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Druck das Gefäß erwachsen. (Hierzu vgl. die instruktiven Ab-
bildungen bei Richter, Craft, p. 7— 8). Aber ein Versuch es dem
Handwerker nachzutun, belehrt ihn rasch, daß auch zur Her-
stellung des einfachsten Gefäßes auf der Scheibe ein nicht
rasch zu erwerbendes Werkgeschick gehört und er wird
dann erst richtig die außerordentliche Handwerksleistung
einschätzen, die sich in den Formen der attischen Gefäße
darbietet und die bis heute durch keine Töpfertechnik anderer
Kulturen übertroffen, ja kaum erreicht ist. Die Sicherheit
des griechischen Formgefühls ist die aesthetische Grundlage
für die Ausbildung einer ausgezeichneten Handwerkstechnik.
Die Eigenwilligkeit dieses Formgefühls, die im Handwerk
durch gesteigerte Beherrschung von Werkzeug und Werk-
stoff zur Gestaltung eines Formideals zu gelangen sucht,
das nicht einseitiger Materialbedingtheit unterworfen ist,
führt zu der gelegentlichen, modernem Empfinden oft wider-
strebenden Uebernahme der in einer bestimmten Material-
technik ausgebildeten Form in einen anderen Materialbereich,
in diesem Fall aus der toreutischen in die keramische
Technik1). Die Uebernahme metalltechnischer Formen in
die Keramik mag aesthetisch unterschiedlich bewertet werden,
für die Entwicklung der keramischen Handwerkstechnik stellt
sie einen Antrieb dar. Es liegt in der Natur des Treibens
und Hämmerns von Metallgefäßen, nicht des Drehens von
Tongefäßen, einzelne Teile von einander in scharfem, oft
spitzem Winkel abzusetzen, ihnen ein reich und scharfkantig
gegliedertes Profil zu geben. Die Uebernahme der Metall-
gefäßformen und zwar auch ihrer Details in die Keramik mußte
darum in den attischen Töpferwerkstätten, deren häufigste und
wichtigste Formen gerade das toreutische Vorbild verraten,
zu einer besonderen Vervollkommnung der Drehtechnik
führen.
Zusammensetzung aus einzelnen Teilen.
Die erste Differenzierung des Drehprozesses bedeutet das
Drehen des Gefäßkörpers in einzelnen Teilen. (Vgl. hierzu
Richter, Craft, Abb. 21—22). Gedacht ist hier weniger an
die Zusammensetzung der großen Gefäße, der Pithoi2),
deren Aufbau aus einzelnen Wandungsringen durch die
*) Vgl. hierzu Pfuhl 1, S. 281, § 289, wo die Formen des Nikostenes
als stärkster Ausdruck dieser Tendenz kritisiert werden.
2) Daß diese großen Vorratsgefäße nicht in einem Zug auf der
Drehscheibe entstanden sein konnten ist ohne Weiteres verständlich.
Bei der Herstellung bediente man sich eines aus Holz zusammeneefügten
Kernes, eines Kannabos, um den ein Tonmantel gelegt wurde, nach
dessen Erhärtung der Holzkern wieder entnommen werden konnte. Vgl.
die bei Jahn S. B. 1854, S. 42 ff. zusammengestellten literarischen Belege;
ebda. ist die Verwendung eines Kannabos wie eben beschrieben ange-
zweifelt. Dagegen richtig Blümner II, S. 42, Anm. 3.

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