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Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,444
Lask, Emil
(Heid. Hs. 3820,444): Brief von Emil Lask an unbekannte Frau — Falkenberg, 1907 Dezember 25

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https://doi.org/10.11588/diglit.26773#0001
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Falken'berg i,d. Mark d. 25.12.07.

Meine liebe .! Ich danke Dir für Deine Briefe, Du schcne

wunderbare ..IFreilich ist mein Haupteindruck und mein

hauptsaehlicher Gedanke jetzt der, dass es emporend ist, Dich von so
schweren Leiden bedrückt zu seh^T. Aber vorher/ muss ich Dir doeh ncch
sagen, wie sehr sich mir Dein Wesen vertieft hat. Ich schame mich, wenn
ich mich daran erinnere, wie ich vorher schon Dich zu sehen und zu ver-
stehen ^/*(y(#;!^/geglaubt habe.Wahrend ich Jetzt erst in allmahliehem
Nachdenken und durch Deine Briefe unterstutzt ahne,wie Du bist,wie gross
und seltsam.Noch nie habe ich einen so erschutternden Eindruck vcn
Deiner Grossheit und Ursprunglichkeit gehabt.Wenn ich auch Deine ?»Ein-
faehheit» nie in einem bloäs lieblich-harmlosen Sinn genommen habe, so war
mir doch noch nicht aufgegangen. wie überragend und bedeutend Du bist.
(Diese »grossen» Worte musst Du mir schon gestatten, ich wünschte sie
nur noch inflhaltsvoller machen zu konnen. ) Jedes Wort,das Du sagst, ist
so schon und eigentümlich, dass man Dich nur scheu verehren zu durf en
glaubt, - aber damit allein ist nur wenig gesagt;alles ist sc über-
zeugend und zu Herzen gehend und eine Stimmung bringend wie von
schwerem aufretgendem Glockengeton,so dass man immerfort über Dein Leben
nachdenken mochte.Ich fühle meinen unendlichen Abstand von Dir, aber
darum empfinde ieh Dich nicht als fremd. Ich will ebensowenig wie Du
davon reden, wie sich alles zwischen uns gestalten moge. In diesem Au-
genblick liegt mir nur daran, dich immer wieder innig zu bitten, die
Sorgen und Schwierigkeiten Deines jetzigen Lebens auch nur im Klelnsten
durch Gedanken an mich nicht zu verwickeln. Dein einziger Gedanke an
mieh soll der des ganz /$icheren Vertrauens sein,dass ieh alles.was Du
zu tun für gut halten wirät, aus der Einheitlichkeit Deine« Wesens heraus
verstehen und lieben und verehren werde. Das ist ja gerade das Glück,
dass so ungleich ich Dir aueh bin,ich doch wenigstens Dich zu _sehen
und Sinn und Hingebung für Dieh zu haben vermag. Das ware so sehon”für
mich und das Aallein schon würde mir neben meiner Arbeit, was so selten
vorkommt, einen Lebensinhalt geben, wenn ich die Gewissheit hatfe, dass Du
so xanz unbesorgt auf mich baust.Ich würde Dich darum nicht bitten, wenn
ichnlcht wüsste, dass die Bejahung und Bewunderung Deiner Eigenart sich
gesteigert und gefestigt hat.Damit will ich aber nicht etwa sagen, dass
ich jedes Verhalten von Dir kritiklos und glaubig,-das ware auch ein
schlechter Dienst- hinzunehmen v/illens sein werde. Es konnten sehr gut^

Zustande in .eintreten, die niemand, der Dein Freund ist,dulden dürf

te.Wenn Du Dich namlieh wirklich ganz passiv dem Leben auslieferst.:Ich
kann mir natürlich nur mit grösster Vorsicht ein Urteil anmassen. Aber
ich glaube„ dass ich alles, was Dieh halten und bestimmen kann, die ganze
 
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