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Illustrierte Welt : vereinigt mit Buch für alle: ill. Familienzeitung — 33.1885

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Illustrirte Welt.

Er fühlte zum ersten Male das Bedürfnis, in diesem
Paradiese zu ruhen. Seine Muskeln, seine Nerven ver-
loren ihre Spannung, in wollüstiger Unthätigkeit streckte er
sich aus den Divan und — verschlief den Morgen. Ihm
genügte das Bewußtsein, im Paradiese zu sein. Und erst,
als die Sonne niedergehend ihre Glühlichter gegen die
Schneewände der Sierra Nevada warf und sein Gemach
mit feurigem Glanz erfüllte, erhob er sich mit seltsam traum-
schweren Sinnen.
Ihn riefen wunderbare Melodieen. Guitarre und
Kastagnettenschlag drangen aus dem Garten herauf, und
wieder wie am Morgen sah er die Maja in kurzer Bas-
quina und Mantille, den Majo in weißem Beinkleid, rother
Schärpe und der mit silbernen Nesteln gezierten Ealessera,
den Sombrero Eolanes auf dem kecken dunklen Haupt; er
sah die Milizianos in voller Uniform hier oben die Abend-
kühle suchen und sich in den Fondas umher hinter die
Becher des rothen Valdepenas setzen. Und endlich sah er,
hörte er, wie sich vor seinen Augen im Garten die Qua-
drille entwickelte, wie die Maja die Kastagnetten aus der
Tasche der Basquina zog, der Majo ihr gegenübertrat und
beim Guitarrespiel eines blinden Improvisators der Tanz
begann.
Drüben vor ihm etablirte sich auch eine Gesellschaft
junger, heißblütiger Grandensöhne um die weißgedeckten
Tische; Lust und Lachen schallte von da herüber; sie sangen
ihre Volkslieder, begleiteten sie mit Stöcken auf den Tischen
und den Tellern, auf Guitarren und aus der Küche ge-
holten Kasserolen in einem Uebermuth, dessen nur die an-
dalusische Jugend fähig, und endlich erschien unter großem
Jubel auch eine Zigeunerquadrille von Denen, die da drüben
auf dem Albaicin wohnten. Die braunen Dirnen mit den
zum Theil noch unverkennbar maurischen Gesichtern schüt-
telten ihre kurzen Basquinen, klapperten den Fandango,
den Bolero, den Zapateado mit ihren Kastagnetten; Tam-
bourine schallten darein, und die Blinden sangen gottlose
Improvisationen von der Liebe und den Freuden, die sie
spende.
Endlich erschienen auch zwei dieser braunen Dirnen, be-
gleitet von einigen jungen Granden, deren weißgeborene.
Rosse im Hintergründe im Grase waideten, vor Wolf's
Balkon, der bereits lange der Gegenstand ihrer Aufmerk-
samkeit gewesen, um nach dem Gebote der spanischen Gast-
freundschaft den „Extrangero", den Fremden, zu ihrem
Souper zu laden, und Wolf, der sich überrascht in sein
Zimmer zurückzog, sah alsbald die ganze Quadrille in
dasselbe dringen, die ihn triumphirend unter Guitarren- und
Kastagnettenklang in den Garten hinab führte.
Wolf hörte von den Lippen der sich vorstellenden jungen
Männer die edelsten Namen des spanischen Adels, er sah
sich in der besten Gesellschaft; und bewirthet mit Erdbeeren,
Orangen, Champagner und Gefrorenem, angeblitzt von den
feurigen Augen der Gitanas, verlebte er, anfangs ge-
zwungen, dann aber, von den heißen Weinen und der Freude
der Anderen mit fortgerissen, unter dieser Jugend eine tolle
Nacht, die damit endete, daß die wilde Gesellschaft das
ganze Gedeck der Tafel klirrend in die Schlucht des
Alhambrawalles hinabschleuderte, denn fo wollte es die
E (Fortsetzung folgt.»

Weinlese bei Diüszeg in Ungarn.
Skizze
von
Marius Hecht.
(Bild S. 20.)

