Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ron besonder« Bestinimungen abhängig ist. 119
pfindungen oder Betrachtungen anöieten, die er auf der geräuschvollen Bühne der
Welt nicht findet. Hie und da können über den frey liegenden Gräbern zerstreute
Gruppen tmuern, oder kleines Gesträuch mit stillem Mitleiden über den weißen Stein
hinhängen. In den Gruppen können einsame Sitze am Fuß der Graber stehen, und
das Auge plötzlich auf eine überraschende Inschrift fallen lassen.
Bedeckte Hallen mit weinenden Bildern des Schmerzes in halb oder ganz er-
habener Arbeit^ oder mit kurzen rührenden Inschriften, oder mr'5 erhabenen lehren
an den umher wandelnden Sterblichen; Trauergebäude, *) Todkenkapellm, Sitze der
Melancholie, **) Denkmäler, ***) die sich hier Haufen, und daher eine große Man-
mchfaltigkeit der Erfindung fordern, gehören zu den Verzierungen eines großen mit
Geschmack angelegten Begräbnißplahes. Sie können sich bald in den düstern Bezirk
schattenreicher Pfianzungen verschließen, bald an der plötzlichen Wendung eines dun-
keln Gcnrges überraschen, bald zwischen den Gruppen hin in der Ferne erscheinen, und
das zweifelnde Auge zu sich rufen. Doch darf kein Monument entblößt und frey in
seinem vollen lichte da stehen; es muß sich halb hinter dem Schleyer eines Baums zu
verbergen suchen, oder, von irgend einem Gesträuch beschattet, in einer kleinen Däm-
merung zu schlummern scheinen. Diese Semen sind hier einer großen malerischen An-
ordnung fähig. Die lichter und Schatten fallen hier zwischen den dunkeln Pflanzun-
gen und den weißen Steinen der Grabmaler starker, und können zu außerordentlichen-
und lebhaft überraschenden Wirkungen vertheilt werden. Das Ganze muß ein großes»,
ernstes, düsteres und feyerliches Gemälde darstellen, das nichts Schauerhaftes, nichts
Schreckliches hat, aber doch die Einbildungskraft erschüttert, und Zugleich das Herz
in eine Bewegung von mitleidigen, zärtlichen und sanstmelancholischen Gefühlen
versetzt.
Sollte ein öffentlicher Begräbnißplatz, in diesem Geschmack veredelt, nicht eine
verdienstliche Anlage bey Residenzen und andern großen Städten, nicht eine lehrreiche
Schule für alle Klassen von Bürgern, nicht ein unterhaltender Spaziergang für den
Weisen, nicht ein erwünschter Zufluchtsort der nachwemenden liebe seyn.
Die allem feind, womit sich Menschen trösten,
Der Stille hold, worinn sie sich verschließt.
Und nie vergnügt, als wenn ihr Leid am grössten,
In Lhranen frey und unbchorcht zerfließt? f)
Achter
*) S. zten B. S. 56 und 57. ***) S. gten B. S. 139 u. s. W»
S- 4ten B. S. f) v. Haller.
 
Annotationen