Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,463
Lask, Emil
(Heid. Hs. 3820,463): Brief von Emil Lask an unbekannte Frau — o.O., 1908 September 20?

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26806#0001
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
9 p q

Uv- 4.J **' V- fc »

s?i.o,US

Li e'be. Arae

_ ; t £in ubspSü

erkannt, wie r.ehlecht Sie

c; + v,

ieh Sie nieht raehr. Denn ich ha’oe nun
s".incl» S ?.e schenken mlr ein Taschentuch, in

Gedanken hineinger.ticlct ’ha’ben* und
;h raich niemcls revsnchieren lcann, Ihnen

dc

•d V' * l v

Stande sein v/srde, 'v/.orin 8$fkXnXXX Sympnc:

Von je-
w I e

Sie so viele erhenntn;
wissen dc.ch ganz genau, d;
n;! era al s e tvya s zu s ch'en k en

en niedergelegt sind. Sc?f stossen Sie iaich also vvieder uaraui, aass icn
ein anusiseher Menseh hin, die Musik, die Musen mir nicht hold sind
und seln dü'rfen. Oder meinten Sie vielleieht, ich sollte mich nit dem
alten Sokrates tr.csten,. dem in seinen letzten Lehenstagen im Gefangnis
eine Stimme/f entgegenrief: Sckrates treibe Musik ! Er war ganz unmusika-
liseh und deutete es so: er solle üher philosophisohe Probleme grüheln,
'da Philösophie die schohste und gror.ste Musik sei. Dceh ich fürchte, Si

stimmen damit nicht ganz uberein, und 'beson

UC 1 K.V

wird Ihnen meine Lonik

und Erkenntnistheorie nie wie Musik erscheinen. Und sc wird denn dieses
Taschentuch mit all dem, was von Pradaschier, von Ihrer Erkenntnir.theo-
rie und Ihrem Wesen für mich da hineingestieki und geweht ist, lelder
immer unhelohnt bleiben mür.sen.

Wenn ich Ihnen jetzt nceh mehr schreihen soll, müns te der
Brief vvieder schrecklieh egoistiseh ausfallen und nur vob mir reden.
Denn i.ch fühl.e ailch jetzt etv/as als Thatigen und Produzierenden, und &
dann sehiebt sich zwischen das Ieh und die sachlddhen Prohleme kaum
mehr die übrlge We.lt. Was ieh mxr so lange gewünscht habe, ist endlich
in diesen Tagen wieder einmal gekommen, dass meine wissenschaftliehen
Gedanken mich ganz beherrschen und man ait ihnen zu Bett geht und wie-
der aufsteht. Ich sitze den ganzen Tag im Freien, auf einem kleinen
Platz an einem Teich, unter zvvei riesigen prachtvollen Linden. Ieh ge-
he nachdenkend dxe Gartenvvege auf und ab und lasse mich durch nichts
storen. Selbst die Schönheit des klaren Herbstv/etters verloekt mieh
nicht: nur ein kurzer Blick ab und zu und ein zufriedener und lacheln-
der Verzicht darauf. Nur ausnahmsweise wenn ein Brief cder eine duften-
de Sendung anlangt, muss ieh die ganze Wissensehaft für eine Zelt bei-
seite legen, aufstehen und vor Freude den Platz herauf und hinunter-
wandeln. (Sie müssen sich meinen Arbeitsplatz bald exnmal ansehen .) .. ..

ßas war gestern a’oend ein harter Schlag, liebe Medusa!
Nicht etwa dass ich Sie aicht mehr sehen konnte, aber das neue Seiden-
kleid, das neue Seidenkleid! Das war es. Ieh hatte gehofft, wir wür-
den vielleicht noch zu mir gehen, und Ich würde mein Zimmer mit den
Gaslampen hell erleuchten!

■ Also heute Abend komme ich bei Ihnen vorbei und frsge nech
ob ich Six besuchen derf. Ich frex’e mich .

Ihr Lask .
 
Annotationen