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Helbig, Wolfgang; Helbig, Wolfgang [Editor]; Reisch, Emil [Editor]
Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer Altertümer in Rom (Band 2): Die Villen, das Museo Boncompagni, der Palazzo Spada, die Antiken der vatikanischen Bibliothek, das Museo delle Terme — Leipzig, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.12283#0139
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DER GANG.

129

Aufnahme einer Metallbekleidung gedient zu haben. Jede
der drei Flächen ist mit archaischen Reliefs verziert, die
trotz mancherlei Nachlässigkeiten in der Zeichnung hin-
sichtlich der Anlage wie der Ausführung ein sehr feines
Kunstgefühl bekunden. Die Darstellung der Hauptseite
erinnert an Vasenbilder, welche auf die Rückkehr der
Kora aus der Unterwelt oder auf das Heraustreten einer
Quellnymphe an die Erdoberfläche gedeutet werden. Man
sieht eine Mädchenfigur, welche aus einer Vertiefung des
Terrains emporsteigt. Der Ausdruck ihres Gesichtes, den
der Bildhauer in sehr feiner Weise zum Verständniss
gebracht hat, erscheint aus Wonne und Sehnsucht ge-
mischt. Das Mädchen wird beim Emporsteigen von zwei
anderen weiblichen Gestalten unterstützt, die zugleich
ein Tuch vor seinen Schooss halten. Die Reliefs der bei-
den Nebenseiten beziehen sich, wie es scheint, auf den
Kultus, welcher der neu erschienenen Göttin dargebracht
wird. Auf der einen Seite ist eine vollständig bekleidete
Frau dargestellt, die den Mantel über den Hinterkopf
gezogen hat und vor einem Weihrauchständer (thymiate-
rion) auf einem Kissen sitzt. Sie hält auf der L. eine
Weihrauchschachtel (acerra), auf der vorgestreckten R.
vermuthlich Weihrauchkörner. Die andere Seite zeigt
ein nacktes Mädchen, welches , auf einem Kissen gela-
gert, die Doppelflöte bläst. Die Formengebung ent-
spricht im Ganzen derjenigen eines vorgeschrittenen ar-
chaischen Stiles. Doch sind gewisse Theile. wie nament-
lich der nackte Körper der Flötenspielerin und die Kissen,
mit grosser Weichheit irnd beinah im Sinne der freien
Kunst durchgebildet. Auffällig ist auch die individuelle
Behandlung der Profile. Wir begegnen einer ähnlichen,
aus verschiedenartigen Elementen zusammengesetzten
Formengebung auf rothfigurigen attischen Vasenbildern,
welche der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts angehören,
und namentlich auf den Gefässen des Euphronios, eines
der hervorragendsten Vasenmaler jener Zeit. Auch die
auffällige Weise, in welcher der Chiton desauf der Haupt-
seite rechts von der Mittelfigur dargestellten Mädchens

Heibig, Eöra. Antiken-Sammlungen. II.
 
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