Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hugo Helbing [Hrsg.]
Ölgemälde, Aquarelle und Handzeichnungen moderner Meister aus süd- und mitteldeutschem Besitz: Auktion in der Galerie Hugo Helbing, München, 10. Juli 1926 — München: Helbing, 1926

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49415#0009
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
HIE Gepflogenheit, dem Kataloge ein Vorwort beizugeben, findet geteilte
Ansichten; vielleicht liegt der Grund darin, daß die Bezeichnung Vorwort
nicht immer das richtige Prädikat ist. Ich glaube, daß mit „Geleitwort“
der richtigere, den Zweck mehr charakterisierende Ausdrude gefunden ist
und zwar deshalb, weil gerade in heutigen schweren Zeiten, in denen
manches treu behütete Kulturstück seinen bisherigen Besitjer wechseln muß, ein Gedenken
des Liebgewordenen, den Abschied doch etwas erleichtert, dem zukünftigen Besitjer aber
gleichzeitg Gelegenheit bietet, sich mit dem Wesen des Stückes vertraut zu machen und
so gleichsam ein Bindeglied bildet zwischen Vergehen und Entstehen. Aus dem
nachstehenden Katalog mögen vom Auslande Th. Rousseau und Const. Troyon gemeinsam
erwähnt sein; der erstere, der unentwegt für den Naturalismus eintrat und ihn mit
eiserner Konsequenz verfocht, fand in letzterem einen ungeheuchelten Bewunderer, ge«
meinsame Ziele verbanden beide; auch Diaz und Dupre gesellten sich zu ihnen. In
Zusammenarbeit und im Ideenaustausch kristallisierte sich die romantische Schule heraus,
die die gesamte Kulturwelt mit Erstaunen erfüllte, und ein unzerstörbares Fundament
der Kunst für alle Zeiten bilden sollte. Mit einfachsten Mitteln, die Details aber doch

nicht außer Acht lassend, aber auch nicht ins Kleinliche verfallend, ist das „Dorfmotiv“
Rousseau’s geschaffen, Landschaft und Figuren sind aus einem Guß, die über dem Dorfe
schwebende Kumuluswolke ist direkt von der Natur übernommen. Troyon hat sich bei
seiner „Herde an einem See“ auf den bei ihm so geschätzten Silberton eingestellt, der
auch durch die feuchte Luft bedingt wird und dessen Wiedergabe ihn wohl besonders
reizte. Bei dem Figuralen tritt das gleiche Gesetz wie bei Rousseau in seine Rechte,
eingehen in die Details und insbesondere der Bewegung der Personen. Otto von Thoren,
ein Wiener von Geburt, studierte in Brüssel und Paris, schloß sich der französischen
Schule an, die Lehren der vorgenannten Künstler lassen sich in seinem „Seebad in
Trouville“ sofort erkennen, Luft, Wasser und das Figurale beweisen dieses. Der Schotte
Ch. M. Hardie, dessen „Feierabend“ die Zeichnung und ruhige Farbengebung der eng«
lischen Schule verrät, ist wohl noch manchem Kunstfreund von der Internationalen
Ausstellung im Glaspalast in Erinnerung.
Von den beiden Holländern L. Apol und J. Mauritsz Jansen, ist der erstere der
bekanntere; seine lüft« und lichtatmenden Werke sind ebenfalls von der Internationalen
Ausstellung noch in Erinnerung. „Die Poststation im Winter“ bedarf daher keiner be-
sonderen Betonung; von Jansen ist in der Literatur so gut wie nichts bekannt, seine
Arbeiten fanden wahrscheinlich direkte Unterkunft in Sammlungen. „Die Waldlandschaft
mit Bauernhaus“ gibt Gelegenheit ihn kennen zu lernen. Besonders gut vertreten sind
die Schulen vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die 80 iger Jahre des 19. Jahrhunderts,
es möge vorweg Bernh. Stange genannt sein und zwar schon aus Pietäts«Gründen;
war er es doch, der Spitjweg auf die Beine half. Als in Bad Sulz am Peissenberg der
Besitjer Dr. Zeus einstmals bei schlechtem Wetter eine Konkurrenz im Zeichnen unter
seinen Badegästen veranstaltete, erhielt auch Spitjweg einen Preis — er war für den
 
Annotationen