er Name Dr. j. Deutsch ist mit der Kunst der letzten vier Jahrzehnte auf
JL/ das engste verbunden. Wußten in den 60er bis zu den 80er Jahren des vorigen
Jahrhunderts bereits manche die Seelenvorgänge Meister Spitzweg's zu ergründen, so
gab es doch im Verhältnis zu dem reichen Schöpfungsmaterial Spitzweg's nur eine ge-
ringe Zahl von Sammlern Spitzweg'scher Kunst. Als im Jahre 1886 jener Teil des
Nachlasses Spitzweg's durch meine Hände ging, der einen Ausstellungsturnus durch
Deutschland antrat, offenbarte sich mir des Meisters eigene Welt, jene Welt, die er in
seinem stillen Atelier mit Blick auf alte Hohlziegeldächer und Kirchtürme aus den
auf seinen Reisen nach Rothenburg, Nürnberg, Rattenberg, Brannenburg, Kufstein
und stille Gebirgstäler Tirols geschaffenen Studien schuf.
Und Carl Spitzweg war es gerade, mit dessem Studium und Erwerb Dr. Deutsch
seine Sammeltätigkeit begann; ein Vorzug, der für ihn den Schlüssel für den inneren
Wert der Kunst bildete und seinem weiteren Sammeln den Weg bereitete. Diesem
Ümstand ist es auch zuzuschreiben, daß Spitzweg in größerer Anzahl vertreten ist.
Wenn ich sage, daß Dr. Deutsch großen Anteil daran nimmt, daß Meister Spitzweg so
volkstümlich wurde, so erfülle ich hiermit nur eine unabweisbare Pflicht.
Carl Spitzweg's „Empfang der Hoheit" dürfte als die figurenreichste Arbeit des
Meisters anzusprechen sein. Das Studium dieses Bildes läßt sich nicht mit einer all-
gemeinen Betrachtung abtun, hier muß Figur um Figur für sich behandelt werden.
Von den kleinen weißgekleideten Mädchen und den Ehrenjungfrauen, über das die
Ansprache haltende Stadtoberhaupt, bis zu der flachshaarigen jugendlichen Hoheit,
der spalierstehenden Ehreneskorte und der auf Tribünen placierten Stadtmusik und
dem Männergesangverein, ist bei jedem einzelnen das Charakteristische der ihm zufal-
lenden Aufgabe zum Ausdruck gebracht. Die Köpfe der Sänger sind in Fleischfarbe
punktartig geschaffen und doch von einer Bewegung und Wirkung, die an Natur-
wahrheit alles überbietet. Spitzweg hat in dieser Komposition ein Dokument der in-
dividuellen Schilderung dieses Vorganges hinterlassen, wie solches nur noch sein
französischer Zeitgenosse Honore Daumier, dessen Einfluß in dem gegenständlichen
Bilde unleugbar ist, zu schaffen in der Lage war. Anschließend daran sind zwei
Werke Spitzweg's „Der Dichtergarten" und „Muttergottes-Ehrung" zu erwähnen, beide
das Studium der italienischen Meister verratend; das erste vielleicht jenes Paolo
Veronese's das zweite, laut Vermerk auf der Rückseite, als freie Schöpfung nach
Bernardino Licinio Pordenone in der Frari-Kapelle, beides Beweise, wie leicht sich
der Künstler auch auf diesem Gebiete zu bewegen wußte. Das „Flötenkonzert" und
„Falstaff und Dortchen" gehören der Frühzeit des Meisters an und entbehren beide
der Humoristik nicht; im Gegensatz zu dem Ernst des Flötenspielers zaubert der
Schatten den gehörnten Beizebub auf den Vorhang und der Falstaff des Schmieren-
theaters läßt erkennen, daß er sein stattliches Embonpoint einer kräftigen Polsterung
von Kissen zu verdanken hat. „Der Gänserupfende Mönch" vor dem unerwarteten
Besuch eines Mädchens erschreckend, „Der Wanderer" und die Landschaften Nr. 131
bis 133 gehören zu den gewohnten Arbeiten des Meisters, für die die Bezeichnung
„Spitzweg" bei der Allgemeinheit in Betracht kommt. Die beiden Bilder „Bergmann
JL/ das engste verbunden. Wußten in den 60er bis zu den 80er Jahren des vorigen
Jahrhunderts bereits manche die Seelenvorgänge Meister Spitzweg's zu ergründen, so
gab es doch im Verhältnis zu dem reichen Schöpfungsmaterial Spitzweg's nur eine ge-
ringe Zahl von Sammlern Spitzweg'scher Kunst. Als im Jahre 1886 jener Teil des
Nachlasses Spitzweg's durch meine Hände ging, der einen Ausstellungsturnus durch
Deutschland antrat, offenbarte sich mir des Meisters eigene Welt, jene Welt, die er in
seinem stillen Atelier mit Blick auf alte Hohlziegeldächer und Kirchtürme aus den
auf seinen Reisen nach Rothenburg, Nürnberg, Rattenberg, Brannenburg, Kufstein
und stille Gebirgstäler Tirols geschaffenen Studien schuf.
