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Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,512
Bierau, M.?; Lask, Helene? [Adr.]; Lask, Berta? [Adr.]
(Heid. Hs. 3820,512): Brief von M. Bierau an Helene oder Berta Lask — o.O., o.D.

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https://doi.org/10.11588/diglit.27967#0001
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22ZO,

er

Brief des Musketier Bierau.
Es war in den erden Tagen vom Februap, als ich in den Zug Ihres
Bruders als Ersatz kam. Die Kompagnie war gerade aus ihrer Stellung
zurütekgekommen und hatte sieh in einer Schlucht, um nicht vom Feinde
gesehen zu werden* gesammelt. Wir wurden rasch eingeteiit, und ich
hatte das Glück, in die Gruppe Ihres Bruders zu kommen. Er sass auf
seinem Tornister und musterte die ihm zugeteilten Leute. Da Ich in
ihm einen guten Vorgesetzten zu erkennen glaubte,und ihn in Civil
für einen Lehrer hielt, bemühte ich mich mit ihm ins Gespräch zu
kommen, da er mir gerade gegenüber stand und mich soeben fcu seinem
Stellvertreter ernannt hatte. Somit war die erste Unterhaltung in
Gange. Meine Hoffnung, nach dieser Einteilungfwieder in unser Ouartier
zurück kehren zu können( einem zerschossenen Kuhstall) wurde hinfällig .
clmrzen;
Unser Kompagnieführer teilte uns mit In feiner) Ansprache,dass wir,
5. Komp, um 11 Uhr in ein Gefecht einzugreifen hätten, sobald es
notwendig erscheint. Jeder hatte ein Stück Zwieback, woran er seinen
Hunger zu stillen suchte. Inzwischen war das Gefecht in vollem Gange.
Die Gewehrkugeln sausten über unsere gedeckte Stellung hinweg mit
ihrem eigentümlichen Summen, die Granaten und Sthrappnells platzfefen
über uns,vor uns,hinter uns.Der Schnee, welcher hier schon über ein
Meter hoch lag, wurde durch Heuschnee wieder erhobt. Der Befehl zum
Eingrefen ist gekommen. Wir schleichen in Reihen und grossen Abjg
ständen und ziehmlieh sghnell auf den vor uns liegenden bewaldeten
Berg zu, auf welchem der Kampf tobte, um unseren braven Ka^meraden
zu Hülfe zu eilen.Hier machte Ihr Bruder durch seine Kaltblütigkeit
sofort einen grossen Eindruck auf mich. Er ging an der Spitze seiner
Gruppe und ich als Zweiter hinter Ihm. Die Russen müssen uns be-
merkt haben, denn sie nehmen uns kräftig unter Feuer,‘aber ohne grossen
Erfolg. -Da wir viele Neulinge waren, so überkam uns ein Schrecken,
als wir die ersten Verwundeten sahen, wie sie jammerten , im dicken

Schnee lagen und nach den Sanitätern riefen. Ihr Bruder verstand es,
 
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