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Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Sammlung wertvoller vorwiegend süddeutscher Porzellane aus norddeutschem Privatbesitz: Versteigerung in der Galerie Helbing in München, 28. September 1917 — München, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.22743#0008
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VI

bar gleichfalls ein Typ aus einer Serie von Charaktermasken. Sie erinnert
sowohl in der Art des hohen Sockels, wie in der Stilisierung an die Feylner-
sche Serie und in der Bemalung ganz an die frühesten Höchster Versuche.

Einer zweiten Gruppe, deren künstlerischer Urheber bis jetzt nicht
festgestellt ist, sind der Musikant und die zwei Krämerfiguren (Nr. 58—60)
zuzuweisen. Sämtliche tragen die eisenrote frühe Marke. Charakteristisch
ist die eigentümliche, violett schillernde Purpurfarbe der Bemalung. Nach
der Art der Stilisierung möchte man den Modellmeister dieser Gruppe, der
noch die 2 kleineren Musikantenfigürchen (Nr. 61, 62) ferner die beiden Salz-
fässer (Nr. 46) mit Figuren zwischen Körben in der Art der Meißener Kändler-
modelle anzureihen sind, in Frankenthal suchen, wo um diese Zeit (1755)
Ähnliches begegnet, namentlich in der Behandlung des Rokaillensockels.
Zu gedenken ist endlich der Wahrsagergruppe (Nr. 63) mit dem für die Früh-
zeit Höchsts charakteristischen flachen, fein gerillten Sockel, aus dem eine
wenig gegliederte Baumstütze aufwächst. Mit der bei Braun (a. a. O.) ver-
öffentlichten Gruppe stimmt unser Exemplar, das keine Marke trägt, in
allen wesentlichen Details überein.

Mit Rücksicht auf die Art der Sockelbehandlung an dem letztgenannten
Stück sei hier eine Vermutung ausgesprochen, die einstweilen allerdings nur
eben als solche gelten will. Die Sammlung besitzt zwei prächtige, 21 cm
hohe Figuren aus der italienischen Komödie, von denen die eine (Nr. 141)
mit dem von Scherer (S. 10) veröffentlichten Capitano identisch ist, während
die andere (Nr. 142), ein Pierrot, in der Literatur nicht bekannt zu sein
scheint. Beide sind unbedenklich Feylnermodelle. Es wäre nun die Frage,
ob die beiden Figuren, die einer Serie aus der italienischen Komödie ent-
stammen, wirklich nach Fürstenberg gehören, was Scherer nicht endgültig
entscheidet (vgl. a. a. O. S. 9—127), oder ob man sie nicht unter die Früh-
werke der Höchster Manufaktur einreihen soll. Die Art der Sockelbehand-
lung und vor allem auch das System der Bemalung mit dem vorherrschenden
Weiß und den wenigen Farben, könnten sehr zu Gunsten letzterer Annahme
ins Gewicht fallen. Die Figuren wurden in dem Katalog der Fürstenberger
Manufaktur in Anlehnung an Scherers Auffassung eingereiht, doch will
diese Frage damit keineswegs entschieden sein.

Von den späteren Höchster Modellen der Melchiorzeit ragen der Türken-
kaiser und Türkenkaiserin (Nr. 71 und 72), der Jäger und Jägerin (Nr. 73
und 74), dann die Türkin mit Drehleier (Nr. 76) durch ihre prächtige Bemalung
hervor. Der unendlich liebenswürdige Genius Melchiors ist sowohl in seinen
Gruppen (Nr. 64ff.) wie in den genremäßigen Kinderfiguren (Nr. 68ff.) und
in der Serie der fahrenden Krämer (Nr. 77ff.) reichlich vertreten.

Von der Frankenthaler Manufaktur findet sich fast jeder der bekannten
Modelleure in der Sammlung. Es genügt hier auf einige Stücke hinzuweisen,
die in dem Werke Hoffmanns nicht erwähnt sind und sonach hiezu eine
Ergänzung bieten können. Da ist in erster Linie die fein bemalte, frühe
Figur eines »Mädchens mit Lamm«, ohne Signatur, aber mit einer Former-
marke (Nr. 15), das nach seinen Stileigentümlichkeiten unter die Lanz-
modelle eingereiht wurde. Dann darf als seltenes Stück die Wintergruppe
 
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