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Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,404
Lask, Emil; Lask, Berta [Adr.]
(Heid. Hs. 3820,404): Brief von Emil Lask an Berta Lask — Straßburg, 1897 November 19

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https://doi.org/10.11588/diglit.26726#0001
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Liebe Rerta!

Bi3 Mittv/och hatte ich immer noch gehcfft, von mei-
nem Buchhandler die Nachricht zu Lekommen, dass Rohde, Psyche n:ch Fal-
kenberr von Leipzig aus geochickt worden sei. Wie Du aus Leiliegender
Mitteilung siehst, ist das Buch a’oer nicht zu haben. Eir, besonderes Miss-
geschick hat diesmal das Geschenk verfolgt; ich hatte namlich zuerst
den ersten Band von Justi bestellt, der ist aber auch vergriffen (anti-
quarisch kosten beide Bande ungefähr 30 M.) darauf wählte ich den Rchde,
un Dir eins der besten Bucher Sber das klassische Altertum in die Hände
zu spielen. Es ist bahnbrechend flir die Borschung, und die Darstellung
ist vmndervoll. Es handelt vom Seelenkult und Unsterblichkeitsglauben
der Griechen, also auch von ihren Ansehauungen über Seeleriwanderung, der
eleusinischen Mysterien usvv. Wenn es bei Nikolai ist, dann lies wenig-
stens den Abschnitt über Homer, Dionysisehe Religion und die «Laien.«

Der Justi wird Dir wohl auch wieder zu Gemüt geführt haben, dass man
das klassische Altertum kennen muss. Hoffentlich hast Du Deine griechi-
schen Stunden wieder angefangen, wena nicht, so thue es bald. Es ist
doch das allerwichtigste, was Du thun kanrist, es mus’s allem andern vcr-
gezogen werden. Grade jetzt, da über diesen Punkt sc flache und ge-
meine Gesinnungen spuken, muss jeder an seinem Teil die Verbindung mit
jener unverganglichen und unvergleiehlichen Zeit aufrecht erhalten.

Wenn Du erst selbst einen umfassenderen Blick bekommen hast, wirst Du
eimsehen, dass, wenn jene ewig lebendigen Quellen versehüttet würden,
unserer ganzen Bildung das ehrwürdige KIKMgXKX heilige Fundament wegge-,
zogen würde, dass dann alle Kultur jämmerlich dahinschwinden nuss, dann
wirst Du einsehen, dass uns und den kommenden Geschlechtern leuchten
soll und leuchten wir.d die Sonne Homers.

An Stelle der nieht erhaltenen Bücher werde ich Dantes »Gott-
liche Kcmcdie» schicken. Von den vielen Uebersetzungen verdient eine
königlichen Ursprungs den Vorzug vor allen, die von Phialethes (

) d.i. von Köni~ Johann von Sachsen (ich giaube, den Vor-
ganger des jetzigen). Ob Du jemals dazu kommst, sie italienisch zu lesen.
ist ,1a doeh fraelich. -
 
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