IE unruhigen Zeitläufte brachten es mit sich, daß ein Suchen
und ein Tasten anhob, das noch immer nicht zur Ruhe
kommen konnte, und wird es auch wohl lange dauern, bis sich
aus diesem Gären ein festes, die Allgemeinheit befriedi-
gendes Fundament herauskristallisiert. Daß die Kunst von
diesen Vorgängen nicht unberührt bleiben konnte, ist natur-
gemäß, steht sie doch in engster Fühlung mit dem seelischen Empfinden des
Einzelnen und entwickelt sich der Sinn für dieselbe, in dem Maße, wie
sich die kulturellen Bedürfnisse und Auffassungen im einzelnen Individium
entfalten.
Es soll Jedem die Überzeugung, die er sich nach seiner Fähigkeit und
Anschauung über Kunst bildet, gelassen werden, es hat auch niemand das
Recht, die Einstellung seines Mitmenschen abzulehnen, weil sie nicht die
seine ist, aber andererseits muß die Selbstzucht es verbieten, daß dann im
Gegensatz hierzu die Ansicht dieses Anderen eben auch nicht als minder-
wertig bezeichnet werden darf.
Daß die deutsche Kunst ab Mitte des 19. Jahrh. von Manchem als veraltet
kritisiert wird, ist Ansichtsache, wenn aber behauptet wird, diese Periode
verdiente nur wenig mehr der Beachtung, dann ist dieses unrecht und es
wird das Gegenteil, schon vom Naturgesetze aus, in nicht allzuferner
Zeit bewiesen werden. Unsere alten Meister, gleichviel welcher Schule
und Zeit sie angehören, haben Jahrhunderte lang ihre Geltung nicht nur
bei ihrer eigenen Nation, sondern auch bei anderen Nationen behalten,
sie wurden international und werden es bleiben. Die Anschlüsse des
19. Jahrhunderts zeigen wie vielfach die Werke dieser Schaffenszeit dem
Studium der Alten Meister ihr Ansehen verdanken und sie können und
dürfen daher auch nicht ausgeschaltet werden, eine Kluft in der Kunst
würde sich auftun, die durch nichts zu überbrücken wäre.
In nachfolgender kleiner Besprechung muß an erster Stelle einer
Gruppe von Zeitgenossen ob ihrer verwandten Arbeiten und ihrer
Schaffensart gemeinsam Erwähnung getan werden. Es ist der Hamburger
Johann Joachim Faber, ein selten vorkommender Meister, der sich an
Jos. Ant. Koch und Reinhardt bildete, mit dem „Wasserfall aus Tivoli"
zu nennen. Ferner Gottlieb Christ. Joh. Giese, ein Freund und Studien-
genosse Caspar David Friedrich's, er gehört zu den seltensten Erscheinungen,
nicht nur, weil von ihm nur wenige Arbeiten existieren, sondern weil diese
wenigen Arbeiten, insbesondere die gegenwärtigen beiden Bilder rein durch
Zufall bekannt geworden sind. Um so interessanter ist es, von diesem selte-
nen Romantiker zwei Werke, „Winterbild aus der Lausitz" und „Felsland-
schaft aus der Sächsischen Schweiz" zu begegnen. Stanislaus von Kaiekreuth,
„Königssee bei Sonnenuntergang", der seine Weihe bei Schirmer erhielt,
schuf mit dem ihm für die Natur eigenen Empfinden, die in dem gegen-
wärtigen Bilde so trefflich wiedergegebene Farbenskala. Emil Lugo's „Ober-
bayer. Landschaft" offenbart uns dessen Gedankengang in offensichtlicher
Weise; hinwegfliegend über den Alltag, ins klassische Gebiet und doch wieder
das Haften an der Scholle, das ist seine Art. Schwer neigen die reifen Ähren
ihre Häupter, das typische deutsche Erntefeld, fast böcklinisch muten dagegen
die leicht sich hebenden Gestalten der drei Frauen den Beschauer an, über
und ein Tasten anhob, das noch immer nicht zur Ruhe
kommen konnte, und wird es auch wohl lange dauern, bis sich
aus diesem Gären ein festes, die Allgemeinheit befriedi-
gendes Fundament herauskristallisiert. Daß die Kunst von
diesen Vorgängen nicht unberührt bleiben konnte, ist natur-
gemäß, steht sie doch in engster Fühlung mit dem seelischen Empfinden des
Einzelnen und entwickelt sich der Sinn für dieselbe, in dem Maße, wie
sich die kulturellen Bedürfnisse und Auffassungen im einzelnen Individium
entfalten.
