Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Posse, Hans
Der römische Maler Andrea Sacchi: ein Beitrag zur Geschichte der klassizistischen Bewegung im Barock — Italienische Forschungen, Neue Folge, Band 1: Leipzig, 1925

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34605#0068
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
50

KARTONS FÜR DIE KUPPELZWICKEL INS. PIETRO

Stellungen des hl. Thomas von Aquino mit Petrus und Paulus und des
hl. johannes von Damaskus, dem die Madonna die abgeschlagene Hand
heilt, während die Heiligen Bonaventura (1629) und Cyrillus (Schluß-
Zahlung vom 9. Oktober 1632) auf Lanfrancos Vorlagen zurückgehen. Wie
aus den Rechnungsbüchern der Fabbrica ersichtlich ist, hat Sacchi An-
fang 1630 mit der Arbeit an den Rartons begonnen, und zwar entstand
als erster der des hl. Thomas (vier Zahlungen von je 50 scudi vom
1. Februar bis 6. September 1630), der bereits im folgenden Jahr durch
Calandra in Mosaik gesetzt worden ist. Für den Rarton des hl. Johannes
von Damaskus hat der Maler am 16. Dezember 1631 die ,,caparra" von
50 scudi empfangen, erst unter dem 8. Hovember 1634 aber sind wieder
50 und unter dem 12. Mai 1635 die Restzahlung von 100 scudi gebucht.
Am 20. Dezember desselben jahres erhält Calandra die Bezahlung für das
fertige Mosaik auch dieses Zwickels^). Zwei Originalkartons, Sacchis
hl. Thomas von Aquino und Lanfrancos hl. Bonaventura, befinden sich noch
heute zusammen mit dem hl. Leo und dem hl. Bernhard von Clairvaux,
die für die gegenüberliegende Rapelle des Erzengels Michael als Vorlagen
gedient haben, im großen Saal des Palazzo Barberini. Die Ropfstudie des
hl. Cyriil von Lanfranco vermachte Calandra 1640 testamentarisch zusammen
mit der Ropfstudie eines nicht näher bezeichneten Heiligen von Sacchis
Hand seinem Freunde Stefano Petrucci ,,in segno di benevolenza-)".
Der Vergleich der Originalarbeiten Lanfrancos und Sacchis, den man
wohl um seiner künstlerischen Beziehungen zu Lanfranco willen zum Mit-
arbeiter des bei solchen Aufgaben bereits erprobten älteren Meisters ge-
wählt hat, ist lehrreich. Lanfrancos „hl. Bonaventura" fährt jäh empor,
so daß sein Scheitel den oberen Rand der Bildfläche berührt, die weit
ausladende Bewegung scheint über die vorgetäuschte Steinnische des
Zwickels herauszudrängen. Laute dekorativ wirksame Farben, starke Ron-
traste, lebhaft bewegte Engelkinder erhöhen die Unruhe und den Ein-
druck des plötzlichen Auffahrens in göttlicher Inspiration. Lanfrancos be-
wegte Ronzeption entsprach den zeitgemäßen Forderungen, denn auch
Domenichinos erst wenige Jahre früher (1628) enthüllte Ruppelzwicke! von
S. Andrea della Valle zeigen ebenso wie seine Zwicke! in S. Carlo ai
0 Archivio della Fabbrica di S. Pietro: Libro de manuali 1630 per t.o 1641; Liste
di spese dal' anno 1624 al 1632, carte sciolte und Saldaconti o libro delli artisti dal 1642
al 1662. — Archivio di Stato: Fabbriche, ricevute dei manifattori della Fabbrica di S Pietro
1628—31. — Die Flaler empfingen 200 scudi für jeden ßarton.
-) A. Bertolotti, Artisti subalpini in Roma, 202.
 
Annotationen