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Hugo Helbing [Mitarb.]; Herbst, Adolph [Bearb.]; Ostini, Fritz von [Bearb.]
Sammlung von Ölgemälden moderner Meister: aus dem Besitze des verewigten Herrn Kommerzienrat Adolph Herbst, Triebes (Reuss) — München: Hugo Helbing, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.57428#0018
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liehe Madonna betrachten. Die Vorahnung eines späteren, furchtbaren Ostertages
macht sie erschauern und verdunkelt ihren Blick.
Bedeutsam in mancher Beziehung ist der Studienkopf nach einem jungen
Südländer, Savoyarden oder Italiener von Ludwig Knaus f. Erstens ist das Bild
an sich schön, von einer so großen Auffassung der Form und des Verhältnisses von
Licht und Dunkel, daß man an einen der besten alten Venetianer denken möchte.
Zweitens ist dies ausgezeichnete Werk bestimmt eine Jugendarbeit des Künstlers,
von dessen Frühreife ja die Jahrhundertausstellung in Berlin überraschende Doku-
mente brachte, z. B. einen trefflichen Bildniskopf des Achtzehnjährigen. Der Jüng-
lingskopf der Herbstschen Sammlung könnte aus den Fünfziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts datieren — seiner Qualität nach würde er freilich auch jeder späteren
und reiferen Schaffensepoche des Malers Ehre machen. Von Eduard v. Gebhardt
rühren zwei lebensgroße, seltsam durchgeistigte Apostelköpfe resp. Halbfiguren her,
wie sie der mit unglaublicher Vertiefung und Gründlichkeit arbeitende Düsseldorfer
Meister seinen figurenreichen religiösen Kompositionen als Studienmaterial zu gründe
zu legen pflegt: ein bärtiger, mit freudiger Andacht nach oben blickender Kopf aus
der »Himmelfahrt« und ein predigender Paulus von asketischem Typus. Gefälliger
mag der erstgenannte Kopf sein, bedeutender — d. h. absolut bedeutend! — ist der
Paulus in der leidenschaftlichen Eindringlichkeit und Erregtheit seines Ausdrucks
— man kann das Antlitz eines Redners, der überzeugt ist und überzeugen will, kaum
mit stärkerer Intensität kennzeichnen. In diesen Studienköpfen, die jetzt allgemach
den Weg in den Besitz der Sammler finden, gibt Gebhardt von seinem Geiste wie
von seiner Malerei im Grunde mehr als in jenen verwickelten Bildern selbst, in denen
er ja ein unendliches Maß von Können und Überlegung an Nebendinge und die
Lösung räumlicher und dramatischer Aufgaben wenden muß. Innerlich — nicht
in der Art zu malen! — ist Fritz v. U h d e f mit Gebhardt von jeher verwandt ge-
wesen. Seine große Anbetung der Könige aus dem Jahre 1899 ist ein Juwel des
Herbstschen Bilderschatzes, wunderschön durch das Spiel des Lichtes, das von außen
in das Halbdunkel des Stalles bricht, die Figuren umwebt, plastisch macht und
Schönheit in diese Stätte der Armut bringt. Von erlesenem Liebreiz ist besonders
die Mutter mit dem Kinde, das Ganze voll stiller Andacht und echter Naivität. Die
flotte Modellskizze zu einem Verlorenen Sohn, ein sehr jugendlicher Tobias mit
gleichfalls sehr jugendlichem Engel in fröhlichbunter deutscher Herbstlandschaft
und der prachtvoll gemalte Kopf eines alten Mannes aus den Neunziger Jahren —
vielleicht doch der schönste von den »viel zu wenigen einzelnen Charakterköpfen
des Malers« — kennzeichnen mit jenem Hauptbilde zusammen den ganzen Umfang
von Uhdes großer, reiner Kunst. Von dessen Freund und einstigem Meister Michael
M u n k a c s y f ist ein Hauptbild vorhanden, das eine Version des 1874 vollendeten
Gemäldes »Das Leihhaus« ist. Das hier vorliegende Bild entstammt der Sammlung
Laroche-Ringwald; von dem anderen Werk unterscheiden es nur geringfügige Unter-
schiede in der Lichtführung und den Figuren und das Fehlen der Aufschrift: »En-
gagements« über dem Bureau. In den tiefen, dunklen Asphalttönen des Gemäldes
klingt doch, wie bei allen Munkacsys aus guter Zeit, ein schöner voller Akkord.
Heiterste Lichtmalerei bedeutet die Strandszene von Max Liebermann (1908),
raffiniert und meisterlich in der Vereinfachung, in der Beschränkung der Mittel auf
den kleinsten Aufwand: Sand, Strandkörbe, mit wenigen Strichen angedeutete Men-

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