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Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,373
Rickert, Heinrich; Lask, Emil [Adr.]
(Heid. Hs. 3820,373): Brief von Heinrich Rickert an Emil Lask (Auszug in Abschrift) — Falkenberg, 1913 Oktober 1

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https://doi.org/10.11588/diglit.21449#0001
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Falkenberg, den 1.IC.1915

.....Was Sie mir über die Zwischenstellung der Philosophie oder

des Systems gesehrieben haben, ist sicher ein schöner Gedanke. Im deut-
schen Idealismus wurde ja die systematische Bhilosophie stets durch die
gute Endlichkeit charakterisiert im Gegensatz zur schlechten Unendlich-
keit der »Erfahrung». Und die Philosophie steht Ja auch - was immerhin
damit zusammenhängt - in Bezug auf üeberholbarkeit ihrer Ergebnisse
in der Mitte zwischen der sonstigen Wissenschaft und der Kunst. Das
sind die an der Oberflache liegenden Symptome» die durch die Einordnung
in 3hr System nun nach ihrer tieferen Bedeutung erkannt werden sollen.

Ich warte sehr auf Ihren Logos - Aufsatz und auf Ihre weiteren
Verkündigungen. Ich werde diese Ferien ganz und gar zur Vorbereitung
auf Vorlesung und Uebung^verwenden. Bisher habe ich fast ausschliesslich
mich mit dem Thema meiner üebungen beschäftigt und dazu ausser Kant
selbst Kühnemanns Buch über Kant und Schillers Aesthetik, Lotzes Be-
schichte der Aesthetik, Schlapp, Cohen {1U^> Begründung der Aesthetik).
Schillers ästhetische Briefe, den Anfang von Hegels Aesthetik usw. ge-
lesen. Ich habe aber noch keinerlei Ansichten über irgendwelche Grund-
fragen der Aesthetik. Von Logischem habe ich bisher nur einen grossen
Teil von Husserls Aufsatz Im Jahrbuch gelesen. Ich kann damit aber viel
weniger anfangen als mit den»logischen Untersuchungen», und ich bewundere
Natorp, dass er einen Aufsatz darüber angekündigt hat.

Meine Bemerkungen über die Zwischenstellung der Philosophie meinte
ich nicht als Uebereinstimmung. Ich kann mir vorläufig die Philosophie
garnicht anders als in .1eder Hinsicht zur Wissenschaft gehörig denken.
Und ich werde diese schon in der Logik der Philosophie vertretene Mei-
nung bei einem weiteren Ausbau meiner Logik genauer durchzuführen suchen.
Das Konstatieren und Ordnen des » Bestehenden», nicht aber die/^ge-
V-t/W- schlossenheit ist für mich das Wesentliche am Theoretischen, mag auch
das Zweite mit dem ersteren zusammenhängen.

Irgendwie konzentriert gearbeitet habe ich in diesem Monat garnicht,
 
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