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Hölscher, Uvo
Das Grabdenkmal des Königs Chephren — Leipzig, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.26793#0035
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i6

Das Grabdenkmal des Königs Chephren.

Säulenvorhalle wird übernommen, Architekturformen wie das Hohlkehlengesims und der Rund-
stab werden hinzugefügt usw., wie es die Abusir-Ausgrabungen gelehrt haben.

Hier bei unserem Torbau gibt es noch nichts der Art, sondern nur die denkbar ein-
fachste Außenform. Dabei wirkt aber dieser Bau ungeheuer imposant durch die Wucht
seiner Erscheinung und die Kostbarkeit des Materials. Alles was man sieht, außen und
innen, besteht aus rotem, geschliffenem Granit von Assuan und geschliffenem Alabaster1. Bei
keinem anderen ägyptischen Bauwerk ist ein derartiger Luxus bekannt.

Betrachten wir nun die Fassade im einzelnen, wie sie Abb. 5 rekonstruiert zeigt.
Zwei mächtige Portale, links und rechts fast an den Ecken des Torbaus, einfache Öff-
nungen, die nur von den großen Königsinschriften
umrahmt sind. Vor jedem Tore liegen zwei große
Sphinxe, die den Eingang bewachen. In der
Mitte der Fassade steht ein verhältnismäßig
zierlicher Pavillon, ein offener Naos, der wohl
nach drei (?) Seiten durch Gitter geschlossen war
und nach vorne sich mit Flügeltüren öffnete.
Darin mag wohl das Bildnis des großen Erbauers
gestanden haben.

Welch ein imposantes Bild bietet die Fassade
dieses „Granittempels“! Zeigt hier der alte Archi-
tekt seine Fähigkeiten nicht in glänzendem Lichte?
Mutet es uns nicht ganz modern an, wie er es
verstanden hat, durch den kleinen Pavillon den
Maßstab für die schlichte, gewaltige Granitwand
zu geben, wie er den fehlenden Schmuck an
architektonischen Gliederungen durch dekorative
Figuren ersetzt?

Zwei Tore hat der Torbau, eines an der
nördlichen und eines an der südlichen Ecke. Wahr-
scheinlich liegt die Ursache dafür in der Stellung
des Königs als Beherrschers der beiden geeinigten
Länder, des Nordreichs und des Südreichs, für
deren jedes ein besonderes Tor vorgesehen ist. Dieselbe Zweiteilung ist ja auch bei der
Palastfassade bekannt, die man immer mit zwei Toren darstellt, und in der hieroglyphischen
Schreibweise setzt man (^) hinter „Palast“ das Determinativ von zwei „Häusern“9. So müssen
wir auch in der doppelten Anlage des Haupttores des Grabdenkmals den Einfluß alter staats-
rechtlicher Ideen sehen. Später, schon in der V. Dynastie, verschwindet diese Doppelteilung
bei dem Eingang.

Von den Inschriften, die die Tore umrahmen, ist leider nur das untere Ende erhalten
(Abb. 7 und 8). An dem Nordtore steht:

„.von der Bastet geliebt, ewig lebend“.

1) Das in Ägypten überall als Alabaster bezeichnete Material ist nicht schwefelsaurer Kalk, sondern eine besonders
feingeaderte, durchscheinende Art von kohlensaurem Kalk.

2) Vergl. Breasted, Gesch. Ägyptens, S. 76.

Abb. 6. Nördlicher Eingang des Torbaus, heutiger Zu-
stand. (Auf dem granitenen Eckquader ist der Rest der
das Portal umrahmenden Inschrift erhalten. Im Hinter-
gründe die Spitze der Pyramide des Chephren.
 
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