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Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,473
Lask, Emil
(Heid. Hs. 3820,473): Brief von Emil Lask an unbekannte Frau — o.O., 1909 Dezember 22

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https://doi.org/10.11588/diglit.26816#0002
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d, 22.12.09.

3810, *1-1

Liebste Meäuse! Der Eindruek Ihrej; heut' gen Briefen
musfite viel echiiraraer sein, wenn ieh nicht wenigstens hoffen kcnnte,
dass die grfrr’cUragebung, äie Nahe Ihrer Schwester und die Aussieht,
Frsu Berimteia zu oehen, befreiend und befestigend auf Sie wirgen rauss.
Mein Hoffen ist nceh viel weitergehend. Abcr es giebt eben viel Hoff-
nungen, die eben so unnütz sind wie es unraoglich ist sie suszusprechen.

Ich muss raich fast scharaen, dsvcn zu reden, wie es Ln
mir aussieht, Ihnen gegenüber. Meine Welt und raein Leben muss Ihnen
fremder erseheinen sls .jemals, rauss Ihnen als gar kein Leben mehr ersehei
nen, als kalte, gesunde , seibszufriedene Inteilektualität. »Leben«--
»Erkennen»!, von diesem Gegensatz wird aueh mein Aufsatz handeln. Ieh
weöde jetzt mein Vorhaben rüeksichtßlos ausführen. Ara ersten Welhnaehts-
feiertag abends veriasse ieh schon Faikenberg, am 2. reise ich/f tags-
über und komme abends in Heidelberg an. Dann habe ich iiOi. fast 14 Tage
für eigene ungestorte Arbeit. Da wixl ich so ieben wie im September.

Den ganzen Tag über aggeschlossen von Meschen, in der beglüekenden Ein-
samkeit des Erkennenden. Selbst das am Wege liegende Radbruchsehe Haus
raeide ;ch dann dtreng. Höchstens am Abend sehe ich Menschen. In den
wenigen Tagen hier e^hcle ich raich und arbe’te nur lässig. Es ist doch
gut, dass ich nicht ganz in Heidelberg geblieben bin und die Einsamkeit,
in der raeine Mutter hier lebt, wenigstens etwrs unterbrcchen habe. Aber
in den Osterferien und, wen/i ieh dann noch nicht ferig bin, in den
Herbstferien werde ich Falkenberg ganz meiden. Endlieh muss ich einmal
Ernst machen.
 
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