Und Carl Spitzweg war es gerade, mit dessem Studium und Erwerb Dr. Deutsch
seine Sammeltätigkeit begann; ein Vorzug, der für ihn den Schlüssel für den inneren
Wert der Kunst bildete und seinem weiteren Sammeln den Weg bereitete. Diesem
Ümstand ist es auch zuzuschreiben, daß Spitzweg in größerer Anzahl vertreten ist.
Wenn ich sage, daß Dr. Deutsch großen Anteil daran nimmt, daß Meister Spitzweg so
volkstümlich wurde, so erfülle ich hiermit nur eine unabweisbare Pflicht.
Carl Spitzweg's „Empfang der Hoheit" dürfte als die figurenreichste Arbeit des
Meisters anzusprechen sein. Das Studium dieses Bildes läßt sich nicht mit einer all-
gemeinen Betrachtung abtun, hier muß Figur um Figur für sich behandelt werden.
Von den kleinen weißgekleideten Mädchen und den Ehrenjungfrauen, über das die
Ansprache haltende Stadtoberhaupt, bis zu der flachshaarigen jugendlichen Hoheit,
der spalierstehenden Ehreneskorte und der auf Tribünen placierten Stadtmusik und
dem Männergesangverein, ist bei jedem einzelnen das Charakteristische der ihm zufal-
lenden Aufgabe zum Ausdruck gebracht. Die Köpfe der Sänger sind in Fleischfarbe
punktartig geschaffen und doch von einer Bewegung und Wirkung, die an Natur-
wahrheit alles überbietet. Spitzweg hat in dieser Komposition ein Dokument der in-
dividuellen Schilderung dieses Vorganges hinterlassen, wie solches nur noch sein
französischer Zeitgenosse Honore Daumier, dessen Einfluß in dem gegenständlichen
Bilde unleugbar ist, zu schaffen in der Lage war. Anschließend daran sind zwei
Werke Spitzweg's „Der Dichtergarten" und „Muttergottes-Ehrung" zu erwähnen, beide
das Studium der italienischen Meister verratend; das erste vielleicht jenes Paolo
Veronese's das zweite, laut Vermerk auf der Rückseite, als freie Schöpfung nach
Bernardino Licinio Pordenone in der Frari-Kapelle, beides Beweise, wie leicht sich
der Künstler auch auf diesem Gebiete zu bewegen wußte. Das „Flötenkonzert" und
„Falstaff und Dortchen" gehören der Frühzeit des Meisters an und entbehren beide
der Humoristik nicht; im Gegensatz zu dem Ernst des Flötenspielers zaubert der
Schatten den gehörnten Beizebub auf den Vorhang und der Falstaff des Schmieren-
theaters läßt erkennen, daß er sein stattliches Embonpoint einer kräftigen Polsterung
von Kissen zu verdanken hat. „Der Gänserupfende Mönch" vor dem unerwarteten
Besuch eines Mädchens erschreckend, „Der Wanderer" und die Landschaften Nr. 131
bis 133 gehören zu den gewohnten Arbeiten des Meisters, für die die Bezeichnung
„Spitzweg" bei der Allgemeinheit in Betracht kommt. Die beiden Bilder „Bergmann