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Karl Ernst Henrici <Berlin> [Hrsg.]
Autographen aus den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst: Nachlaß des Herrn Geheimen Archivrates Dr. Gustav Könnecke, Marburg und anderer Besitz ; Versteigerung: Montag, 22. Feburar 1926, Dienstag, 23. Februar 1926 (Katalog Nr. 107) — Berlin, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.23952#0051
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I. Literatur und Wissenschaft.

41

Schläfer. Wir stürmten durch die Strassen, spannten uns vor die Spritze und
waren die Ersten am Feuer. Solch einen Anblick hab ich noch nie gehabt. Binnen
einer Viertelstunde stand eine Strasse von vierzehn Scheuern in der fürchterlichsten
Gluth. Wir waren mit der Spritze zu tief hineingefahren in die Flammen,
kaum konnten wir es aushalten, endlich waren nur noch zwei, die mir bey der
oberen Stange ziehen halfen. Nach einer Stunde, wo ich fast gebraten war, die
Augen glühten mir wie Kohlen, wurde ich abgelöst und sollte die Wasserreihen
einrichten. Umsonst verschwendete ich meine glänzende Beredtsamkeit, ich
musste ihnen endlich mit ungarischen Flüchen und einigen Rippenstössen zu
Hülfe kommen. Nach drei Stunden verschiedener Arbeit war ich so ermüdet,
dass ich zurückgehen musste. Das Feuer nahm ab. Trotz meinem Eifer habe ich
doch einige göttlich komische Momente aufgefasst. Bürger, die §ich im ersten
Schrecken in der losesten Kleidung auf dem Markt herumtrieben, Mädchen und
Weiber, die aus ganz sicheren Häusern mit alten Töpfen und Stühlen flüchteten,
Faustkämpfe aller Art, und alle Lächerlichkeiten einer kopflosen Menge. Auch
manches Rührende begegnete mir. Ein Mann, der auf seinem Dach kletternd
fürchterlich jammerte, antwortete mir auf meinem Trost, wir würden schon helfen
ein: ,,A da kann nur Gott helfen!“ und als darauf der Wind sich wunder-
bar schnell wendet, rief er mir voll Zuversicht entgegen: „Er hat geholfen!“
„ . . . . Ich hoffe bald in Reih’ und Glied zu stehen, und dann von dem äusseren
Leben geräuschvoll gepackt, in dem innern zu der Art Ruhe zu kommen, die zu
einer klaren Erinnerung gehört. Ich habe unendlich viel Liederträume gehabt,
aber keine Ausführung, keine Ordnung, kein Licht! — “

339 Körner, Theodor, der Dichter der Freiheitskriege; 1791—1813.
Eigh. Brief m. U. (Zobten) am 22. März 1813. 3 Seiten. 40. Mit
Adresse und Siegel.

An dieselbe. Schreibt ihr u. a. über seine äussere Erscheinung als „Krieger“
im Freycorps „ . . . . lassen Sie mich jetzt eine kleine Beschreibung machen, wie
Ihr Freund aussieht. Ein schwarzer kurzer Waffenrock mit rothem Vorstoss,
gleichfarbige Pantalons, ein Tschako, Schuhe und Camaschen bedecken den Körper
nothdürftig. Eine Büchse auf der Seite, Hirschfänger und Pistolen im Gürtel,
Pulverrohr, Feldflasche und Dolch auf der Brust machen die Bewaffnung und
Verproviantierung aus. E. Schnurbart giebt dem Gemählde die letzte militärische
Drucke, das Ränzel und den Mantel auf dem Rücken bezeugen die Sorgsamkeit
des Trägers. So ziehe ich heut aus gen Zobten, wo unser Hauptquartier ist.
In wenig Tagen, vielleicht morgen schon, marschieren wir, und in io Tagen stehen
wir vor dem Feind. — Mein Herz dreht sich gewaltsam um, wo ich nur eine Büchse
blinken sehe. Gott! was ist es für eine grosse herrliche Zeit. Alles geht mit so
freiem stolzen Muth dem grossen Kampf für’s Vaterland entgegen, alles drängt
sich, zuerst für die gute Sache bluten zu können. Es ist nur ein Wille, ein Wunsch
in der ganzen Nation, und das abgenützte: Sieg oder Tod bekömmt eine neue
heilige Bedeutung.“ Dem Briefe ist das folgende Sonnet eingefügt, das Körner
beim Anblick des Grenzadlers aufschrieb:

„Sei mir gegrüsst im Rauschen deiner Flügel! —

Das Herz verheisst nur Sieg in deinem Zeichen!

Durch! edler Aar! Die Wolke muss dir weichen! —

Fleug rächend auf von deiner Todten Hügel.

Das freie Ross gehorcht dem Sclaven Zügel,

Den Glanz der Raute seh ich welk verbleichen,

Der Löwe krümmt sich unter fremden Streichen,

Du nur erhebst mit neuem Muth die Flügel.

Bald werd ich unter deinen Söhnen stehen,

Bald werd ich dich im Kampfe Wiedersehen.

Du wirst voran zum Sturm,- zur Freiheit wehen.

Auktionskatalog Henrici, Berlin W. 35.
 
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