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Hugo Helbing <München> [Editor]
Ölgemälde moderner Meister von Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart: aus dem Nachlasse S.K.H. Prinz von Hohenleuben, ferner aus rheinischem u. norddeutschem Besitz ; Auktion in der Galerie Hugo Helbing, München: Dienstag den 10. Dezember 1929 — München, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.20498#0005
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HN die Spitze der Gemälde des nachstehenden Kataloges müssen
zwei Gruppen — Feuerbach-Thoma — und — Leibl-Trübner-
Schudi — gestellt werden, gehören sie doch zu den Fundamen-
ten des großen mit „Deutscher Kunst“ bezeiehneten Baues, des-
sen Konstruktion weehselreich und ineinandergehend ein un-

Anselm Feuerbach war in Rom fast ganz auf gegangen, er atmete sich
in der von edelster Kunst durchsättigten Luft am leichtesten, dort wurde
die Sorge, die an ihm, dem rastlos Vorwärtsstrebenden nagte, leichter und
trotzdem verschrieb er sieh nicht ganz den Römern. Die diesjährige Feuer-
bach-Ausstellung in der Neuen Pinakothek hat dies bewiesen, er wurde
auch seinem Vaterlande gerecht. Drei Werke des Meisters sind hier ver-
treten, wovon die „Versuchung des Heil. Antonius“, aus 1855, und das „Bild-
nis Professors Welckers“ noch aus der oben erwähnten Ausstellung bekannt
sind. Das erstere ist wohl unter dem Einflüsse Tintoretto’s entstanden; die
starken Konturen des Faltenwurfes der Gewänder und der kräftige Licht-
auftrag lassen dieses erkennen und reihen das Werk zu den besten seiner
Arbeiten ein. Drei Jahre später, 1858, entstanden die „Badenden Mädchen“,
deren Auffassung und technische Behandlung rein deutsdien Ursprunges ist,
wobei eine leichte Fühlungnahme mit Böcklin nicht verleugnet werden kann.
Das Bildnis Professor Welcker’s zeigt Feuerbach als Seelenmaler, gleich dem
Bildnisse Cannstadt’s, vermeint man die Seele des Dargestellten aus dem
Auge erkennen zu können, eine Eigenschaft, die einer Auslösung der eigenen
seelischen Ahrgänge des Künstlers unterlag.

Hans Thoma in seelischem Empfinden seinem Kompatrioten Feuerbach
nahestehend, hat sich bei dem „Flötenblasende Faune“ und den „Wasser-
nixen“ auf mythisches Gebiet begeben. Es dürften diesen Darstellungen das
Bestreben, die Stimmen der Natur und das Spiel des Wassers bildlich dar-
zustellen, zu Grunde gelegen sein. Die Mondphantasie fußt auf wissen-
schaftlichen Ursprung und ist eine der Fassungen zu den bekannten Dar-
stellungen der Gestirne: Sonne, Mond, Sterne und dem Tierkreise. Ein sehr
interessantes Frauenbildnis aus dem Jahre 1857 wird als Epochenbild be-
grüßt werden. Ohne Zweifel ist bei einer figürlichen Darstellung der Kopf
der Figur als das Wichtigste des Bildes zu bezeichnen und doch gibt es
einige wenige Ausnahmen von Künstlern, deren Bilder einzelnen Teilen
eines Körpers entnommen sind und die in diesen einzelnen Teilen Anspruch
auf vollkommen bildmäßige Darstellung erheben können. An der Spitze
dieser Berufenen steht AVilhelm Leibi, welch köstliche Überlieferung hat er
uns in den Teilbildern des zerschnittenen Wildererbildes hinterlassen.
Aber auch als Modell mußte es bei Leibi nicht gerade ein Kopf sein, des
Künstlers geübter Blick, fand bei einer Hand vielleicht oft ein interessanteres
Problem zu lösen, als ihm ein Kopf geboten hätte, und dieser Umstand
scheint es wohl auch gewesen zu sein, der ihn zur Schöpfung der beiden
Frauenhände dieses Kataloges veranlaßte. Der Anatom, der Bildhauer, der
feinempfindende Farbentechniker, sie alle müssen vor dieser naturwahren
Leistung bewundernd stehen und kein sich in dieses Kunstwerk vertiefen-
der Beschauer wird den dazu gehörenden Körper vermissen. Auch Wilhelm
Trtibner ist mit einer Handstudie vertreten, was für Vergleichszwecke ganz
besonders interessant ist.

Hier schließt sich eine gemeinsame Arbeit Charles Schuch’s und Wilhelm
Trübner’s, „Ein sitzender Mönch“, an. Die Entstehung dürfte wohl darauf
zurückzuführen sein, daß Schuch unter dem Eindruck des im Jahre 1872
von Wilhelm Trübner geschaffenen „Singenden Mönches“, dem Drange
folgte, dieses Thema in Variante zu behandeln, wobei ihn sein Freund und
 
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