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Posse, Hans
Der römische Maler Andrea Sacchi: ein Beitrag zur Geschichte der klassizistischen Bewegung im Barock — Italienische Forschungen, Neue Folge, Band 1: Leipzig, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.34605#0176
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SACCmS BEZIEHUNGEN ZUR MODERNEN KUNST

eine eigene erfinderische Kraft und Großzügigkeit: „par nato pei grande".
Mit den Bahnbrechern der jungen römischen Generation verbinden ihn da-
mals nahe künstlerische Beziehungen: mit Pietro da Cortona, der ihn zum
Mitarbeiter wählt, mit Gio. Lorenzo Bernini, dessen Aufsehen erregende
Frühwerke mit ihrer Grazie und Reinheit der Formen, der klaren schwung-
vollen Bewegung und der stofflichen Behandlung der Oberfläche ganz nach
dem Sinne des Malers gewesen sein müssen, wie noch die Reminiszenz
an des Bildhauers Marmorgruppe von „Apollo und Daphne*' in Sacchis
Zeichnung für des Padre Ferrari Publikation von 1644 (Abb.22) bezeugt.
Erst später scheinen, ebenso wie im Falle Cortonas, neben persönlichen
Enttäuschungen künstlerische Gegensätze eine Entfremdung herbeigeführt
zu haben. Außer Domenichino steht ihm unter den älteren Meistern damals
Giovanni Lanfranco nahe mit seiner großen vereinfachten Auffassung der
Deckenbilder als „quadri riportati", der kontrastreichen, auf warmem Braun
basierenden Helldunkelbehandlung seiner Altargemälde, ihrer malerischen
Breite und der schönen maßvollen Farbigkeit (colore temperato fra la grazia
e la vivezza, Bellori). Das schlanke Mittelmaß der Gestalten Sacchis, ihr
wirkungsvoller Kontur und der einfache, dennoch flüssige Gewandstil nähern
sich Lanfrancos Formauffassung, dessen „reinen" Stil der Draperie Bellori
den Künstlern als Vorbild empfohlen hat. Verwandte koloristische, auf Weiß
als Grundfarbe beruhende Wirkungen wie Sacchi im „hl. Romuald" hatte schon
Lanfranco in seinen Mönchsdarstellungen erstrebt. Mit seinen durch ein
reiches Lichtspiel und breite kräftige Licht- und Schattenkontraste wirken-
den Ölgemälden schlägt dieser auch die Brücke zur caravaggesken Richtung
in Rom. Zu dem genialsten Anreger der Seicentomalerei, zu Carravaggio
selbst, mußten Sacchi, wenn auch unter gewissen bezeichnenden Vor-
behalten, seine Achtung vor dem „Naturale", seine Sachlichkeit und Wahr-
haftigkeit, sein Gefühl für Eindringlichkeit des Ausdrucks und der drama-
tischen Handlung führen. Noch später haben in Bologna, wie Malvasia be-
richtet, die Werke Leonello Spadas, des ehemaligen Genossen Caravaggios,
Sacchis Bewunderung erregt. Die Reise durch Oberitalien hat zunächst vor
allem diese Eindrücke verstärkt, wie Sacchis Arbeiten um 1640 erkennen
lassen.
Doch wie man schon in Annibale Carraccis römischen Werken den
glücklichen Ausgleich zwischen den malerischen Grundsätzen Oberitaliens
und den klassischen Forderungen Roms, d. h. mit der Kunst Raffaels,
Michelangelos und der Antike, begrüßt hat, so besteht auch bei Sacchi,
dem geborenen Römer und Albanischüler, bei aller Empfänglichkeit für die
 
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