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Dragendorff, Hans [Hrsg.]; Hiller von Gaertringen, Friedrich [Hrsg.]
Thera: Untersuchungen, Vermessungen und Ausgrabungen in den Jahren 1895 - 1902 (Band 2): Theraeische Gräber — Berlin, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.1146#0244
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234

IV. Kapitel. Die archaischen Thongefäße von Thera

der Peloponnes, andererseits nach den benachbarten Inseln, unter denen besonders Kreta greifbar
hervortritt. Seit dem VIII. Jahrhundert haben wir den Import protokorinthischer Vasen, die,
wie bemerkt, in sehr alten Exemplaren auftreten. Mit der theräischen Amphora 45 (I. Stil)
fand sich im Grab 52 eine altprotokorinthische Lekythos. Auch die „trözenische" Amphora
(S. 188) kann gut noch dem VIII. Jahrhundert angehören; denn das ganze Grab 64 ist wohl
früh zu datieren. Neben halslosen Amphoren kommt hier eines der feinen Kännchen, die
S. 179 behandelt sind, vor. Im Grab 84 fanden sich neben der theräischen Amphora II. Stiles
die zwei Kannen des östlichen geometrischen Stiles. Diese beiden Sorten von Kännchen treten
nebeneinander auch in dem von Schiff gefundenen Grabe auf. Sie vertreten, wie oben an-
genommen ist, den Import der östlichen Inseln. Dazu kommen die sicher kretischen Vasen,
welche gerade nach den Funden in Thera sich als nicht besonders alt, etwa dem ausgehenden
VIII. und dem Beginn des VII. Jahrhunderts angehörig ausweisen. Alte Beziehungen sowohl
zur Peloponnes (Argolis, Lakonien, Epidauros) wie auch zu Kreta sind von Hiller auch in
Schrift, Staatswesen und Kultus nachgewiesen228).

In diese Zeit fällt nun auch schon die aus dem Wechsel der Dekorationsweise er-
schlossene Beeinflussung des theräischen Handwerkes durch fremde Metallwaren. Deren
Heimat ist zur Zeit leider noch nicht genauer zu fixieren.

Der weitere Verlauf des VII. Jahrhunderts bringt dann eine bedeutende Steigerung des
Verkehres. Die alten Beziehungen bleiben bestehen. Die protokorinthische Ware, zu der jetzt
auch korinthische kommt, ist in allen Abstufungen zahlreich vertreten. Ebenso dauert der Import
der östlich-geometrischen Kannen fort. Die beiden eben genannten Gattungen finden sich neben-
einander auch noch im Grab 17. Daneben treten dann neu die Amphoren auf, welche ich oben
Euböa zuzuschreiben versucht habe, und zwar so zahlreich, daß wir einen geregelten dauernden
Import annehmen dürfen. Vor allem aber tritt nun auch schon der Osten bedeutsam hervor.
Die in den theräischen Stil eindringenden orientalisierenden Elemente habe ich auf importierte
ostgriechische Metallware zurückgeführt. Es ist interessant, daß gerade die II. Stufe des
theräischen Alphabetes, welche ich dem VII. Jahrhundert zugeschrieben habe, ebenfalls deutlich
jonische Einflüsse zeigt229). Es ist die Zeit des Aufblühens der großen jonischen Handelsstädte,
die ihre Spuren auch in Thera hinterlassen hat. Im Gefolge des ostgriechischen Importes beginnt
nun allmählich auch die Einfuhr sicher ostgriechischer Vasen. Rhodisch-geometrische Schalen
treten auf. Sie lehren uns zugleich, daß in Rhodos gerade so gut wie in Thera der geometrische
Stil sich, wenn auch mit manchen fremden Beimischungen, bis tief ins VII. Jahrhundert hinein
erhalten hat, die Masse der dort gefundenen milesischen und samischen Vasen somit erst der
zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts angehört. In demselben Grabe 17, das eine rhodisch-
geometrische Schale enthielt, fand sich dann eine echt jonische Trinkschale; endlich beginnt
auch milesischer Import. Dieselben Handelsstädte, welche am Ende des VII. und Anfang des
VI. Jahrhunderts die Pflanzstädte Unterägyptens und Italiens mit Wein u. s. w. versorgten,
haben auch nach Thera hin gehandelt, wie die gefundenen Vorratsgefäße lehren. Jonische
Parfümerien kamen in Originalverpackung nach Thera und traten in Konkurrenz mit der
Ware, welche Korinth auf den Markt brachte. Auch einzelne Gefäße aus grauem und
schwarzem Thon wurden in dieser Zeit eingeführt. Sie fanden sich auch stets mit jüngeren
theräischen Gefäßen zusammen. Im großen und ganzen wird all dieser jonische Vasenimport
erst dem Ende des VII. und dem VI. Jahrhundert angehören. Denn in den Gräbern, welche
noch gute bemalte theräische Vasen enthalten, fanden sich weder milesische Scherben, noch
jonische Terrakotten, noch Reliefgefäße mit orientalisierenden Ornamenten. Die hierhin gehörigen

228) Thera I 144.

22") xhera I a. a. O. 29.
 
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