Tas Flüßchen Er zieht sich wie ein silberner Faden durch
die mit Weinpflanzungen bedeckten sonnigen Hügelketten des
Komitates Bihar, um sich dann in die fischreiche Berettyo, einem
Nebenfluß der Theiß, zu ergießen. Nach der Er wird diese ganze
Weingegend Ermellok (an der Er) genannt.
Ter Unter-Ermellek zunächst ist die Bahnstation Groß-Wardein,
der Mitiel-Ermellek Mihälyfalva, der Ober-Ermellek Groß-Karoly,
zu welchen Stationen die Weine auf Wagen zugeführt werden.
Tiefe Bahnstationen sind jedoch nicht zugleich die Hauptsitze des
Weinhandels der Ergegend, letztere sind Tasnäd für die Ober-,
sMlyhid für die Mittel- und Diäszeg für die Unter-Ermellök.
Ter Ort Dioszeg wird deßwegen zumeist genannt, weil sich
wer das ausgedehnte Weingut des Grasen Franz von Zichy
denndet, der seinen Dioszeg-Bakatorweinen die Schätzung aller
Kenner errungen hat.
Wesentlich hat hiezu dessen langjähriger Kellermeister Franz
°us seiner rheinischen Heimat ein
reiches fachmännisches Witzen mitgebracht, welches gegenwärtig der
gelammten ungarischen Weinproduktion dient und nützt. Die un-
gamche Regierung hat nämlich unter Kremer's Oberleitung einen
^entralmufierkeller in Budapest errichtet mit der Aufgabe, tüchtige
Kellerm-tster h-ranzubild-n, Weine aus allen Gegenden Ungarns
bis zur Flafchenretse zu manipuliren, deren chemische Analysen,
low-e andere für Produzenten und Konsumenten wichtige Daten
zu »ammeln und di- Flaschenweine mit der Marke der Produzenten
unter Garanlre Les Handelsministeriums für Reif- und Echtheit
dem Konsum zu übergeben. - In der Ermellök werden circa zehn
-uraub-n,orten m gemilchten Sätzen gebaut, von denen die b-lieb-
- - Bakatortraube von (lungan-) rother Farbe und die
^d-itraub- sind. Wegender Spätreife dieser beiden Sorten
erfolgt die Weinlese m der zweiten Hälfte des Oktober
In guten Jahrgängen werden die Bakatortrauben von den
anderen abgesondert gelesen und aus ihnen der bouguetreiche
Bakatorwem erzeugt. Ter Erdeitraubenwein entwickelt sein volles
Aroma erst nach 5 bis 6 Jahren, dann gehört er zu den her-

