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Dragendorff, Hans [Hrsg.]; Hiller von Gaertringen, Friedrich [Hrsg.]
Thera: Untersuchungen, Vermessungen und Ausgrabungen in den Jahren 1895 - 1902 (Band 2): Theraeische Gräber — Berlin, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.1146#0022
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II. Kapitel. Die Nekropole an der Seilada

die Grube geschaufelt, so daß der Boden oft ganz durchsetzt ist mit den Resten alter Bei-
setzungen. Doch ist eine genügende Zahl unberührt geblieben, um über die Bestattungsweise
Aufschluß zu geben. Man darf wohl sagen, daß die Zerstörung der archaischen Gräber immer
eine zufällige war. Zur Plünderung konnten sie bei dem gänzlichen Fehlen jeder irgend kost-
bareren Beigabe auch wahrlich nicht locken. Daß die späten Skelettgräber häufig tiefer liegen
als die archaischen Brandgräber — eine Thatsache, die auch Ross bei seinen Ausgrabungen
beobachtete - - ist wohl nicht auffallend. Zum Teil mag es auch in der inzwischen erfolgten
Abnahme der Erdschicht seinen Grund haben, durch welche die alten Beisetzungen häufig
nahe an die Oberfläche rückten. Aus der langen Zwischenzeit, vom VI. bis etwa dem II. vor-
christlichen Jahrhundert, haben sich nur wenige vereinzelte Gräber und Inschriften in dem von
uns durchforschten Terrain, namentlich seinem oberen Teile, gefunden. Ganz aufgegeben ist
der Begräbnisplatz auf der Seilada nie gewesen; doch muß der Hauptfriedhof dieser Jahr-
hunderte in einem anderen Teile des Gebietes der Stadt gelegen haben, den wir bisher nicht
gefunden haben. Erst in späthellenistischer Zeit ist man zu unserem Friedhof zurückgekehrt.
Dieser Zeit gehören anscheinend die offen zu Tage liegenden Felsgräber an.
Ausdehnung Wie weit sich diese Nekropole ausdehnt, haben wir noch nicht feststellen können.

Oestlich und westlich geben die Abhänge des Eliasberges und des Messavuno die natürliche
Grenze ab. Auf dem Grate der Sellada selbst habe ich archaische Gräber nicht gefunden. Sie
mögen bei der Anlage der Felsgräber spurlos verschwunden sein. Wenige Meter unterhalb
beginnen sie am südlichen Abhänge und füllen den Raum von dem Wege zum Eliaskloster
bis gegen die Reihe von Felsgräbern hin, die etwa bei der Höhenkurve 220 auf der Karte 5
eingezeichnet ist. Weiter hin war in dieser Richtung die Anlage der Gräber durch den
steilen Absturz und den Mangel an Erde verhindert. Dagegen ziehen sie sich längs des nach
Perissa führenden Weges noch ein ziemlich weites Stück bergab, wie an unserem ersten Aus-
grabungstage konstatiert wurde. Und zwar finden sich auch hier archaische Brand- und späte
Skelettgräber durcheinander gemischt, wie ja auch Ross offenbar hier beide Arten neben-
einander aufgedeckt hat. An dem Nordabhange der Sellada habe ich archaische Gräber nicht
finden könnens). Hier liegt der Bimsstein anscheinend viele Meter dick. Wir haben mehrere
Meter tief in denselben hineingegraben, ohne auch nur eine Scherbe zu finden. Für diese
zunächst sehr auffällige Thatsache, daß die Nordseite des Abhanges so gänzlich der antiken
Reste entbehrt, suche ich vergeblich nach einer natürlichen Erklärung. Mein erster Gedanke
war, daß ein Teil der Bimssteindecke einem der Ausbrüche historischer Zeit entstamme, etwa
dem vom Jahre 726 n. Chr., von welchem Nikephorus und Kedren sprechen; damals wurde das
Meer weithin mit Bimsstein bedeckt. Das scheint nach den Ausführungen Philippsons, die ich
seitdem gelesen habe, nicht möglich zu sein. Er stellt die Einheitlichkeit der Bimssteindecke
fest4). Auch eine zweite Erklärung, auf die ich verfallen bin, befriedigt mich nicht. Philippson
betont die große Rolle, die das Regenwasser in den Lagerungsverhältnissen des Bimssteins
spielt. Allmählich ist die Schicht von den höchsten Punkten herabgeschwemmt, an tieferen
zusammengetragen worden. So fehlt der Bimsstein jetzt auf dem Kamme der Sellada fast ganz.
Der Südabhang der Sellada stellt sich, wie ein Blick auf die Karte zeigt, als ein konvexer Abhang
dar. Auch er ist allmählich abgespült, nur einige höhere Bimssteinklötze sind von den Fluten ver-
schont und in der Mitte stehen geblieben. Sonst ist der Bimsstein teils in die Ebene von Perissa
geschwemmt, teils an die Seiten gegen den Eliasberg und das Messavuno gedrängt, wo er in

3) Der Grabstein des'i^näjcäiup ä^iayixa: (I. G. I. III762),
den schon Ross nach Athen brachte, soll nach An-
gabe des Herrn Seliveros aus Gonia an dem Wege
von der Sellada zur Zoodochos-Quelle gefunden

sein. Woher die Kenntnis stammt, weiß ich nicht.
Leider habe ich das nicht während meines Aufent-
haltes in Thera erfahren.
4) Vergl. Thera I S. 59.
 
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