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Aus Leidenschaft.

Roman
von
Weinhold Hrlmann.

Fünftes Kapitel.

OKAie Margarete während der kurzen sechs Wochen
ihres Brautstandes mehr als einmal die Em-
pfindung gehabt hatte, alles, was sie zu er-
leben glaube, sei in Wahrheit nur ein seltsamer Traum,
so fühlte sie sich auch heute, am Morgen ihres Hoch-

zeitstages, versucht, an der Wirklichkeit dessen zu
zweiseln, was mit ihr und um sie her geschah.
In dem kleinen, beinahe ärmlich möblierten Hinter-
zimmer der Bahrendorsschen Wohnung, das sie wäh-
rend der letzten Wochen wieder, wie in der ersten Zeit
nach des Vaters Tode, gemeinsam mit Jenny bewohnt
hatte, war sie von der Schwester und Tante mit dem
Brautstaat geschmückt worden, von dem sie noch gestern,
als man ihn bewundernd vor ihr ansgebreitet, nicht
hatte begreifen können, daß er wirklich für sie bestimmt
fein sollte.
Schwer flössen die Falten des kostbaren weißen
Seidenstoffes an ihrer schönen, schlanken Gestalt herab;
das Myrtendiadem war auf ihrem feinen Köpfchen be-

festigt, und gleich einer zarten, duftigen Wolke um-
wogte sie der bis aus den Saum des Kleides nieder-
fallende Schleier.
„Wie himmlisch du aussiehst, Myrga!" rief Jenny,
als sie mit geschickten Fingern auch das letzte Myrten-
zweiglein in dem leichten Tüllgewebe befestigt hatte.
„Wie stolz bin ich, eine so schöne Schwester zu haben."
Sie selbst sah freilich kaum weniger reizend aus
in ihrem einfachen, zartfarbigen Kleide, mit den frischen
Blumen im Haar und den von Heller Jugendlust leuchten-
den Augen. Ihre knospenhafte Lieblichkeit und die
sprudelnde Frische ihres Wesens waren ebenso bezau-
bernd als die vollerblühte Schönheit der Schwester und
! ihr weicher, träumerischer Ernst.




Entfernung metallischer Fremdkörper aus dem Auge vermittelst des Elektromagneten. Nach einer Skizze von E. Ho sang gezeichnet von Ad. Wald.
Jllusir. W«tt. IS0I. 13. 40
 
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