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Manuskripte«
4 CICERO, M. TULLIUS. De oratore. Orator. Brutus. Papierhandschrift italieni-
scher Provenienz, in gleichmässiger humanistischer Minuskel wohl bald nach
1431 geschrieben. Mit fünf grossen rot-blauen Zierinitialen und zahlreichen
einfacher ausgeführten Initialen, abwechselnd rot und blau, mit Schnörkelwerk
in der Gegenfarbe. 142 Bll. (1—5, 5 a, 6—141). Folio. 306 : 214 mm. 600.—
Diese interessante Handschrift erinnert an ein wichtiges Ereignis in der humanistischen
Entdeckungsgeschichte der antiken Autoren. Im Jahre 1421 fand der Bischof Gerardo
Landriani von Lodi im Archiv seiner Kathedrale einen alten Cicero-Codex, den er nicht
lesen konnte und daher nach Mailand an Gasparino Barzizza schickte. Der Codex enthielt
äusser Ciceros Buch De inventione und der Rhetorica ad Herennium, die in zahllosen Hand-
schriften verbreitet waren, die vollständigen Texte zweier Schriften Ciceros, von denen
bisher nur Fragmente vorhanden gewesen waren (De oratore, Orator), und eine weitere
Schrift, die noch völlig unbekannt war, den Brutus; diesen allerdings mit einem kleinen
Defekt am Schluss. Barzizza liess den Codex Laudensis, der später wieder verschollen
ist, abschreiben, und auf diese Kopie gehen direkt oder indirekt sämtliche Handschriften
der drei Werke zurück; vgl. Sabbadini, I codici delle opere rettoriche di Cicerone (Rivista
di filologia XVI, 1888, 97—120). Der vorliegende Codex, der wohl unmittelbar aus Bar-
zizzas Kopie geflossen ist, hat am Schluss die folgenden Notizen. Zunächst die auf Barzizza
selbst oder seinen Kopisten Cosimo Raimondi di Cremona zurückgehende Bemerkung:
, .Deficiunt pauca, non ultra folia duo ad plus, et ut ego coniecturam facio, non ultra co-
lumnam. Plura enim in codice vetustissimo non comperi, ex quo in fine carte recise iniquitate
fortune erant“. Dann nach drei leeren Zeilen:, ,Hec ex preceptore doctissimo domino Gaspa-
rino de Barzicis Pergamensi scripta relicta habentur“. Hieraus ergibt sich also, dass diese
Abschrift nach dem 1431 erfolgten Tode des Barzizza gemacht ist. Hinter diesen beiden
noch vom Textschreiber selbst beigefügten Notizen folgt von anderer Hand: ,,Scripta pro
me Mateum Rhagusio“ (sic). Darunter befindet sich von einer dritten Hand zunächst die
Federprobe: ,,Aurelius illustris ecclesie doctor Augustinus“, dann der z. T. gestrichene
Besitzvermerk: ,,M. T. Ciceronis de oratore über iste est mei Nicolai domini Bartholomei
de Puteo Cremonensis“. Der Orator ist hier, wie häufig, in der Aufschrift fälschlich als
Brutus bezeichnet; der Text des Brutus hat die auch in drei anderen Handschriften vor-
handene, nur durch Absätze und Initialen markierte Kapiteleinteilung, die Barzizza vor-
genommen hat. Am Rande des Codex sind von verschiedenen Lesern einteilende Bemer-
kungen notiert sowie Eigennamen, Termini und Sentenzen aus den Texten herausgeschrieben;
bisweilen hat auch der Schreiber Ausgelassenes nachgetragen. Am unteren Rande von
Bl. 4 r findet sich eine auf den 22. April 1479 datierte Notiz. Von einigen Gebrauchsspuren
und kleinen Flecken abgesehen, ist der Codex gut erhalten; das erste Blatt ist eingerissen
(kein Textverlust).
f. 1 r Cogitanti mihi sepenumero et memoria vetera repetenti . . .
f. 84 v ... curamque laxemus. M. T. C. de oratore ad Quintum fratrem über tertius ex-
plixit. M. T. C. de oratore qui Brutus dicitur liber incipit. Utrum difficillius an maius
esset negare tibi sepius idem roganti . . .
f. 108 v ... imprudentia suscepisse. M. T. C. ad Brutum amicissimum suum explicit. Finis.
f. 109 r Hortensius de Claris oratoribus (von jüngerer Hand zugesetzt). Cum e Cilitia
decedens Rhodum venissem . . .
f. 140 r ... concursatio magis opporturiorum.
f. 140 v folgen die oben mitgeteilten Notizen; Bl. 141 ist leer.
