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Hennig, Hilke; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Mitarb.]
Die Grab- und Hortfunde der Urnenfelderkultur aus Ober- und Mittelfranken — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 23: Kallmünz, Opf.: Lassleben, 1970

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https://doi.org/10.11588/diglit.70667#0040
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DIE FRÜHSTUFE

Bei der Besprechung der Grabformengruppen
wurde bereits ihre zeitliche Stellung angedeutet.
Charakteristisch für die Stufe Bz D sind Bestat-
tungen in Grabhügeln und, weit häufiger, in
mannslangen Flachgräbern, die in der Regel mit
Steinen ausgebaut sind. Sie sind meist entweder
nord/südlich oder ost/westlich ausgerichtet, ohne
daß bisher das leichte Bevorzugen der ost-west-
lichen Orientierungsrichtung deutlich festgestellt
werden konnte, und enthalten, etwa gleich häu-
fig vorkommend, sowohl Brand- als auch Kör-
perbestattungen. Die Friedhöfe sind klein, selten
übersteigt die Zahl der Gräber zehn. Die Grä-
ber sind beinahe immer mit mehreren Gefäßen
und Bronzebeigaben ausgestattet. Die Horte, von
denen eine ganze Reihe, vor allem beinahe alle
Brucherzhorte, in dieser Stufe vorliegen 97, lassen
sich durch mehrere gemeinsame Typen gut mit
den Grabfunden koordinieren. Es gibt älter er-
scheinende Komplexe mit vereinzelten Absatzbei-
len und Knopfsicheln (78) und jüngere, die durch
das Vorkommen von Binninger Nadeln hart an
die Grenze zur Stufe HaA gestellt werden
(104) 98.
Die Bronzetypen sind in ihrer Vergesellschaftung
mannigfach miteinander verzahnt und stellen eine
recht geschlossene Formengruppe dar: Riegsee-
schwerter und ältere Griffzungenschwerter vom
Typus Nenzingen (Taf. 1, 15; 29, 5; 44, 10);
Riegseemesser (Taf. 44, 15; 56, 1. 2) und Messer
vom Typus Baierdorf (Taf. 1, 19; 75, 25); Rasier-
messer mit schwach ausgeschnittenem Blatt von
breiter und schmaler Form mit längsgerilltem oder
zwei- und dreistäbigem Griff mit Ringende (81;
Taf. 55, 19; 56, 5); Knopfsicheln und Griffzun-
gensicheln mit meist stark gehämmerten Rippen
(104; Taf. 29, 1—3); schwere Beile mit mittel-
ständigen Lappen (104; Taf. 27—28), und verein-

zelt noch ein Absatzbeil (78). Zum Schmuck ge-
hören stark und schwach gerippte Armreifen (104;
Taf. 61, 11; 45, 11. 12), bandförmige Armspira-
len (Taf. 2, 17. 18), einfache, im Querschnitt run-
de oder rhombische Armreifen (Taf. 61, 3. 9—10.
12. 13), reich verzierte Knöchelbänder mit brei-
tem Bügel (104; 108; 19), Brillenspiralen (Taf.
2, 10—12), gegossen tordierte Halsreifen (Taf.
57, 15; 1, 2), Wellennadeln (Taf. 78, 20), stark
profilierte Vasenknopfnadeln (Taf. 73, 11) und
solche mit großem Kopf und scharfem Umbruch
(Taf. 75, 15), Mohnkopf- und Turbankopfnadeln
(10; Taf. 3, 7), Nadeln vom Typus Horgauer-
greuth (Taf. 73, 10), gezackte Nadeln und deren
Nebenformen, gestufte Nadeln (104), Nadeln mit
rundem Plattenkopf und durch Rippengruppen
profiliertem Hals in kleinen und sehr langen Va-
rianten (28; Taf. 57, 16. 17), und sehr häufig
Nadeln mit kugeligem oder mehr eiförmigem,
mitgegossenen oder aufgesteckten Kopf, deren
Hals und Kopf meist horizontalgerippt oder -ge-
rillt ist, und die ebenfalls in extremen Längen
vorkommen können (Taf. 1, 1. 3; 57, 5; 60, 4—6).
Zu einem Hort ganz vom Ende dieser Stufe ge-
hört eine Tasse vom Typus Friedrichsruhe (104).
Der Neufund eines Kammhelmes (Taf. 82—85)
ist wohl ebenfalls noch der Frühstufe zuzurech-
nen99.
Die Formen unter den Tongefäßen sind weniger
vielfältig: Gefäße mit hohen, zylindrischen Hälsen
ohne Rand (Taf. 2, 8) und formgleiche Ampho-
ren mit Henkeln am Hals-Bauch-Knick oder
auf der Schulter (Taf. 2, 2; 55, 9); einfache Tas-
sen und konische Schalen mit kaum abgesetztem
Rand mit und ohne Bandhenkel (Taf. 1, 6; 35,
18—20); vereinzelt Knickwandschalen (Taf. 63,
13; 77, 3—4); mäßig profilierte (Henkel-)Becher
mit schräg ausgestelltem Rand (Taf. 2, 3. 5.6; 57,

97) Vgl. zu den Brucherzhorten auch die Befunde in der CSSR: O. Kytlikovä, Hromadny nälez bronzü od
Stareho Sedla (Okres Milevsko). (Der Bronzefund von Stare Sedlo (Bez. Milevsko). Pamätky Archeologi-
cke 46, 1955, 52 ff. (deutsche Zusammenfassung 74 ff.). — Diess., Milavece Depoty a jejich svedectivi o
pomeru zäpadnich a ji^nich cech K soüsedstvi (1965), 79 ff. — O. Kytlicovä, V. Vokolek und J. Bouzek,
K chronologii mlade doby bronzove v cechäch (Zur urnenfelderzeitlichen Chronologie Böhmens) Acta Musei
Reginaerahdecensis S. B.: Scientiae Sociales VII, 1964, 145.

98) Auf die Problematik des Vorkommens von Binninger Nadeln im Hort von Enderndorf (Stockheim) ist be-
reits Müller-Karpe eingegangen. H. Müller-Karpe, Beiträge zur Chronologie der Urnenfelderzeit nördlich
und südlich der Alpen (1959), 149.
Die urnenfelderzeitlichen Hortfunde aus Ober- und Mittelfranken, die bei Müller-Karpe abgebildet sind,
finden hier nicht noch einmal Aufnahme im Tafelteil. Ihre Katalognummer innerhalb dieser Arbeit ist je-
weils in Klammern angegeben.

99) Ch. Pescheck, Ein Kammhelm aus dem oberen Maintal. Mainzer Zeitschrift 63, 1968, 34 ff.

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