(Fortsetzung des Briefes vorn 5.und 8.9.03)
um die psychologische Struktur des Erkennens ? An dieser Stelle wird j
es doch so recht deutlich, dass Sie uns eben darüber im Unkia/ren
lassen, um was wir uns »bekümmern», dass der leitende Gesichtspunkt
der ganzen Betrachtung verborgen ist.
Es genügt als© nicht, von einer Sollensnotwendigkeit zu reden;
vielmehr muss bei der erkenntnistheoretischen Erörterung des Urteils-
wertes das Wort »Sollen» begrifflich zweimal Vorkommen. Denn 1. be-
deutet Wahrheitswert des Urteils s wie geurteilt werden soll (analy-
tisches Urteil über den Begriff »Wert» im Worte Urteilswert), 2. ent-
hält »urteilen» ein praktisches Element der Stellungnahme in sich,
nämlich das Anerkennen von Werten oder das Anerkennen eines Sollens
(Analyse des Begriffs »Urteil» im Worte Urteilswert). Folglich: Wahr-
heitswert des Urteils = wie ein Sollen anerkennt werden soll. Das We-
sen des Urteils besteht darin, dass ein Sollen anerkannt werden soll.
Man kann dann allerdings auch kurz sagen: wahr ist, was anerkannt
werden soll. Hier kommt das »Sollen» zwar nur einmal vor, aber bloss
deshalb, weil »anerkennen» eben stets bedeutet: »ein Sollen anerken-
nen», genauer: das Gefühl eines Urteilensollens haben. Sagt man: das
Wesen des Urteils besteht darin, dass ein Sollen anerkannt wird, so
ist dieser Satz für psychologisch (beziehungsweise psyehologistisch)
zu halten, es müsste denn sein, dass er lediglich eine sprachliche
Abkürzung ist für den latz: das Wesen des Urteils besteht darin, dass
ein Sellen anerkannt wird, das anerkannt werten soll. Erst der letzte
Satz drückt aus, um was es sich in erkenntnistheoretischem Betracht
beim Urteil handelt. Will man angeben, welches Urteil wahr ist, wel-
ches also im Einzelnen seinen Zweck erfüllt, so muss es heissen: wahr
ist Jedes Urteil, in dem das Sollen anerkannt wird, das anerkannt wer-
den soll. Ungenau ist es aus diesem Grunde (wobei natürlich das Rich-
tige gemeint ist, doch darum kümmere ich mich Ja nicht), wenn Sie
S.63 unten sagen, »dass die Anerkennung des Sollens den Urteilenden
das verleiht, was wir ihre Wahrheit nennen.» »Hennen» vielleicht Ja !
Im Augenblicke der Urteilsfällung ! Aber als Erkenntnistheoretiker
werden wir gerade umgekehrt sagen: nicht die Anerkennung des Sollens
ist es, sondern die Gesolltheit der Anerkennung ! Ungenau ferner: Wahr-
heit - Inbegriff der als wertvoll anerkannten Urteile» (63 unt.) Genau
und richtig dagegen z.B. S.75, Zeile 11 und 12 von unten: »Gesamtheit
der Urteile, die gefällt werten sollen.»
Damit meine Bemerkungen weniger spitzfindig erscheinen, will ich
noch von einer anderen Seite her klar wachen, welch guten Sinn die
Forderung hat, das Wort »Wert» oder »Sollen» begrifflich zweimal zu
setzen.
Die Philosophie ist die Wissenschaft von den Werten. Ihr Gegen-
stand enthält also Werte, mit denen sich die Philosophie beschäftigt.
Die theoretische Philosophie fragt nach den Erkenntnis- und Wissen-
schaftswerten. Ihr Gegenstand, z.B. die Haturwissenschaft, enthält
theoretische Werte, aber sie beschäftigt sich nicht mit diesen Werten.
Dadurch unterscheidet sie sich von der Wertwissenschaft, Ja darin
besteht gerade ihr Wert, dass sie nicht zu Werten Stellung nimmt.Da
nun aber Jedes Urteilen, folglich euch das naturwissenschaftliche Ur-
teilen implieite eine Wertanerkennung darstellt, s© nimmt auch der
Haturwissenschaftler in einem anderen Sinne (»implieite» will ich ein-
mal vorläufig sagen) zu Werten Stellung. (Durch seine Auslese wertet
Ja der Haturwissenschaftler implieite ausserdem auch den spezifisch
naturwissenschaftlichen Wert der AlIgemeInbegriff1ichkeit.) Es ist
glso^von dem Umstande, dass das Urteil einen theoretischen Wert nur
enthält oder verwirklicht (oder hat), demgegenüber erst die Erkennt-
nisphilisophle Stellung nimmt, zu unterscheiden von Hem Umstande, dass
um die psychologische Struktur des Erkennens ? An dieser Stelle wird j
es doch so recht deutlich, dass Sie uns eben darüber im Unkia/ren
lassen, um was wir uns »bekümmern», dass der leitende Gesichtspunkt
der ganzen Betrachtung verborgen ist.
