italien mit einer
V, ismäßia geringen Ausdehnung der
«an Jtalisnilch-Somaliland zufrie-
tzzrM könne, da das erwäbnte Gebiet eine
M«^wßliche Interessensphäre Italiens
M'wn würde. Infolgedessen werde vor-
Italieniich-Somaliland nur bis
VLinie zu vergröbern, dis ein kurzes
^westlich von llal-Ual und Gerlogubi
Pe. Dieses Gebiet sei bereits seit sie-
acht Jahren in den Händen der
Küchen Austenvosten. Es handle sich
M^/Uieils um Wüste. die aber be» ent-
M^Uder Eindämmung» des iVlusies Web-
stz^oeli und anderer Gemässer fruchtbar
h !.werden könne. Zur Abtretung die-
^?ieteg habe sich der Negus schon vor
n aegen Ueberlasiunq e»n»s Korri-
Roten Meer bereit erklärt.
'ktz^mlich der von Abessinien im Norden
U^wten Kebietsabtrelunoen werde voroe-
werden, dast Abessinien den aröst-
A des belebten Gebietes der Vrovim
'itz Gegenleistung für einen Zugang
wer ausliefere
kßjU ZttzfffWgWhMS
z. englisch-französischen Vorschlägen
Dez. In amtlichen italienischen
lst auch 24 Stunden nach lleberrei-
K,Vi>er französisch-englischen Vorschläge
Kniest ElMMabme zu erhalten. Man zeiat
"^verändert die äußerste Zurück-
M ^m übrigen wird von amtlicher
Mchs- betonter Absicht nicht mebr von
55en. sondern nur noch von Grund-
event. Verhandlungen gesprochen,
si, ^undlagen werden seht in Rom ..mit
^i^wen Woblwoll-'n. aber auch mit dem
^messenden Abwägen" einer ge-
^en^"d ins einzelne gehenden Prüfung
R^My, um ein Bild und ein Urteil da-
klangen, ob Italien auf diese
?i wngsgrundlagen eingehen könne.
!^r Sachlage würde falscher oder über-
KgE ?Zmismüs, der durch nichts gerecht-
eine etwa mögliche Lösung nur
"dd verzögern.

Paris, 12. Dez. Die Morgenpress« erklärt
übereinstimmend, daß noch viele Hindernisse zu
überwinden seien, bevor der Plan sich in Frie-
densverhandlungen und in eine tatsächliche Re-
gelung des afrikanischen Streitfalls umgesetzt
haben werde. Falls der Negus den Friedensplan
ablehnen sollte, glaubt man, da tzdte Sühnemaß-
nahmen gegen Italien aufgehoben und ein Waf-
fenausfuhrverbot nach Abessinien erlassen wer-
den könne.
Paris, 12. Dez. Nach einer Meldung des
„Journal" aus Rom hält man dort eine Reise
des englischen Außenministers, der von seinem
Erholungsort in der Schweiz in dreiviertel
Stunden die italienische Grenze erreichen könne,
nach Italien für möglich.
London, 12. Dez. Wie der politische Mitarbei-
ter der „Morning Post" glaubt, erwartet man in
Londoner politischen Kreisen, daß Italien dem
Plan als Verhandlungsgrundlage annehme,
Abessinien ihn aber verwerfen werde Wie das
Blatt weiter berichtet, soll die englische Regie-
rung einer Fortsetzung der Sühnemaßnahmen ab-
geneigt sein, teils wegen der unbefriedigenden
Lage der Flotte im Mittelmeer, teils wegen der
Schwierigkeiten, eine wirksame Oelsperre zu-
stande zu bringen. Die Regierung sei nicht
überzeugt, daß Frankreich im Falle emes An-
griffs auf britische Schiffe wirksamen Beistand
leisten würde.
WWM in ANN
wegen der Friedensvorschläge im Abessinien-
Konflikt.
Tokio, 12. Dez. Die Zeitung „Kokumin
Shimbun" beschäftigt sich eingehend mit den
F'risdeusvorschlägen im Abessinien-Konflikt
und bezeichnet sie als einen Aufteilungsplan,
der in Jaapn größtes Aufsehen erregt habe.
Amtliche Kreise, so sagt das Blatt, hätten bis-
her jede Stellungnahme vermieden, seien aber
über Englands Haltung gegenüber Ehina und
dem Neünmächtepakt verwundert.
Diese Verwunderung bezieht sich gleichzeitig
darauf, daß England, wie das Blatt weiter
schreibt, sich offenbar über die Staatshoheit