vorragendsten Spezialitäten der ungarischen weißen Bratenweine.
— Die übrigen Sorten werden zusammen geherbstet und liefern
einen sehr gesuchten Tischwein, der in Ungarn feiner angenehmen
Säure wegen als lieblicher und labender Trunk geschätzt wird.
Er wird sehr häufig mit Mineralwasser getrunken.
Das Absatzgebiet desselben sind die Städte und Gegenden von
Tebreczin, SzenteS, H. M. Väsarhely, Szegedin rc. — Weinhändler
aus Wien, Budapest und Großwardein besuchen die Ergegend.
Nach der Lese ist hier reges Leben, besonders wenn sich die
Preise nicht zu hoch, etwa 7 bis 9 Gulden per Hektoliter bewegen.
Die Weinlese wird in der Ergegend festlich begangen. Zigeuner-
musikanten durchziehen die Weinberge, und welcher Ungar sieht sie
nicht gern, die braunen Gesellen, von denen er singt:
„Trüg' ich des Ungarlandcs Kron',
Zigeuner wären meine Garden,
Und singend tanzten um den Thron
Die Winzermädchen, meine Barden."
Am Tage wird bei den Klängen der Musik gearbeitet, während
der Weinbergbesitzer sich mit seiner Familie und seinen Gästen
am süßen Moste gütlich thut; nach Feierabend spielen die Zigeuner
zum Csardastanze auf, dem Alles huldigt. Der Most der Bakator-
traube hat 20 bis 22 Prozent, jener der gemischten Sorten
16 bis 19 Prozent. Die Gastfreundschaft der Ungarn überschreitet
während der Weinlese jeden Begriff; ohne Einladung ist für Jeder-
mann die Thüre geöffnet, dadurch entsteht in vielen Weingärten
ein lebhaftes, buntes Treiben; Gäste, Kinder und Arbeiter geben
sich schrankenlos dem Genüsse duftender Trauben und süßen Saftes
hin. In den Weingärten der Ergegend befinden sich neben den
kühlen Felsenkellern Preßhäuser mit Wohnung und geräumiger
Küche; hier siedelt sich während der Weinlese die Familie des
Besitzers an-
Wie wir auf unserem Bilde sehen, werden die Trauben nach
altherkömmlichem Gebrauche getreten. Zumeist werden sie zu diesem
Behufs in Tretfäcke gefüllt, die aus Bindfaden (Spagat) vom
Landvolke der Ergegend gewebt werden. Der Most läuft direkt
in's Faß ab, die Säcke werden nochmals einer primitiven Pressung
unterzogen; aus den Trestern wird Branntwein bereitet.
Seit neuerer Zeit hat sich hier die Traubenmühle Eingang
verschafft, auch findet man schon bessere Weinpressen. Die mittelst
Traubenmühle aufgearbeiteten Trauben liefern Weine von reinereni
Geschmack und feinerem Aroma, daher dieselben auch besser bezahlt
werden. In dieser Richtung hat der obengenannte Landeskeller-
meister Franz Kremer bahnbrechend bei Len Produzenten der
Ermellek gewirkt.
Die Traube, ihre Ernte und ihr Saft sind in dem Weinlande
Ungarn nicht ohne Eindruck auf die Gemüther der Poeten ge-
blieben. In schwungvollen Versen gedenken ihrer die Petöfi,
Vörösmarthy und Andere. Aber es hieße oftmals Gehörtes wieder-
holen, wollten wir die klassisch schönen Verse hier anführen!
Wir beschränken uns daher auf die „Komische Weinlese" des
Michael Tompa.
Der Dichter führt uns in das Stübchen des Studenten Jonas,
— so genannt, weil er einst studirte — ein recht wackerer Mann,
aber behaftet mit dem Hang zur Poesie. Zwei Themata drücken
ihn besonders, das Lied von der Liebe und vom Wein. Die
Gegenstände dieser anstrengenden Arbeit waren Dorchen, des
Nachbars hübsche Tochter, und Jonas' eigener Weingarten. Aber
weder die Angebetete, noch den Weinberg sah er seit Jahresfrist,
so sehr hat er sich in seine Reime eingesponnen. Er schreibt und
schreibt immer wieder, während es draußen auf den Straßen
lebendig wird. Lärm, Musik, Gesang tönen an sein Ohr, und er
springt auf. „Ha!" ruft er, „die Weinlesezeit ist da!" und ladet
einen großen Kübel auf den Schiebkarren, dieses schwere Fuhrwerk
auf dem Wege der Berglehne entlang immer höher hinaufrollend,
dorthin, wo des Weinliedes Sinn gedeiht. Aber welch' ein
trauriger Anblick bietet sich ihm da, bis an den Hals reichen ihm
die Greifer und Disteln. Als hätten Dachs, Wiesel und Fuchs
ihm das Grundstück abgekaust, fo frei haben sie darin ihre Quar-
tiere aufgeschlagen.
In Höhlen und Grabhügel haben sie das Erdreich vertieft
und aufgeworfen. Jonas schaut und schweigt — denn in Worte
bricht nur der Ungebildete aus! Wenn ihm ein Leid widerfährt,
würgt er's hinab und legt seines Herzens Wehmuth in fchwer-
müthige Verse nieder. Schon will er philosophisch den Rückzug
antreten, da ruft ihm eine wohlbekannte Stimme aus dem Garten
des Nachbars zu. Dorchen ist's. . . welches Glück! Und welcher
Schlag zugleich: denn sie ist bereits verheirathet! ... Jonas
steht La wie ein armer Sünder, und die wohlbekannte Stimme
sticht sein gefühlvolles Herz wie eine Brennnessel. Schön Dorchen,
jetzt Frau Dorothea, ruft ihm schelmisch zu:
„Tas «hat die Feder, nun ist's aus
Mit Lese und mit Hochzeitsschmaus.
Ja, weil Sie immer schrieben — schrieben,
Anstalt zu leben und zu lieben."

Die Ärmbrilstslsttlhm in Mmkerg.
Von
Alfons Löffler.
lBild S. 13.)
Einer jener merkwürdigen Gebräuche, die, verbunden mit den
altersgrauen Mauem entschwundener Jahrhunderte, Nürnberg den
Stempel des Interessanten aufdrücken und einen kräftigen Hauch
germanischen Volkscharakters in sich bergen, ist ohne Zweifel das
wenig bekannte Armbrustschießen, das sich seit Jahrhunderten bis
zur Jetztzeit erhalten hat. Ein Anklang an die Vergangenheit,
hat dieses Schießen etwas von jener Romantik behalten, die man
in der Nürnberger Architektur wahrnimmt, etwas, das an Giebel-
fensterchen und Erker erinnert, aus denen vor grauen Zeiten ein
anmuthiges Btlrgerkind dem Sohne des Nachbarn ein Kußhändchen
zuwars und fürchtete, der gestrenge Vater, der ehrsame Zunft-
meister, möchte dieß haarsträubende Vergehen seines Töchterleins
wahrgenommen haben.
Etwas Naives und zugleich Reizendes ist in den allwöchentlichen
Versammlungen, und das Naive war von jeher schön, wenn eS
sich mit Geist paarte. Der Geist, der die Nürnberger Bogen-
schützen belebt, badet sich allerdings viel im Bier, dock erhöht dieses

Reizmittel nur die angenehmen Stunden, die tief unten in dem
Festungsgraben, dem sogenannten „Schneppergraben", verbracht
werden. Nur an besonderen Festtagen tragen die Mitglieder alt-
deutsche Kostüme, dann erscheinen die ehrbaren Frauen und Mägde-
lein mit Puffenärmeln, Gretchentäschchen u. s. w., um den stolzen
Siegern den Preis zu überreichen. Wer solchem Tage beiwohnt,
wird stets ein liebliches Andenken im Herzen bewahren! — —
Der Schießplatz befindet sich unten in dem Graben; nicht weit
davon entfernt ragt die alte Burg empor; die Felsen der Stadt-
mauer sind mit Moos und Gesträuch überwuchert, und in dem
alten Gestein sieht man die drohenden Schießscharten der unter-
irdischen Gänge, die sich rings um die Stadt ziehen.
Inmitten des romantischen Platzes ist eine etwa 90 Fuß hohe
Stange angebracht, auf der horizontal ein hölzerner, etwas plumper
Doppeladler ruht. Jeder Schütze erhält seine Nummer und wartet,
bis die Reihe an ihn kommt. Alsdann wird die Armbrust, meistens
werden aber alte, werthvolle Exemplare benützt, schräge auf einen
Holzpfeiler gestellt und vermittelst einer Hebelvorrichtung gespannt.
Der Schütze stellt sich einige Schritte vom Fuß der Stange auf
und muß seine Tüchtigkeit an dem hölzernen Ungethüm droben
probiren. Die schweren Bolzen schmettern Stücke von dem Adler
herunter und Knaben beeilen sich, sie den betreffenden Schützen
zu überbringen, wobei die possirlichsten Späße vorkommen. Ist
der Adler gänzlich heruntergeschossen, so werden die Holzstücke jedes
Einzelnen gewogen und Derjenige ist Sieger, welcher das größte
Gewicht aufzuweisen hat. Tie Preise bestehen gewöhnlich in Geld;
bei Festen jedoch wird den Damen das Vergnügen »erstattet, dem
stärkeren Geschlechte holde Gaben zu überreichen.
Das Bild stellt eines dieser Feste dar. An der Stange steht
ein Bogenschütze, im Begriff, den Pfeil zu versenden. Der Knabe
an der Gruppe rechts bringt dem Vorgänger, der triumphirend
die Komplimente seiner beiden heiteren Freunde empfängt, die
Siegestrophäe, die aus einem Stück des Adlerflügels besteht. An-
muthige Kellnermädchen sorgen für kühlenden Trunk und der
Ritter vorne links hebt seinen Maßkrug von deni Faß, um einen
Zug daraus zu thun, der eines alten Germanen würdig gewesen
wäre. An verschiedenen Stellen haben sich Gruppen gebildet, die
aus Gästen und Mitgliedern bestehen. Liebliche Mädchengcstalten
wechseln ab mit Jünglingen, Männern, Frauen, Greisen. Auf
allen Gesichtern liegt die Freude des Tages; die Sonne beleuchtet
das rege Treiben und die alte Burg steht wie ein schirmendes
Bollwerk hoch droben, als fei sie ein Schutz für die Nachkommen
der guten alten Meistersinger und ein Hort für Nürnbergs Frieden.