5 FLORUS, P. ANNIUS. Bellorum Romanorum libri duo. — OROSIUS, PAULUS.
Historiarum ad versus paganos libri septem. Papierhandschrift italienischer
Provenienz vom Anfang des XV. Jahrhunderts, in etwas ungelenker Bücher-
kursive auf 2 Kolumnen geschrieben, rubriziert und mit roten Initialen ver-
sehen. 147 Bll. Folio. 305 : 215 mm. Alter Pappband. 300.—
Das Werk des Florus, zur Zeit Hadrians vorwiegend aus Livius kompiliert, ist mehr ein
Panegyrikus auf das römische Volk als eine Geschichte desselben. Die gewöhnliche Ein-
teilung in 2 Bücher findet sich hier nicht. Ausgabe von Jahn und Halm, Leipzig 1854.
Das Geschichtsbuch des spanischen Presbyters Orosius ist auf eine Aufforderung des hl.
Augustinus hin unternommen und sollte eine Ergänzung zu dessen Werk De civitate dei
sein; es bietet einen Abriss der Weltgeschichte bis zum Jahre 417. Krit. Ausgabe von
Zangemeister, Wien 1882 (Corp. script. eccl. lat. V.) — In einzelnen Partien des Bandes
finden sich Randnoten verschiedener Leser. Die letzten Blätter des Florus sind lose; am
Schluss des Orosius eine unvollendete Tabula.
G. Hess, Antiquariat
München, Briennerstrasse 9
Manuskripte«
4 CICERO, M. TULLIUS. De oratore. Orator. Brutus. Papierhandschrift italieni-
scher Provenienz, in gleichmässiger humanistischer Minuskel wohl bald nach
1431 geschrieben. Mit fünf grossen rot-blauen Zierinitialen und zahlreichen
einfacher ausgeführten Initialen, abwechselnd rot und blau, mit Schnörkelwerk
in der Gegenfarbe. 142 Bll. (1—5, 5 a, 6—141). Folio. 306 : 214 mm. 600.—
Diese interessante Handschrift erinnert an ein wichtiges Ereignis in der humanistischen
Entdeckungsgeschichte der antiken Autoren. Im Jahre 1421 fand der Bischof Gerardo
Landriani von Lodi im Archiv seiner Kathedrale einen alten Cicero-Codex, den er nicht
lesen konnte und daher nach Mailand an Gasparino Barzizza schickte. Der Codex enthielt
äusser Ciceros Buch De inventione und der Rhetorica ad Herennium, die in zahllosen Hand-
schriften verbreitet waren, die vollständigen Texte zweier Schriften Ciceros, von denen
bisher nur Fragmente vorhanden gewesen waren (De oratore, Orator), und eine weitere
Schrift, die noch völlig unbekannt war, den Brutus; diesen allerdings mit einem kleinen
Defekt am Schluss. Barzizza liess den Codex Laudensis, der später wieder verschollen
ist, abschreiben, und auf diese Kopie gehen direkt oder indirekt sämtliche Handschriften
der drei Werke zurück; vgl. Sabbadini, I codici delle opere rettoriche di Cicerone (Rivista
di filologia XVI, 1888, 97—120). Der vorliegende Codex, der wohl unmittelbar aus Bar-
zizzas Kopie geflossen ist, hat am Schluss die folgenden Notizen. Zunächst die auf Barzizza
selbst oder seinen Kopisten Cosimo Raimondi di Cremona zurückgehende Bemerkung:
, .Deficiunt pauca, non ultra folia duo ad plus, et ut ego coniecturam facio, non ultra co-
lumnam. Plura enim in codice vetustissimo non comperi, ex quo in fine carte recise iniquitate
fortune erant“. Dann nach drei leeren Zeilen:, ,Hec ex preceptore doctissimo domino Gaspa-