Es soll Jedem die Überzeugung, die er sich nach seiner Fähigkeit und
Anschauung über Kunst bildet, gelassen werden, es hat auch niemand das
Recht, die Einstellung seines Mitmenschen abzulehnen, weil sie nicht die
seine ist, aber andererseits muß die Selbstzucht es verbieten, daß dann im
Gegensatz hierzu die Ansicht dieses Anderen eben auch nicht als minder-
wertig bezeichnet werden darf.
Daß die deutsche Kunst ab Mitte des 19. Jahrh. von Manchem als veraltet
kritisiert wird, ist Ansichtsache, wenn aber behauptet wird, diese Periode
verdiente nur wenig mehr der Beachtung, dann ist dieses unrecht und es
wird das Gegenteil, schon vom Naturgesetze aus, in nicht allzuferner
Zeit bewiesen werden. Unsere alten Meister, gleichviel welcher Schule
und Zeit sie angehören, haben Jahrhunderte lang ihre Geltung nicht nur
bei ihrer eigenen Nation, sondern auch bei anderen Nationen behalten,
sie wurden international und werden es bleiben. Die Anschlüsse des
19. Jahrhunderts zeigen wie vielfach die Werke dieser Schaffenszeit dem
Studium der Alten Meister ihr Ansehen verdanken und sie können und
dürfen daher auch nicht ausgeschaltet werden, eine Kluft in der Kunst
würde sich auftun, die durch nichts zu überbrücken wäre.
In nachfolgender kleiner Besprechung muß an erster Stelle einer
Gruppe von Zeitgenossen ob ihrer verwandten Arbeiten und ihrer
Schaffensart gemeinsam Erwähnung getan werden. Es ist der Hamburger
Johann Joachim Faber, ein selten vorkommender Meister, der sich an
Jos. Ant. Koch und Reinhardt bildete, mit dem „Wasserfall aus Tivoli"
zu nennen. Ferner Gottlieb Christ. Joh. Giese, ein Freund und Studien-
genosse Caspar David Friedrich's, er gehört zu den seltensten Erscheinungen,
nicht nur, weil von ihm nur wenige Arbeiten existieren, sondern weil diese
wenigen Arbeiten, insbesondere die gegenwärtigen beiden Bilder rein durch
Zufall bekannt geworden sind. Um so interessanter ist es, von diesem selte-
nen Romantiker zwei Werke, „Winterbild aus der Lausitz" und „Felsland-
schaft aus der Sächsischen Schweiz" zu begegnen. Stanislaus von Kaiekreuth,
„Königssee bei Sonnenuntergang", der seine Weihe bei Schirmer erhielt,
schuf mit dem ihm für die Natur eigenen Empfinden, die in dem gegen-
wärtigen Bilde so trefflich wiedergegebene Farbenskala. Emil Lugo's „Ober-
bayer. Landschaft" offenbart uns dessen Gedankengang in offensichtlicher
Weise; hinwegfliegend über den Alltag, ins klassische Gebiet und doch wieder
das Haften an der Scholle, das ist seine Art. Schwer neigen die reifen Ähren
ihre Häupter, das typische deutsche Erntefeld, fast böcklinisch muten dagegen
die leicht sich hebenden Gestalten der drei Frauen den Beschauer an, über