Funktionale Raumtypen - Die Hofstube
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2. Die Hofstube
Neben den Wohnappartements war nach Ausweis des Baubestandes und der
Schriftquellen die Hofstube6'6 als heizbarer Alltagsspeise- und Versamm-
lungsraum des Hofgefolges, teilweise auch der Schloßherrschaft, ein unver-
zichtbarer Raum eines größeren Schlosses im späten 15. und im 16. Jahrhun-
dert. In jeder der untersuchten mitteldeutschen Schloßanlagen läßt sich
mindestens eine Hofstube nachweisen, während große Residenzen wie das
Torgauer Schloß sogar mehrere Hofstuben besitzen konnten. Durchgängiges
Merkmal dieser Räume war neben ihrer zum Teil beträchtlichen Grundfläche
das Vorhandensein des namensgebenden Hinterladerofens.
Die Funktion der Hofstuben als Alltagsspeiseraum belegen die seit dem spä-
ten 15. Jahrhundert einsetzenden Hofordnungen. Als Ort der allgemeinen Zu-
sammenkunft bestand in bezug auf die Hofstuben besonders viel Regelungs-
bedarf, und sie sind deshalb in fast jeder Hofordnung ausführlich behandelt.
Im Prinzip wurde die Hofstube landesherrlicher Residenzen für die beiden
täglichen Hauptmahlzeiten der Hofangehörigen verwendet. Gegen Ende des
15. Jahrhunderts scheinen zumindest die männlichen Angehörigen6'7 deut-
scher Höfe noch gemeinsam dort ihre Tafel abgehalten zu haben, während im
Laufe des 16. Jahrhunderts auch in Deutschland ein weiter unten zu beschrei-
bender und nachzuweisender Prozeß einsetzte, in dessen Verlauf sich die
Herrschaft in separate Tafelstuben zurückzog. Die verhältnismäßig wenigen
überlieferten Hofordnungen aus der Zeit vor 1500 gingen noch von gemein-
samen Mahlzeiten der Schloßbewohner aus. So rechnete die um 1470/80
entstandene Hofordnung für die Dresdener Hofhaltung des Herzogs von
Sachsen noch mit der Anwesenheit aller Schloßbewohner in der Hofstube, da
Der (hochdeutsche) Begriff taucht nach Hähnel erst um 1500 in den Quellen auf und
wird dann in den hier betrachteten mitteldeutschen Inventaren durchgehend benutzt
(Hähnel 1975, S. 341 f.). Äquivalent benutzt wurden die Begriff „Hofdomse“ (im nie-
derdeutschen Sprachraum, z. B. im Schweriner Schloß) und „Tümitz“ in Süddeutsch-
land. Ob diese Bezeichnungen aber auch jeweils eine Ofenheizung des Raumes, das
konstituierende Element der Hofstube des 16. Jahrhunderts, implizieren, läßt sich aus
dem Bedeutungsfeld der älteren Begriffe nicht mit Sicherheit schließen. (Vgl. Artikel
„Domse“ in RDK IV). Im folgenden wird durchgehend der Begriff „Hofstube“ für den
täglich genutzten, ofenbeheizten Speise- und Versammlungsraum eines Schloßkomple-
xes verwendet.
Für die Bewohnerinnen des „Frauenzimmers“ war, wie oben für das alte Berliner
Schloß nachgewiesen, manchmal schon früh ein separater Tafelraum vorhanden; in an-
deren Fällen gehen die Hofordnungen aber von der Anwesenheit der Herrin in der
Hofstube aus (s. u. die Jülich-Berger Ordnung von 1479).
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2. Die Hofstube
Neben den Wohnappartements war nach Ausweis des Baubestandes und der
Schriftquellen die Hofstube6'6 als heizbarer Alltagsspeise- und Versamm-
lungsraum des Hofgefolges, teilweise auch der Schloßherrschaft, ein unver-
zichtbarer Raum eines größeren Schlosses im späten 15. und im 16. Jahrhun-
dert. In jeder der untersuchten mitteldeutschen Schloßanlagen läßt sich
mindestens eine Hofstube nachweisen, während große Residenzen wie das
Torgauer Schloß sogar mehrere Hofstuben besitzen konnten. Durchgängiges
Merkmal dieser Räume war neben ihrer zum Teil beträchtlichen Grundfläche
das Vorhandensein des namensgebenden Hinterladerofens.
Die Funktion der Hofstuben als Alltagsspeiseraum belegen die seit dem spä-
ten 15. Jahrhundert einsetzenden Hofordnungen. Als Ort der allgemeinen Zu-
sammenkunft bestand in bezug auf die Hofstuben besonders viel Regelungs-
bedarf, und sie sind deshalb in fast jeder Hofordnung ausführlich behandelt.
Im Prinzip wurde die Hofstube landesherrlicher Residenzen für die beiden
täglichen Hauptmahlzeiten der Hofangehörigen verwendet. Gegen Ende des
15. Jahrhunderts scheinen zumindest die männlichen Angehörigen6'7 deut-
scher Höfe noch gemeinsam dort ihre Tafel abgehalten zu haben, während im
Laufe des 16. Jahrhunderts auch in Deutschland ein weiter unten zu beschrei-
bender und nachzuweisender Prozeß einsetzte, in dessen Verlauf sich die
Herrschaft in separate Tafelstuben zurückzog. Die verhältnismäßig wenigen
überlieferten Hofordnungen aus der Zeit vor 1500 gingen noch von gemein-
samen Mahlzeiten der Schloßbewohner aus. So rechnete die um 1470/80
entstandene Hofordnung für die Dresdener Hofhaltung des Herzogs von
Sachsen noch mit der Anwesenheit aller Schloßbewohner in der Hofstube, da
Der (hochdeutsche) Begriff taucht nach Hähnel erst um 1500 in den Quellen auf und
wird dann in den hier betrachteten mitteldeutschen Inventaren durchgehend benutzt
(Hähnel 1975, S. 341 f.). Äquivalent benutzt wurden die Begriff „Hofdomse“ (im nie-
derdeutschen Sprachraum, z. B. im Schweriner Schloß) und „Tümitz“ in Süddeutsch-
land. Ob diese Bezeichnungen aber auch jeweils eine Ofenheizung des Raumes, das
konstituierende Element der Hofstube des 16. Jahrhunderts, implizieren, läßt sich aus
dem Bedeutungsfeld der älteren Begriffe nicht mit Sicherheit schließen. (Vgl. Artikel
„Domse“ in RDK IV). Im folgenden wird durchgehend der Begriff „Hofstube“ für den
täglich genutzten, ofenbeheizten Speise- und Versammlungsraum eines Schloßkomple-
xes verwendet.
Für die Bewohnerinnen des „Frauenzimmers“ war, wie oben für das alte Berliner
Schloß nachgewiesen, manchmal schon früh ein separater Tafelraum vorhanden; in an-
deren Fällen gehen die Hofordnungen aber von der Anwesenheit der Herrin in der
Hofstube aus (s. u. die Jülich-Berger Ordnung von 1479).