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Posse, Hans
Der römische Maler Andrea Sacchi: ein Beitrag zur Geschichte der klassizistischen Bewegung im Barock — Italienische Forschungen, Neue Folge, Band 1: Leipzig, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.34605#0178
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ZUSAMMENHÄNGE MIT DER KLASStSCHENTRADtHON

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modernen Ideen die Neigung, diese Bestrebungen durch eine strengere Ge-
sinnung zu regulieren, auf die Meister der vergangenen Generation, die
Mittier zwischen Hochrenaissance und Barock, zurückzugreifen. Maier wie
Barocci, Cigoii, Lodovico Carracci oder Muziano ziehen ihn an. in einem
Fall hat ihm sogar ein äiterer Bildhauer wie Nicolö Cordieri ais Vorbild
gedient. Man spürt die Hinneigung zur kiassisch-römischen Kunst, zu
Raffaels edlen, monumentalen Gestalten und Kompositionen. Denn auch
an Baroccis Kunst mag ihn außer der reizvollen Koloristik nicht zuletzt die
Verwandtschaft mit Raffael gelockt haben. Und wie Barocci hat vor allem
Lanfranco, den Beilori als würdigen Fortsetzer des correggesken Stils („Ge-
burt Christi" bei den Cappuccini) anerkennt, dem römischen Maler den
Hinweis auf den anderen Hochrenaissancemeister geboten, der bald neben
Raffael und Tizian zu einem der Hauptvorbilder des klassizistischen Eklek-
tizismus geworden ist, auf Correggio. Denn nicht des jüngeren Lombarden
Caravaggio kontrastreiche Lichtbehandlung und seine formalen Grundsätze
haben schließlich auf Sacchis Entwicklung seit der oberitalienischen Reise
den stärksten Einfluß geübt, sondern Correggios mildere Helldunkelbehand-
lung und seine reichere sensitivere Koloristik. Wie schon der „Transito di
S. Anna" läßt noch sein letztes Werk über dem Hauptaltar von S. Giu-
seppe a Capo le Case diese Wirkung Correggios erkennen, die sich von
Sacchi auf seinen Schüler Maratti vererbt hat.
jene Tendenz des Ausgleichs zwischen ober- und mittelitalienischen,
zwischen den modernen und den klassischen Problemen, der die Schule von
Bologna ihre europäische Wirkung verdankt, beherrscht auch das Schaffen
des Albanischülers. Mitten im Aufschwung barocker Fülle und Kompliziert-
heit entsteht wie ein Musterbeispiel jener Forderung der Anti-Cortonesken
im Akademiedisput von S. Luca Sacchis Freskogemälde der „Divina Sa-
pienza" im Palazzo Barberini: knapp, übersichtlich und geschlossen im
Aufbau, leuchtend in reicher Lokalfarbe, klar in der Durchbildung der Ein-
zelfigur und ihrer ausdrucksvollen Beseelung. Bezeichnend ist die Bemer-
kung eines unparteiischen Forestiere wie Sandrarts über dieses Werk, daß
nämlich „die Tiefsinnigkeit und Zeichnung des Künstlers höher als das
Colorit und Gemälde geachtet worden". Denn Sacchi rechnet nicht mit
der Wirkung der großen bewegten Massen „alle macchie", und gegenüber
der modernen Forderung perspektivischer Realistik des Gesamtbildes übt
er um der klaren Erscheinung der Einzelfigur willen äußerste Zurückhal-
tung. ln der Frage der Figurenzahl konnte er sich auf die durch seinen
Lehrer Albani überlieferte Anschauung Annibale Carraccis berufen: daß
 
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