und Unantastbarkeit des abessinischen Gebiets
hinwegsetze. Hierbei zeige sich nach Ansicht der
maßgebenden japanischen Kreise das wahre
Gesicht der englischen Politik.
ALMe des Km-M KN die MMM
MUMM
Addis Abeba, 12. Dez. In Addis Abeba
herrscht nach dem Ausbleiben des vermuteten
Fliegerangriffes wieder völlige Ruhe. Im-
merhin verbrachten noch einige tausend Men-
schen die Nacht außerhalb der Stadt.
Die Abreise des Kaisers an die Nordfront
ist wegen der englisch-französischen Verhand-
lungen verschoben worden. Es wird hier be-
tont, daß die abessinische Regierung alle Vor-
schläge ablehnen werde, die Gebietsforderun-
gen an Abessinien stellen, oder die Oberhoheit
beeinträchtigen. Allerdings nimmt man in
gut unterrichteten abessinischen Kreisen auch
an, daß der Kaiser keine Entschlüsse fassen
werde, die nicht die Billigung Englands fin-
den.
Nach einer abessinischen Meldung haben an
der Nordfront Abteilungen Ras Seyoums die
Italiener nördlich von Makalle angegriffen.
Auf italienischer Seite seien 20 Mann gefal-
len. Die Abessinie" hätten einige Gewehre
und Maultiere erobert.
Die letzten schwedischen Missionare aus
Eritrea ansgewiesen
Stockholm, 12. Dez. Die offiziöse Schwedi-
sche Nachrichtenagentur veröffentlicht ein Tele-
gramm aus Eritrea, wonach die letzten in die-
ser italienischen Kolonie tätigen schwedischen
Missionare nunmehr des Landes verwiesen
wuÄ>en. Die italienischen Behörden Hütten
damit endgültig der Tätigkeit der schwedischen
Missionare ein Ende gemacht, die in Eritrea
seit 1866 und in Somaliland seit 1897 aus-
geübt worden sei. Die Zahl der aus Eritrea
und Somaliland bereits vor einiger Zeit aus-
gewiesenen schwedischen Missionare betrage 17.

Oelsperre bis auf weiteres zurüügestellt
Sitzung des AKtzchMNauswMs -er CaiMMksllstwnz

Genf, 12. Dez. Die erste Sitzung des 18er-
Ausschufses der Sanktionskonferenz am Don-
nerstag nachmittag, die etwa eine halbe Stunde
dauerte, war ausgefüllt von Erklärungen La-
vals, Edens und des polnischen Vertreters Ko-
marnitzki. Sie schloß mit dem Ergebnis, daß
die Frage der Erdössperre gegen Italien bis
auf weiteres zurückgestellt wurde.
Laval machte dem Ausschuß Mitteilung über
die in Paris erzielte englisch-fianzösische Eini-
gung. Der Entwurf werde dem Völkerbunds-
rat demnächst mitgeteilt werden.
Eden ergänzte diese M'tteilungen dahin, daß
die beiden Weltmächte zwar kein Mandat von
der Sanktionskonferenz erhallen hätten, daß
sie aber nichtsdestoweniger den Versuch unter-
nommen hätten, die beiden Parteien zu ver-
söhnen. Es bandele sich nicht um Vorschlags,
sondern um Anregungen. Zu ihrer Behandlung
sei der Rat zuständig, der bald einberufen wer-
den sollte. Selbstverständlich könnten auch von
anderer Seite Anregungen vorgebracht wer-
den.
Kormamtzki erklärte, die Mitteilungen Edens
und Lavals verpflichteten den Ausschuß dazu,
nichts zu unternehmen, was der Zuständigkeit
der berufenen Bölkerbundsorgane vorgreüen
könnte. Diese hätten die Bedeutung der neuen
Entwicklung und die Gesamtlage zu prüfen. Bis
der Bölkerbundsrat m der Lage sei, sich über
die englisch-französischen Anregungen fachlich
auszusprechen, sollte der 18er-Ausfchuß keine
Maßnahmen Politischer Art treffen. Damit ist
die Frage der Erdölsperre bis auf weiteres
zurückgestellt.
Der Ausschuß tritt am Freitag um 16 Uhr
wieder zusammen, um den Bericht des Du-rch-

fnhrungsausschusses entgegen zu nehmen. Es
wird angenommen, daß der Bölkerbundsrat
nicht vor Dienstag, den 17. Dezember, mit dem
Vorschlag befaßt werden kann, da im Vorjahr
auf Antrag Litwinows die Regel ausgestellt
wurde, daß mit Rücksicht auf die in größerer
Entfernung von Genf wohnenden Ratsmit-
glieder eine Frist von mindestens fünf Tagen
zwischen der Mitteilung der Tagesordnung und
dem Zusammentritt des Rates liegen müsse.
*
Genf, 12. Dez. Das wesentliche Ergebnis des
Donnerstag ist neben der als selbstverständlich
hingenommenen Verschiebung der Oelsperre die
Einschaltung des Völkerbundsrates anstelle des
Fünfer-Ausschusses in den englisch-französischen
Vermittlungsschritt. Es war das Ziel Edens,
der sich in seinem Donnerstaabesprechungen mit
den Vertretern Schwedens, Dänemarks, Belgiens
und anderer kleinerer Länder bemühte, den
Eindruck zu zerstreuen, als ob der Völkerbund
vor vollendete Tatsachen gestellt werden sollte.
In englischen Kreisen wird erklärt, daß wegen
der sehr beträchtlichen Mißverständnisse, die in
den letzten Tagen entstanden seien, von Eden ur-
sprünglich eine öffentliche Sitzung des 18er-Aus-
schusses beantragt worden sei.
Ueber die weiteren Verhandlungsaussichten
wird in den gleichen Kreisen erklärt, eine Ein-
stellung des Verfahrens vor dem Völkerbund
wäre nur denkbar, wenn beide streitenden Par-
teien den englisch-französischen Vorschlägen zu-
stimmten. Wenn das nicht der Fall sei. so habe
der Rat zu entscheiden, ob gegebenenfalls ein
neuer Versuch unternommen werden solle. Die
englisch-französische Formel werde den Ratsmit-
gliedern in den nächsten Tagen und zwar sobald

