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Illustrierte Welt : vereinigt mit Buch für alle: ill. Familienzeitung — 2.1854

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Nr. 34
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https://doi.org/10.11588/diglit.62065#0280
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272

Die Illustrirte Welt.

Füße in den weichen und warmen Umschlag gehüllt.
So sich wie ein treuer Seladon an die Füße der Schönen
anschmiegend, begann der Orientale seine europäische Lauf-
bahn ; später stieg er -— stieg bis zu der schlanken Taille,
zu dem Herzen der, zu deren Füßen er anfangs gelegen.
Napoleon verhalf nach seiner Rückkehr aus Egypten seinem
Zeitgenossen zu dieser Stellung. Im Harem des Morgen-
landes, wohin der Sieger, wie überall, vorgedrungen war,
hatte er die wahre Bestimmung des Shawls kennen lernen,
an jenem herrlichen Orte aber seiner Gemahlin, der lie-
benswürdigen Josephine, gedacht. Er war ein Muster von
einem Ehemann! Als er nach dem schönen Frankreich zu-
rückkehrte, legre er die geschmackvolle orientalische Beute,
eine Auswahl hübscher Caschemirs, nicht zu ihren Füßen,
sondern um ihre Schultern. Dies hübsche Beispiel fand
Nachahmung, doch nicht sehr häufige, da es in Frankreich
nicht viele so galante Ehemänner gab, die, wie Napoleon,
sich nach Egypten einschifften, um neben andern Geschäften
Einkäufe von Shawls zu machen.
Josephine war bereits Kaiserin und suchte die Casche-
mir-Shawls in Aufnahme zu bringe». Aber daß sie
später ein so unentbehrlicher und mit Sehnsucht erwarteter
Modeartikel wurden, verdanken sie nicht der Kaiserin, son-
dern einem welthistorischen Ereignisse. Wie dies ging,
glauben wir in einem Buch vou Lady Morgan, dieser früher
berühmten Schriftstellerin, gefunden zu haben.
Es war an jenem Abend (24. Dec. 1800), als
die bekannte Höllenmaschine dem Leben und der Thätig-
kcit des Konsuls Napoleon Bonaparte ein Ende machen

wollte. Er und seine Gemahlin Josephine waren gerade
im Begriff, in den Wagen zu steigen, als General Rapp
eine höchst preiswürdige Kenntniß an den Tag legte, indem
er sagte: „Madame, erlauben Sie mir dre Bemerkung, daß
Ihr Shawl nicht mit der Ihnen sonst eigenen Anmuth
umgeworfen scheint."
Josephine lachte und erlaubte dem galanten General,
den Shawl nach der Sitte der egyptischen Frauen umzule-
gen, wodurch die hübschen Falten in schöne Ordnung
kamen. Diese improvisirte Toilette veranlaßte einen kleinen
Aufenthalt, und die Höllenmaschine zersprang zu bald und
ohne Resultat. -— So wurde durch General Rapps Galan-
terie nicht allein ein Ereigniß verhindert, das Europa ein
anderes Aussehen gegeben hätte, sondern es wurde auch
im Reich der Mode eme neue Epoche hervorgerufen;
denn eine solche bildeten von diesem Augenblicke die Casche-
mirs in der Damenwelt.

Prao von Achcm.
Die Stadt Achem liegt auf der Nordseite von Su-
matra. Ehemals war sie sehr blühend und rüstete große
Expeditionen gegen die Portugiesen aus. Ihre alte Er-
fahrung zur See dient ihr heute nur noch beim Fischfang
und bei der Küstenfahrt. Die kleinen Schiffe, deren sich die
Seeleute bedienen, unterscheiden sich durch einige besondere
Einzelnheiteu. Sie taugen ganz besonders für die Meere,
die sie durchkreuzen, und die mit Inseln übersäet sind,


zwischen welchen schmale und winkliche Wasserstraßen durch-
führen. Ihre Seiten sind stark und die Planken sehr
dick; der Kiel ist gerade und wenig aufgebogen; das
„lebendige Werk" (der im Wasser liegende Thetl des
Schiffes, den Theil über dem Wasser nennt man
„todtes Werk"), das gewöhnlich weiß ist, endigt in eine
Sente, die oben geschnitzt ist; das Deck dehnt sich bis zum
Fockmast aus. Am Hintertheil ist gewöhnlich eine Koje,
mit Matten von Palmriet bedeckt. Das Innere ist durch
Querscheidewände getrennt. Zwei Räder befinden sich

außen am Hintertheil. Die Pravs wenden nur das Ruder
an, das unter dem Winde ist. Das Mastcnwerk wird von
Wänden aus Palmriet gehalten, die in Klammern laufen,
welche an der Schiffsverkleidung befestigt sind. Jeder der
beiden Masten ist von einem Pflock durchschnitten, um ihn
herablassen zu können. Die Segel sind aus Wollzeug.
Die Klüver sind bei den Malaien allgemein im Gebrauch-
Die Anker bestehen aus Holz. Die Praos segeln rasch,
nehmen große Ladungen an Bord und haben Steinböller.
Die Schifferboote sind sehr plump, aber solid.
 
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