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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 11.1900

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Schulze-Köln, Otto: Patriz Huber und die moderne Wohnungs-Einrichtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6712#0063

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März-Heft.

lllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite 43.

Patriz Huber. Wohnzimmer-Studie.

verplempern; was an verwandten Aeusserungen dieser Münzung
von ihm existirt, ist lediglich Schulgut. Sein ganzes Tem-
perament gehörte der ihn ganz gewaltig packenden Strömung
der Jetztzeit, sobald er der Schule den Rücken kehrte. Patriz
Huber, der seit etwa einem Jahr auf eigenen Füssen steht,
erinnert in nichts an eine bestimmte Zucht, wie so manche
Jüngeren, die nur auf ihren Dresseur hören, folgedessen in
ihrer Freiheit versagen. Durch Veröffentlichung zahlreicher
Original-Entwürfe von Huber in unserer »Zeitschrift für Innen-
Dekoration«, die dieser während seines Münchener Aufent-
haltes anfertigte, ist sein Name zuerst in die Oeffentlichkeit
gedrungen, wesshalb die Mehrheit geneigt ist, mit seinem
Können die Münchener Schule zu verquicken. Das ist ganz
falsch; wenn ihn eine Schule für sich reklamiren darf, so
kommt das nur der »Mainzer Kunstgewerbe-Schule« zu, sie
hat das erste Anrecht an ihn. So hat Huber auch von dem
modernen Münchener Kunstgewerbe, wie es etwa die Ver-
einigten Werkstätten für Kunst im Handwerk in Gefolgschaft
von Riemerschmid, Pankok, Bertsch, Obrist u. a. handhabten,
sich nicht im geringsten beeinflussen lassen.

Und doch ist Huber nicht ganz frei von jener An-
passungsfähigkeit, die bedeutende Vorbilder als Dogma be-
trachtet, und in jugendlichem Heisshunger, in dem ersten
frischsaftigen Schöpfungsdrange nur das eine Ziel sucht, es
«abzumachen; nicht nachahmend, nicht abschreibend, sondern
in ehrlichster, begeisternder Selbsttäuschung es als Eigenes
geben zu wollen. In diesem Drange, aber auch nur in diesem,
hat er vor kurzem noch auf Hermann Werle, Wilhelm Michael,
Baillie Scot und H. van de Velde, vielleicht noch auf J. M.
Olbrich geschaut. Mit welchem Erfolge und mit welchem
Eigensinn für die Erhaltung seiner eigenen Persönlichkeit,
das beweisen seine, das ganze vorliegende Heft füllenden
Skizzen. Dem fachkundigen Auge wird es nicht schwer fallen,
herauszufinden, in welchem Umfange das oben angedeutete
fremde künstlerische Kapital an diesen Schöpfungen betheiligt
ist. Es wiegt nicht über; den Zins, den es getragen hat durch
rastlose Arbeit, durch natürliche, angeborene Begabung und
durch, fast ehrgeizig zu nennenden, zukunftsfreudigen Thaten-
drang seines Entleihers, war so reich, dass dieser kurz über
lang daran denken kann, sich von jenem fremden Kapital zu
befreien. Mit welcher Münze Huber zurückzahlt ist so über-
raschend, dass man sie fast ganz als eigene Prägung annehmen

kann. — Der Grundstock der Huber'schen Ideen ist heute
kaum noch auf eine bewusste Anlehnung an fremde Eigenart
zurückzuführen; bei weiterer gleich erspriesslicher Entwurfs-

i arbeit für wirklich gestellte, also ausführbare Aufgaben, wird
das ausserdem bald verwischen, und kann man wohl sagen,
dass sich der junge Künstler in seiner zeichnerischen Technik
bereits ganz frei gemacht, d. h. sich zu einer streng persön-
lichen durchgerungen hat.

Dass bei blosser Entwurfs - Arbeit, wie sie die gerade
herrschende Stimmung zeitigt, dem künstlerischen Gedanken
zu viel Phantasie sich zugesellt, ist völlig erklärlich, noch-
zumal es ja immer noch Zielpunkt jeder Schule ist, mit
möglichst pompösen Blättern, aus denen glänzende Technik
neben höchstem Geist und witziger Erfindungsgabe leuchten
soll, der Aufsichtsbehörde zu gefallen. Auch die hier wieder-
gegebenen Entwürfe von Huber sind von einem gewissen

\ Zuviel durchkreuzt, dem Letzten, was er aus seiner Vergangen-
heit noch als Ballast mitschleppt. Fast allen jüngeren Kräften
haftet ein solches Ueberschäumen an; sie wuchern zu sehr
mit ihrem Pfunde, dessen Ertragsfähigkeit nach ihrer Meinung
nie versiegen könne. Bei Zeiten Maass gehalten, und in ge-
wisser Bescheidenheit etwas zurückhaltend, würde derartiger
künstlerischer Produktion die Lebensdauer längen und ihren
Erzeugnissen grössere Frische geben. — Es liegt mir fern,
einem jungen Talente bei seiner ersten grösseren Einführung
in die Oeffentlichkeit, die persönliche Freude an seinen Effekt-
Leistungen durch Zerpflücken einzelner Blätter zu verkümmern
— verlangt doch die Oeffentlichkeit geradezu Glanznummern,
die das unverfälschte Können offenbaren. