Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hirschfelder, Dagmar
Tronie und Porträt in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts — Berlin: Mann, 2008

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47555#0025
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zum aktuellen Stand der Forschuni

21

Werke Rembrandts und Lievens’ als auch für ent-
sprechende Bilder der Schüler, Enkelschüler und
Nachfolger Rembrandts durchsetzte.52 Unter den seit
Beginn der neunziger Jahre erschienenen Publikati-
onen sind einige Beiträge der Rembrandt-Forschung
hervorzuheben, die sich ausführlicher mit Tronien be-
schäftigen:
Jaap van der Veen fasst in seinem 1997 erschie-
nenen Aufsatz mit dem Titel »Faces from Life: Tro-
nies and Portraits in Rembrandt’s Painted GEuvre«
prägnant zusammen, welche Art von Bildern die ak-
tuelle Rembrandt-Forschung als Tronien beurteilt.53
Zudem finden sich bei van der Veen Angaben zum
Umfang der Tronieproduktion Rembrandts und
seiner Schüler sowie zu den Preisen der Bilder. Der
Essay ist als Gegenüberstellung von Rembrandts
Tronien und seinen Porträts konzipiert. Allerdings
behandelt der Autor weder die Abgrenzungsschwie-
rigkeiten zwischen den Bildformen noch gegensei-
tige Beeinflussungen.
Als weiterer wichtiger Beitrag zur Tronie-For-
schung der jüngeren Zeit ist der bereits erwähnte Aus-
stellungskatalog zu den Selbstbildnissen Rembrandts
zu nennen.54 Vor allem Ernst van de Weterings darin
veröffentlichte Untersuchung zur »mehrfachen Funk-
tion von Rembrandts Selbstporträts«55 ist in unserem
Zusammenhang von besonderem Interesse, da sich
der Beitrag mit der Schnittstelle zwischen Künstler-
bzw. Selbstbildnis und Tronie befasst.56
Die Rezeption der von Rembrandt und Lievens
erfundenen Tronien durch andere Künstler ist The-
ma in Aufsätzen von Roelof van Straten, Huub de
52 Vgl. u. a. Sumowski 1983-1994, Bd. 2, S. 999,1286,1287,1434,
Bd. 3, S. 1765, 1767; Kat. Basel 1987, Kat. Nr. 79, S. 210f.,
Kat. Nr. 81, S. 218f.; Sluijter 1988b, S. 35; Kat. Leiden 1988,
Kat. Nr. 24-26, S. 132-135; Sluijter 1989, S. 295, 304, Anm.
39; Kat. Amsterdam 1989/90, Kat. Nr. 15, S. 86-88; Kat.
Braunschweig 1992, S. 13, 73-78; B. Broos in Kat. Den
Haag / San Francisco 1990/91, Kat. Nr. 39, S. 318-321; Kat.
Leiden 1991, S. 98-101; Kat. Lyon 1991, Kat. Nr. 39, S. 121;
Schatborn 1991, S. 75f.; Kat. Berlin / Amsterdam / London
1991/92a, Kat. Nr. 7, S. 142; Huys Janssen 1992, S. 25-27;
Kat. Den Haag 1992, Kat. Nr. 13, S. 146-149, Kat. Nr. 21,
S. 178-181, Kat. Nr. 22, S. 182-185, Kat. Nr. 24, S. 194-197;
Döring 1993/94, S. 23f.; Kat. Braunschweig 1993/94, Kat.
Nr. 5, 6, S. 108-111; Kobayashi-Sato 1994; Raupp 1995a,
Kat. Nr. 52, S. 136; Raupp 1995b, S. 13f.; Gutbrod 1996, S.
194, Anm. 30; Kat. Amsterdam 1996, bes. Kat. Nr. 6-1 lb, S.
51-64; Blankert 1997/98a, S. 42; Blankert 1997/98b, S. 202;
Kat. Melbourne / Canberra 1997/98, Kat. Nr. 1, S. 84, Kat.
Nr. 34, S. 216-219; Kat. Nr. 35, S. 220; Kat. Hannover 2000,
Kat. Nr. 42, S. 136; Baer 2000/01, S. 33f., S. 47f., Anm. 85-88;

Vries und Franziska Gottwald.57 Van Straten weist
den Gebrauch gemalter und gedruckter Tronien von
Rembrandt und Lievens als Vorlagen für >Bilder im
Bild< in zwei Stillleben des Simon Luttichhuys nach.
De Vries untersucht die Bedeutungsverschiebungen
in der zeitgenössischen Interpretation der Figuren
auf Reproduktionsgraphiken, die im 17. Jahrhundert
nach Tronien Rembrandts und seines Kreises herge-
stellt wurden. Beide Aufsätze behandeln eine spezi-
elle Art der Verwendung von Tronien, ohne dabei al-
lerdings auf das Phänomen >Tronie< als solches näher
einzugehen. Gottwald beschäftigt sich mit radierten
Tronien Rembrandts, die Sebastian Stoskopff und
Johan de Cordua in ihren Stillleben reproduzierten.
Durch die Integration in die Gemälde werde den
Tronien einerseits eine spezifische Bedeutung zuge-
wiesen, andererseits fungierten sie als ergänzender
Kommentar der Stillleben. Es gelingt Gottwald zu
zeigen, dass die Tronien meist als visuelle Manifes-
tationen von Gemütszuständen eingesetzt werden
oder aber als Zeichen für die besondere Kunstfertig-
keit ihres Schöpfers und damit sogar als Sinnbild für
die Kunst als solche.
Im jüngsten Ausstellungskatalog zu Rembrandts
Frühwerk legt Bernhard Schnackenburg eine aus-
führliche Untersuchung zur rauen Manier des jungen
Rembrandt vor, in die er auch die frühen Tronien des
Meisters sowie Tronien von Jan Lievens einbezieht.58
Der Autor unterscheidet zwischen »Ausdruckstro-
nien« und »Kostümtronien«.59 Allerdings lässt sich
diese Differenzierung mit dem Bildbefund nur be-
dingt überein bringen, wie weiter unten zu zeigen
Kat. Boston 2000/01, Kat. Nr. 8, S. 101, Kat. Nr. 17, S. 121;
Westermann 2000/01, S. 42, 45; Bikker 2005, S. 29-31; Kat.
Edinburgh / London 2001, Kat. Nr. 19, S. 88, Kat. Nr. 21, S.
92, Kat. Nr. 25, S. 98; T. Rassieur in Kat. Boston / Chicago
2003/04, Kat. Nr. 28-34, S. 92-100; Dickey 2004, S. 20-22;
Duparc 2004/05, S. 48-50; Vogelaar 2005/06, S. 17-20;
Kat. Leiden 2005/06, passim; Jongh 2005/06, S. 58; Kat.
Amsterdam / Berlin 2006, passim; Kelch 2006, S. 214f.; Kat.
Den Haag / Washington 2005/06, passim; Straten 2006, S.
58, 155f., 180-185, 189-191, passim; Veen 2006, passim; Kat.
New York 2007, Bd. 2, S. 562.
53 Veen 1997/98, bes. S. 71-73.
54 Kat. London / Den Haag 1999/2000.
55 Wetering 1999/2000. Der Autor wiederholt und ergänzt die
hier entwickelten Thesen im vierten Band des Rembrandt-
Corpus, Wetering 2005b, S. 132-144.
56 Vgl. hierzu ausführlich unten, Kap. II.3.4, S. 111-113.
57 Straten 1992; Vries 1995; Gottwald 2006.
58 Schnackenburg 2001/02.
59 Schnackenburg 2001/02, S. 112.
 
Annotationen