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Karl W. Hiersemann
Katalog (Nr. 121): Die christliche Kunst: eine gedrängte Auswahl der besten Bücher und Kunstleistungen aller christlichen Völker und Zeiten — Leipzig: Karl W. Hiersemann, Buchhändler und Antiquar, 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.60841#0046
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46 Manuscripte des 14., 15. und 16. Jahrhunderts mit Miniaturen.
M. Pf.
mente gehoben. Auf der ersten Seite befindet sich ein Wappen: Das Schild
3theilig, oben 2 goldene Sterne im blauen Felde, unten ein Hahn im blauen
Felde, dazwischen schräg 2 rothe Balken, über dem Schild ein Helm mit blau
und gelben Decken, zwischen dessen blauen Flügeln ein goldenes Löwenhaupt
hervorwächst.
Über die früheren Schicksale des Manuscriptes lässt sich nur ermitteln, dass es zu Aus-
gang des 16. Jahrhunderts im Besitz von Don Gomez Davila, erstem Marquis von
Velada, war, wie aus einem dem Bande beigefügten Originalbriefe vom 26. Juni
1585 hervorgeht. Der Schreiber des Briefes unterzeichnet sich Juan de Osuna
und war Geschäftsträger oder Haushofmeister des Marquis. Seitdem blieb der
Codex auch in Spanien, bis ihn vor einigen Jahren ein Pariser Buchhändler zum
Preise von 10,000 Francs ankaufte.
635 Antiphonarium aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Sehr schöne u.
deutliche latein. Pergament-Handschrift mit grossen gothischen Cha-
racteren und den Musiknoten auf 4 Linien. 120 Blätter klein-4, ge-
schmückt mit künstlerisch schönen Miniaturen aus der Burgundisehsn
Schule, bestehend in 1 blattgrossen Bilde, 8 Vollbordüren mit kleinen
Miniaturen, 1 Vollbordüre ohne Bild, u. 183 grösseren fein gemalten
Initialen, viele kleine Initialen nicht gerechnet. In einem prachtvollen
alten rothen Maroquinbd. m. Goldsehn. u. Schliessen, Rücken u. Decken
sehr reich vergoldet mit Spitzenornamenten in Punktmanier. Auf
den Decken in Runden der Name S. Elisabeth de Laistre; auf dem
Vorsatzblatte von alter Hand geschrieben: Ce present Liure est pour
Lusage des S«- A. et Elisabeth de Laistre. Buch und Einband von
tadelloser Frische. 900 —
Die Miniaturen sind von grosser Schönheit. Das erste grosse Blatt stellt die Madonna
mit dem Kinde auf einem Throne dar, vor ihr knieend eine betende Nonne, da-
hinter stehend ein König mit Lilien auf dem Gewände, im Hintergründe Land-
schaft. Aus der folgenden Bordüre ist ein kleines Stück geschnitten. Dis 8
kleineren Miniaturen sind verschiedene religiöse Darstellungen; auf dem siebenten
Bildchen finden sich wieder die Nonne und der König des ersten Blattes, und
man kann daraus wohl schliessen, dass die Handschrift für eine Dame aus dem
französischen Königshause angefertigt wurde, welche den Schleier nahm. Der
Text ist mit rothen Linien durchzogen.
636 Horae beatae Mariae Virginia. Pergament-Handschrift aus der Mitte
des 15. Jahrhunderts, mit 19 blattgrossen Miniaturen, welche auf
3 Seiten von breiten und sehr reich verzierten Bordüren umgeben
sind; ferner mit 1 kleinen Miniaturbilde, sowie 19 grossen und einer
Menge kleiner gemalter Initialen. 148 beschriebene Blätter in klein-4.
Roth Maroquinbd. mit Goldschnitt. 2500 —
Sehr schöne Handschrift mit prächtiger künstlerischer Ausstattung, ausgeführt in
Frankreich um 1450. Der Text ist lateinisch, am Schlüsse sind angehängt die
„15 joies“ und die „sept requestes“ in französ. Sprache (19 Seiten), und ein 5-
seitiges Gebet an die heil. Jungfrau in französ. Versen. Die Miniaturen in
der Grösse von 10 cm. Höhe und 7 cm. Breite sind meistens auf Goldgrund oder
auf einem zierlich in Schachbrettform gemusterten Grunde ausgeführt. Die kleine
Miniatur unter „Mariae Verkündigung“ stellt einen Affen mit einem Kinde im
Arme dar. Die Bordüren sind breit und voll, mit schönen Rankenornamenten,
viele Goldpuhkte und Goldplättchen dienen als Füllung. An der äusseren Lang-
seite hat das Beschneidemesser des Buchbinders die Bordüren in ihren Aus-
läufern erreicht und einige Goldpunkte angeschnitten; im Uebrigen ist die Hand-
schrift ausgezeichnet erhalten, sehr sauber und von seltener Frische. — Nach
einer alten Notiz auf dem Vorsatzblatte war der Baud im J. 1509 im Besitz von
Claude Loys, Conseiller au Parlement de Dole.
637 Office (le la Vierge. Lateinische Pergament-Handschrift aus dem Ende
des 15. Jahrhunderts, mit 11 grossen Miniaturen, umgeben von breiten
schön ornamentirten Bordüren und einer grossen Menge gemalter Ini-
tialen im Text. 122 beiderseits beschriebene Blätter. kl.-8. Oliv
Maroquinbd. von Derome, mit Goldschnitt und Rücken- und Decken-
vergoldung, auf der Innenseite des Einbandes mit eingepresster
Goldbordüre u. mit Seide doublirt. 1350 —
Ein sehr schönes Erzeugniss der späteren französischen Miniaturmalerei, aus-
gezeichnet sowohl durch die aussergewöhnliche Feinheit und künstlerische Voll-
endung der Miniaturen, wie durch den Reichthum und den feinen Geschmack der
Bordüren, welche die Miniaturen auf 3 Seiten einschliessen. Die Handschrift so-
wie der Einband sind tadellos erhalten.

Karl W. Hiersemann in Leipzig, Königsstrasse 2.

Catalog 121.
 
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