Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,217
Rickert, Heinrich; Lask, Emil [Adr.]
(Heid. Hs. 3820,217): Brief von Heinrich Rickert an Emil Lask — Freiburg i. Br., 1913 Juni 21

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27602#0009
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
*>

Freiburg i.B. den 21. Juni, 1913

.lieber lask, Joh bin ganÄ traurig: über den Eindruck,
den mein letzter Brief auf die gemacht hat, und ich will -ihnen daher
fl
gleich antworten, um die etwas zu„beruhigen, ihre Befürchtungen, ich
könnte Jhnenjf.rgend etwas Wesentliches vorwegnehmen, halte ich für
vollständig unbegründet. Der Gegensatz von theoretischer und prakti-
scher Philosophie ist doch wirklich nicht von uns beiden erfunden
worden, und der Unterschied des Contemplativen und des Aktiven ist
doch nur eine andere Formulierung dafür. ,<ie weit verbreitet diese
Formulierung ist, sah ich neulich zufällig aus einem Zeitungsartikel
von Bucken, der den Gegensatz der westlichen und der orientalischen
Philosophie geradezu auf den Gegensatz von Aktivität und Contempla-
ti.on zuspitzte» Ebenso muß doch in jeder Philosophie der Unterschied
des Sachlichen und des Persönlichen Vorkommen, und es handelt sich
doch hier ganz allein darum, wie man dieses Unterschiede systematisch
verwendet. lach alledem, was ich von Jhnen weiß, kann Jhr lystem,
wenn 'ie überhaupt ein solches in absehbarer Zeit -veröffentlichen
wollen, gar nicht mit den meinigen Ubereinstimmen, denn das Gubjekt-
und Objektverhältnis wird von mir prinzipiell anders als von Jhnen
aufgefaßt, und außerdem ist es fr mich von geradezu entscheidender
Bedeutung, daß Form und Inhalt im Theoretischen nicht in einem,,schlich
V/
ten (Ineinander bestehen können. Das Theoretische wird von den übri-
gen Arten der Gonteraplation gerade dadurch unterschieden, daß im
Theoretischen Form und .Inhalt getrennt sind. Das ist für die ganze
Struktur des Systems maßgebend, denn auf der nicht-contemplativen
aktiven Seite der Persönlichkeit*® wiederholt -sich diese Trennung
als charakteristisch für das socialethische Gebiet. Es handelt sich
 
Annotationen