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Antiquariat Emil Hirsch [Hrsg.]
Bibliothek Max Kirdorf †: Pressen- und Vorzugsdrucke, Ashendene-, Bremer, Doves-, Eragny-, Ernst Ludwig-, Kelmscott-, Vale-Pressen, Hundertdrucke, Insel, Zilverdistel und anderes mehr; Versteigerung: 25. Februar 1929 — München, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.32190#0009
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ES hat seine psychologischen Reize, einen Menschen nach der Art und dem
Wesen seiner Bibliothek zu beurteilen. „Sage mir, welche Bücher Du Dein
Eigen nennst und ich will Dir sagen, wer Du bist.“ Von diesem Gesichtspunkte
ausgehend, dürfen wir getrost sagen, daß Max Kirdorf, der einstige Besitzer
der nunmehr zur Versteigerung gelangenden Schätze, ein Mann war, der her-
vorragenden Sinn für das Gute und Schöne hatte. Nicht nur die Schönheit der
Typographie, sondern auch die Güte des zum Drucke verwendeten Materials
waren bestimmend für den Erwerb eines Buches. Diese Liebe zum schönen
Buche, in der er von seiner, dem alten Sammlergeschlecht der Suermondt ent-
stammenden Gattin wärmstens unterstützt wurde, veranlaßten ihn, in den Jahren
1914—1919 an die Schaffung einer eigenen Presse zu denken, bis dann im letz-
teren Jahre die „Eginhard-Presse“ ins Leben gerufen wurde, die bei kleinen Auf-
lagen Mustergültiges geschaffen hat. Aber auch das Äußere der Bücher lag ihm
am Herzen; die zahlreichen prächtigen Einbände in Maroquin, Leder und Per-
gament aus den Werkstätten der Doves-Bindery in London, Carl Sonntag in
Leipzig, L. Dudik in Aachen und anderer mehr legen Zeugnis ab von dem guten
Geschmack des Vorbesitzers.

Wie sehr Max Kirdorf darauf bedacht war, wirklich nur Erstklassiges in
seine Sammlung aufzunehmen, möge das nachstehende Vorkommnis beweisen.
Vor einer Reihe von Jahren erwarb er von mir die aus 14 Blättern bestehende
Lolge von Piranesi’s Carceri in der ersten Ausgabe. Geraume Zeit später drückte
er mir sein Erstaunen darüber aus, daß ich, zu dem er ein so großes Vertrauen
habe, ihm diese Folge von nur 14 Blättern als vollständig verkauft habe,
während sie doch 16 Blätter umfasse. Ich erwiderte ihm, daß er wohl seine
Kenntnisse aus Naglers Künstlerlexikon geschöpft habe, der allerdings, da ihm
die erste Ausgabe, um 1745 erschienen, unbekannt gewesen sei, nur die nach
1760 publizierte, um 2 Tafeln vermehrte und auch mit einem anderen Titel
versehene (2.) Ausgabe erwähne. Beweis: Giesecke, Giovanni Battista Piranesi
(Meister der Graphik, Band VI) Seite 114. Nach wenigen Monaten ein zweites
mißvergnügtes Schreiben, in dem er zum Ausdruck bringt, daß es ihm sehr
peinlich sei, mir mitteilen zu müssen, daß ein Kenner die „Carceri“ als Neudrucke
bezeichnet habe. Ich antwortete darauf, er möge diesem „Kenner“ getrost in
meinem Namen sagen, daß er von der Materie nichts verstehe und ich seinem
Gewährsmann eine Wette proponiere, indem ich mich verpflichte, falls die
Folge aus Neudrucken bestehe, RM. 1000.— zu bezahlen, wohingegen er mir nur
RM. 10.— zu zahlen habe, wenn es, wie ich behaupte, alte Drucke seien. Der
leicht durchzuführende Beweis ließ die Gegenseite von der Austragung der
Wette absehen, und Max Kirdorfs Vertrauen zu mir wurde nicht mehr erschiittert.

Wenn auch die Bibliothek als Ganzes betrachtet ein ehrendes Zeugnis fiir
den guten Geschmack Max Kirdorfs ablegt, so sei mir doch gestattet auf einzelne
wichtige und wertvolle Stücke besonders hinzuweisen. Bei. der Gruppe der
„A s h e n d e n e P r e s s“ finden wir den prachtvollen Groß-Folio Dante
(Nr. 4) und dieaufPergamentgedruckteQuart-Ausgabe desselben
Dichters mit den handgemalten Initialen (Nr. 5). Die „B r e m e r P r e s s e“

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