er es dort und spürte, daß es ihm freundlich gesonnen war und
gewillt, seinem abseitigen Künstlertum Nahrung zu spenden.
Nun nimmt uns Kubin also an der Hand und will, daß wir uns
ihm anvertrauen. Er weiß, daß es überall zwiespältig aussieht
und „spukt", wo Menschen sind, nur, wo Menschen sind, und
er rechnet darauf, daß wir schon verstehen werden, was er sieht
und uns zeigt; denn auf seine Weise hat jeder derartiges erlebt
— oder mag es auch erst noch erleben.
Aber Kubin ist nicht vorsichtig bei seiner Führung. Er ist es
so wenig wie das Leben selbst, dessen eine, mitternächtige Seite
er wie kaum ein zweiter Künstler unserer Zeit aufzuweisen ver-
mag. Auch unsere Träume und unüberwachten Phantasien be-
reiten die Ereignisse nicht vor, die sie für uns bereit halten.
Ihre Realität, die sie im Schleier des Merkwürdigen, ja Unwahr-
scheinlichen verbergen, geht mit uns nicht anders um, als der
Zauber der nächtlichen Landschaft um Zwickledt.
Natürlich ist der Verstand immer mit im Spiele. Auch bei
Kubin. Wo aber die Welt unter einem so traumhaft-romantischen
Aspekt gesehen wird, bleibt ihm nicht mehr, als die Rolle der
ausgleichenden Ironie zu spielen. Kubin entlädt sie auf die
Gestalten seiner vitalen Phantastik. Sie erinnert den von moor-
feuchten Schatten Heimgesuchten an die Bilder der Apokalypse,
die seinen Visionen Namen und Gesicht leihen müssen, sie läßt
ihn mit der ihm eigenen Überlegenheit auf eine Lücke in
unserem Weltbilde deuten, und sie ist es schließlich, was diesen
Magier der Psyche an das sichere, wenn auch schmale Ufer des
Tages geleitet.
Auch die Gestalt der Folge ist ihr Werk. In die Irre wird jeder
geführt, der diese absonderlichen Blätter als dreizehn einzelne
betrachtet. Er erschrickt vor der abrupten Unübersichtlichkeit
dieser Hexenküche; denn was sonst anderes ist das Ganze, darin
es zugeht wie in der bekannten Szene des Macbeth. Was alles
im Kessel zusammenkocht, ist endlich ein Zaubertrank hier und
dort. Wer es recht in sich sieden ließ, wer lange genug hinein-
schaute und sich vertrauensvoll dem Künstler anschloß, der
findet am Ende eine köstliche, nahtlose Komposition, entdeckt,
selbst am Fernrohr des Nachbarn stehend, das seltsam aus-
geweitete und zum Bersten mit Leben gefüllte Panorama. Wozu
brauchte der Mann sonst auch ein Fernrohr?
Ironie spaltet immer auf. Sie ist so etwas wie ein schamhaftes
Eingeständnis des Verstandes, der eingesehen hat, daß er nicht
ausreicht, jene Dinge zu erklären, denen keine Schulweisheit
genügt. Weshalb aber verzagen? Man möge doch auszugleichen
versuchen, meint Kubin.
Friedrich Wilh. Blaschke
Bezeichnung der Abbildungen
1. Blick durch das Wunderfernrohr
2. Circe
3. Hexenküche
4. Verliebte Zauberer
5. Behemoth
6. Ein Wirtshaus am Donaustrand
7. Schloß Zwickledt
8. Vampyre
9. Leviathan
10. Der Fang
11. Kameraden
12. Der Mühlteich
13. Die Müllerin
gewillt, seinem abseitigen Künstlertum Nahrung zu spenden.
Nun nimmt uns Kubin also an der Hand und will, daß wir uns
ihm anvertrauen. Er weiß, daß es überall zwiespältig aussieht
und „spukt", wo Menschen sind, nur, wo Menschen sind, und
er rechnet darauf, daß wir schon verstehen werden, was er sieht
und uns zeigt; denn auf seine Weise hat jeder derartiges erlebt
— oder mag es auch erst noch erleben.
Aber Kubin ist nicht vorsichtig bei seiner Führung. Er ist es
so wenig wie das Leben selbst, dessen eine, mitternächtige Seite
er wie kaum ein zweiter Künstler unserer Zeit aufzuweisen ver-
mag. Auch unsere Träume und unüberwachten Phantasien be-
reiten die Ereignisse nicht vor, die sie für uns bereit halten.
Ihre Realität, die sie im Schleier des Merkwürdigen, ja Unwahr-
scheinlichen verbergen, geht mit uns nicht anders um, als der
Zauber der nächtlichen Landschaft um Zwickledt.
Natürlich ist der Verstand immer mit im Spiele. Auch bei
Kubin. Wo aber die Welt unter einem so traumhaft-romantischen
Aspekt gesehen wird, bleibt ihm nicht mehr, als die Rolle der
ausgleichenden Ironie zu spielen. Kubin entlädt sie auf die
Gestalten seiner vitalen Phantastik. Sie erinnert den von moor-
feuchten Schatten Heimgesuchten an die Bilder der Apokalypse,
die seinen Visionen Namen und Gesicht leihen müssen, sie läßt
ihn mit der ihm eigenen Überlegenheit auf eine Lücke in
unserem Weltbilde deuten, und sie ist es schließlich, was diesen
Magier der Psyche an das sichere, wenn auch schmale Ufer des
Tages geleitet.
Auch die Gestalt der Folge ist ihr Werk. In die Irre wird jeder
geführt, der diese absonderlichen Blätter als dreizehn einzelne
betrachtet. Er erschrickt vor der abrupten Unübersichtlichkeit
dieser Hexenküche; denn was sonst anderes ist das Ganze, darin
es zugeht wie in der bekannten Szene des Macbeth. Was alles
im Kessel zusammenkocht, ist endlich ein Zaubertrank hier und
dort. Wer es recht in sich sieden ließ, wer lange genug hinein-
schaute und sich vertrauensvoll dem Künstler anschloß, der
findet am Ende eine köstliche, nahtlose Komposition, entdeckt,
selbst am Fernrohr des Nachbarn stehend, das seltsam aus-
geweitete und zum Bersten mit Leben gefüllte Panorama. Wozu
brauchte der Mann sonst auch ein Fernrohr?
Ironie spaltet immer auf. Sie ist so etwas wie ein schamhaftes
Eingeständnis des Verstandes, der eingesehen hat, daß er nicht
ausreicht, jene Dinge zu erklären, denen keine Schulweisheit
genügt. Weshalb aber verzagen? Man möge doch auszugleichen
versuchen, meint Kubin.
Friedrich Wilh. Blaschke
Bezeichnung der Abbildungen
1. Blick durch das Wunderfernrohr
2. Circe
3. Hexenküche
4. Verliebte Zauberer
5. Behemoth
6. Ein Wirtshaus am Donaustrand
7. Schloß Zwickledt
8. Vampyre
9. Leviathan
10. Der Fang
11. Kameraden
12. Der Mühlteich
13. Die Müllerin