LMW smMsnsmöde?
Betrachtungen der „Morningpost".
London, 12. Dez. Wie der politische Mil«
arbeiter der „Morningpost" glaubt, erwartet
man in politischen Kreisen Londons, daß Ita-
lien den Friedensplan als Verhandlungs-
grundlage annehmen, Abessinien aber ihn
verwerfen werde. Am Mittwoch habe man in
den Wandelgängen des Parlaments allgemein
hören können, daß es der Regierung in diesem
Falle die größten Schwierigkeiten machen
werde, die Sühnemaßnahmen gegen Italien
fortzusetzen und die Frage der Oelsperre wei-
ter zu betreiben. In Regierungskreisen sei er-
klärt worden, in solchem Falle liege die Ent-
scheidung hinsichtlich der Zukunft völlig in
den Händen des Völkerbundes. Gut
unterrichtete Persönlichkeiten seien aber trotz-
dem der Meinung, daß big Regierung einer
Fortsetzung der Sühnemaßnah-
men abgeneigt sein würde, teils wegen
der unbefriedigenden Lage der Flotte im Mit-
telmeer und teils wegen der Schwierigkeit,
eine wirksame Oelsperre zustande zu bringen,'
Di« Regierung sei nicht überzeugt, so er.
klärt „Morningpost" in fettem Druck, daß
Frankreich im Falle eines Angriffes auf
britische Schiff« wirksamen Beistand lei-
sten würde. Daher riibre die Besorgnis we-
gen der Lage der Flotte.
Neben diesen Erwägungen, fo schlicht der
Mitarbeiter, würden die Ereignisse in Genf
und die öffentliche Meinung im Inland im
wesentlichen über die künftige Politik der Re«
gierung entscheiden.
Der Pariser Vertreter des Blattes berich-
tet, in Paris herrsche einige Sorge hinsichtlich
der Art, in der die britische Regierung die
gemeinsamen Vorschläge in Genf unterbreiten
werde. Man neige in Paris nämlich zu der
Auffassung, daß Hoare das britische Ka-
binett zu mehr verpflichtet babe, als man in
London erwartet habe, und daß das Kabinett
versucht habe, einiges von dem verlorenen
Boden im Fünferausschuß zurückzugewinnen.

man die Gewißheit habe, daß sie dem Negus'zu-
geaangen sei, mitgeteilt werden.
Von englischer Seite wird auch betont, daß
eine Unterbrechung oder Aenderung der Sanktio-
nen von keiner Seite vorgeschlaaen worden sei.
Ebensowenig komme jedoch eine Verschärfung in
Frage, ehe die Antworten der beiden Parteien
vorliegen.

MMMOMUW MM MWnirn?
Paris, 12. Dez. Daß der Negus sich einem
Vorschlag widersetzen würde, der so weit-
gehende gebietsmäßige Zugeständnisse von
Abessinien verlangt, war in Paris erwar-
tet worden. Trotzdem ist man von dieser
Weigerung unangenehm berührt. So ver-
nimmt man bereits Stimmen, die für den
Fall, daß allein derNegus sich der vorge-
sehenen Regelung widersetzen würde, von
einer Frontwendung der Waffe der
Sühnemaßnahmen reden, indem man die
Siihnemaknabmen gegen Italien aufheben
und ein Waffemmsfubrverbot nach Abessi-
nien erlassen könnte. Die Genfer Berichter-
statter sind üch darüber einig, daß in Genf
eine graste Verwirrung herrsche. Niemand
wiise, wie das Programm weiter ablaufen
falle, und was der 18er-Ausfchuß machen
werde, und wie man die Friedensverhand-
lungen einleiten solle, deren Grundlagen
amtlich noch nicht einmal im Sekretariat des
Völkerbundes bekannt seien. Vor allem aber
macht die Haltung gewisser kleiner Mächte
Sorgen, weil diese grundsätzliche Bedenken
haben, dem Angreifer Italien eine Beloh-
nung durch den Völkerbund zusprechen zu
lassen.
Vor MM WMWMjMM AuWmOe
iM «MM?
London, 12. Dez. Baldwin erklärte am
Donnerstag im Unterhaus, daß das Parla-
ment sich voraussichtlich am 20. Dezember
vertagen werde, um in die Weihnachts-
ferien zu gehen. Die Regierung sei bereit,
den nächsten Donnerstag für eine außen-
politische Ansprache zur Verfügung zu stel-
len, könne sich aber hierauf noch nicht end-
gültig festlegen.
 
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