Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ZUM GEDÄCHTNIS ERNST CZERMAKS
Von der Umwelt, von dem »Milieu«, in dem ein Mensch sein Leben hinbringt, zieht
man Schlüsse auf sein Persönliches, auf seinen Charakter, Umgekehrt aber läßt
sich mit mindestens gleichem Recht sagen, daß die Art, in der jemand die besondere
Umwelt, in der er den größten Teil seines Daseins verlebt, also sein Heim, ausge-
staltet, seine Empfindungsweise, seine Auffassung von Arbeit und Genuß, seine Bildung
klärlich wiederspiegelt. In hervorragendem Maße trifft das auf den geborenen
Sammler zu. Es geht ihm nicht darum, durch Wiederverkauf oder Tausch zu geld-
lichem Gewinn zu gelangen,- ihn treibt nur in bedingten Grenzen Ehrgeiz dazu, schöne,
seltene Werke . dieser und jener Kunst sein eigen zu nennen, und der Wunsch, sich
in derartigem Besitz zu sonnen, ihn vor anderen zu rühmen. Vielmehr geht er auf
in dem Streben, die Räume, die ganz und gar »seine Welt« sind, mit dem zu füllen
und auszuzieren, was ihm durch ernste Studien, denen fast immer ein in die Wiege
mitgegebenes Talent zu Grunde liegt, vielleicht dann auch durch engeren Verkehr mit
verwandten Naturen und durch Eigenerlebnisse besonders ans Herz wuchs. So könnte
man den wahrhaften Sammler in seinen Zimmern, in seinem »Gehäuse« einen für
sich fertigen Künstler des Zusammenordnens nennen.
Ein solcher Sammler von erlesenem Geschmack war Ernst Czermak. Der
stillen, unaufdringlichen Vornehmheit seines Wesens entsprach die Vornehmheit des
Sondergutes, das er sich, achtsam, doch geruhig günstigen Gelegenheiten des Neu-
erwerbes entgegensehend, im Laufe der Jahre zu einer harmonisch geschlossenen Privat-
galerie ausbaute. Von Beruf Gutsbesitzer, als Kavallerie-Offizier und Sportsmann
skeptisch liebenswürdiger Österreicher bis in die Fingerspitzen, entwickelte er, von weit
zurückreichenden Familientraditionen beeinflußt, hinter diesen glänzenden Außenseiten
eine, man möchte sagen, zarte, diskrete Liebe zum Intimen und zum Dekorativ-Zier-
lichen in der Kunst. Freundschaftlich beraten durch seinen Schwager, den vorzüglich
auf den Gebieten der niederländischen und italienischen Malerei der Hochrenaissance,
wie auf dem Felde der klassischen deutschen Literatur als Forscher gleich angesehenen
Dr. Martin Schubart, zählte er, auf der Höhe seiner Kraft und seines Könnens
angelangt, zu denen, die als berufene Kenner ein nicht ungewichtiges Wort mitzureden
haben. Namhafte Leiter öffentlicher Sammlungen schätzten sein bedächtig erwogenes.
 
Annotationen