rino de Barzicis Pergamensi scripta relicta habentur“. Hieraus ergibt sich also, dass diese
Abschrift nach dem 1431 erfolgten Tode des Barzizza gemacht ist. Hinter diesen beiden
noch vom Textschreiber selbst beigefügten Notizen folgt von anderer Hand: ,,Scripta pro
me Mateum Rhagusio“ (sic). Darunter befindet sich von einer dritten Hand zunächst die
Federprobe: ,,Aurelius illustris ecclesie doctor Augustinus“, dann der z. T. gestrichene
Besitzvermerk: ,,M. T. Ciceronis de oratore über iste est mei Nicolai domini Bartholomei
de Puteo Cremonensis“. Der Orator ist hier, wie häufig, in der Aufschrift fälschlich als
Brutus bezeichnet; der Text des Brutus hat die auch in drei anderen Handschriften vor-
handene, nur durch Absätze und Initialen markierte Kapiteleinteilung, die Barzizza vor-
genommen hat. Am Rande des Codex sind von verschiedenen Lesern einteilende Bemer-
kungen notiert sowie Eigennamen, Termini und Sentenzen aus den Texten herausgeschrieben;
bisweilen hat auch der Schreiber Ausgelassenes nachgetragen. Am unteren Rande von
Bl. 4 r findet sich eine auf den 22. April 1479 datierte Notiz. Von einigen Gebrauchsspuren
und kleinen Flecken abgesehen, ist der Codex gut erhalten; das erste Blatt ist eingerissen
(kein Textverlust).
f. 1 r Cogitanti mihi sepenumero et memoria vetera repetenti . . .
f. 84 v ... curamque laxemus. M. T. C. de oratore ad Quintum fratrem über tertius ex-
plixit. M. T. C. de oratore qui Brutus dicitur liber incipit. Utrum difficillius an maius
esset negare tibi sepius idem roganti . . .
f. 108 v ... imprudentia suscepisse. M. T. C. ad Brutum amicissimum suum explicit. Finis.
f. 109 r Hortensius de Claris oratoribus (von jüngerer Hand zugesetzt). Cum e Cilitia
decedens Rhodum venissem . . .
f. 140 r ... concursatio magis opporturiorum.
f. 140 v folgen die oben mitgeteilten Notizen; Bl. 141 ist leer.
5 FLORUS, P. ANNIUS. Bellorum Romanorum libri duo. — OROSIUS, PAULUS.
Historiarum ad versus paganos libri septem. Papierhandschrift italienischer
Provenienz vom Anfang des XV. Jahrhunderts, in etwas ungelenker Bücher-
kursive auf 2 Kolumnen geschrieben, rubriziert und mit roten Initialen ver-
sehen. 147 Bll. Folio. 305 : 215 mm. Alter Pappband. 300.—
Das Werk des Florus, zur Zeit Hadrians vorwiegend aus Livius kompiliert, ist mehr ein
Panegyrikus auf das römische Volk als eine Geschichte desselben. Die gewöhnliche Ein-
teilung in 2 Bücher findet sich hier nicht. Ausgabe von Jahn und Halm, Leipzig 1854.
Das Geschichtsbuch des spanischen Presbyters Orosius ist auf eine Aufforderung des hl.
Augustinus hin unternommen und sollte eine Ergänzung zu dessen Werk De civitate dei
sein; es bietet einen Abriss der Weltgeschichte bis zum Jahre 417. Krit. Ausgabe von
Zangemeister, Wien 1882 (Corp. script. eccl. lat. V.) — In einzelnen Partien des Bandes
finden sich Randnoten verschiedener Leser. Die letzten Blätter des Florus sind lose; am
Schluss des Orosius eine unvollendete Tabula.
G. Hess, Antiquariat
München, Briennerstrasse 9