Es genügt als© nicht, von einer Sollensnotwendigkeit zu reden;
vielmehr muss bei der erkenntnistheoretischen Erörterung des Urteils-
wertes das Wort »Sollen» begrifflich zweimal Vorkommen. Denn 1. be-
deutet Wahrheitswert des Urteils s wie geurteilt werden soll (analy-
tisches Urteil über den Begriff »Wert» im Worte Urteilswert), 2. ent-
hält »urteilen» ein praktisches Element der Stellungnahme in sich,
nämlich das Anerkennen von Werten oder das Anerkennen eines Sollens
(Analyse des Begriffs »Urteil» im Worte Urteilswert). Folglich: Wahr-
heitswert des Urteils = wie ein Sollen anerkennt werden soll. Das We-
sen des Urteils besteht darin, dass ein Sollen anerkannt werden soll.
Man kann dann allerdings auch kurz sagen: wahr ist, was anerkannt
werden soll. Hier kommt das »Sollen» zwar nur einmal vor, aber bloss
deshalb, weil »anerkennen» eben stets bedeutet: »ein Sollen anerken-
nen», genauer: das Gefühl eines Urteilensollens haben. Sagt man: das
Wesen des Urteils besteht darin, dass ein Sollen anerkannt wird, so
ist dieser Satz für psychologisch (beziehungsweise psyehologistisch)
zu halten, es müsste denn sein, dass er lediglich eine sprachliche
Abkürzung ist für den latz: das Wesen des Urteils besteht darin, dass
ein Sellen anerkannt wird, das anerkannt werten soll. Erst der letzte
Satz drückt aus, um was es sich in erkenntnistheoretischem Betracht
beim Urteil handelt. Will man angeben, welches Urteil wahr ist, wel-
ches also im Einzelnen seinen Zweck erfüllt, so muss es heissen: wahr
ist Jedes Urteil, in dem das Sollen anerkannt wird, das anerkannt wer-
den soll. Ungenau ist es aus diesem Grunde (wobei natürlich das Rich-
tige gemeint ist, doch darum kümmere ich mich Ja nicht), wenn Sie
S.63 unten sagen, »dass die Anerkennung des Sollens den Urteilenden
das verleiht, was wir ihre Wahrheit nennen.» »Hennen» vielleicht Ja !
Im Augenblicke der Urteilsfällung ! Aber als Erkenntnistheoretiker
werden wir gerade umgekehrt sagen: nicht die Anerkennung des Sollens
ist es, sondern die Gesolltheit der Anerkennung ! Ungenau ferner: Wahr-
heit - Inbegriff der als wertvoll anerkannten Urteile» (63 unt.) Genau
und richtig dagegen z.B. S.75, Zeile 11 und 12 von unten: »Gesamtheit
der Urteile, die gefällt werten sollen.»
Damit meine Bemerkungen weniger spitzfindig erscheinen, will ich
noch von einer anderen Seite her klar wachen, welch guten Sinn die
Forderung hat, das Wort »Wert» oder »Sollen» begrifflich zweimal zu
setzen.
Die Philosophie ist die Wissenschaft von den Werten. Ihr Gegen-
stand enthält also Werte, mit denen sich die Philosophie beschäftigt.
Die theoretische Philosophie fragt nach den Erkenntnis- und Wissen-
schaftswerten. Ihr Gegenstand, z.B. die Haturwissenschaft, enthält
theoretische Werte, aber sie beschäftigt sich nicht mit diesen Werten.
Dadurch unterscheidet sie sich von der Wertwissenschaft, Ja darin
besteht gerade ihr Wert, dass sie nicht zu Werten Stellung nimmt.Da
nun aber Jedes Urteilen, folglich euch das naturwissenschaftliche Ur-
teilen implieite eine Wertanerkennung darstellt, s© nimmt auch der
Haturwissenschaftler in einem anderen Sinne (»implieite» will ich ein-
mal vorläufig sagen) zu Werten Stellung. (Durch seine Auslese wertet
Ja der Haturwissenschaftler implieite ausserdem auch den spezifisch
naturwissenschaftlichen Wert der AlIgemeInbegriff1ichkeit.) Es ist
glso^von dem Umstande, dass das Urteil einen theoretischen Wert nur
enthält oder verwirklicht (oder hat), demgegenüber erst die Erkennt-
nisphilisophle Stellung nimmt, zu unterscheiden von Hem Umstande, dass