Gras Eberüarll ller ErlaMte vor Keivricü VII.
»Bild S. 17.)
Es geht ein heroischer Zug von Unbeugsamkeit und trotziger
Mannheit durch das Geschlecht der württembergischen Herrscher,
wie sie uns aus dem Rahmen der mittelalterlichen Geschichte cnt-
gegentreten. Tie Reihe der gewaltigen, streitbaren Eberharde,
denen Württemberg so Vieles zu verdanken hat, wurde von Graf
Eberhard dem Erlauchten eröffnet, bei welchem die erwähnten
Charakterzüge noch in ihrer ganzen Kraft, man möchte sagen
urwüchsigen Wildheit zum Ausdruck kamen. Dieser streitbare
Herr, welcher von seiner Feste Württemberg aus Schwaben in
ein Heerlager verwandelte und besonders die schwäbischen Reichs-
städte brandschatzte und befehdete, trug auch keine Scheu vor einem
Konflikt mit Kaiser und Reich, wenn es galt, seinen selbstherr-
lichen Willen durchzusetzen. Ließ beweist sein Auftreten gegen
König Heinrich VII., ajs er sich auf dem Reichstag von Speyer
gegen die schweren Anklagen der schwäbischen Reichsstädte verant-
worten sollte. Weit entfernt, seinen herrischen Sinn vor dem
obersten Richter, der Majestät, zu beugen, erschien der trotzige
Landvogt Württembergs mit einem so zahlreichen kriegerischen
Gefolge, daß man einen Gewaltstreich befürchtete, und bot dem
Könige in der Reichsversammlung die Stirne. Diesen Moment
des sich aufbäumendcn Vasallentrotz^s, den wir in der Geschichte
unserer Vergangenheit sich leider so oft wiederholen sehen, hat
Joseph Gegenbauer, der geniale Historienmaler Württembergs, in
einem die große Situation in fesselnder Weise wiedergebenden Bilde
dargestellt, das wir den Lesern von „Illustrirte Welt" im Holz-
schnitte darbieten. Wir entnehmen dasselbe einer Reihe von Fresken
im königlichen Schloß zu Stuttgart, die Gegenbauer im Auftrage
König Wilhelm'? von Württemberg ausführte und welche neuer-
dings durch schöne Aufnahmen des Hosphotographen Jacob in
Stuttgart reproduzirt worden sind. Auf dem Throne sitzt der edle
Herrscher in königlichem Schmuck, umgeben von den Großwürdcn-
trägern des Reiches, mit dem Finger auf die Anklageschrift
deutend, die der Reichsmarschall entrollt hat, und Gehorsam von
dem Widerspenstigen fordernd. Ihm gegenüber steht die recken-
hafte, kriegerische Gestalt Eberhard'?, die eine Hand am Griff des
Schwertes, die andere in trotzig abwehrender Bewegung gegen den
König erhoben, ein trefflich charakterisirtes Bild starren Trotzes,
das sich von dem Lüstern Hintergründe und Len finster blickenden
Geharnischten in hellster Beleuchtung effektvoll abhebt. Alle
Augen der Versammlung sind in aufflammcnder Entrüstung auf
den rebellischen Vasallen gerichtet, und so wird dieser so recht eigentlich
zum Mittelpunkt der großartigen und fesselnden Komposition.

Starnmöuchvers.
Wohl geht der Jugend Sehnen
Nach manchem schönen Traum,
Mit Ungestüm und Thränen
Stürmt sie den Himmelsraum.
Der Himmel hört ihr Flehen,
Und lächelt gnädig „Nein"!
Und läßt vorübergehen
Den Wunsch und auch die Pein.
Uhland.
 
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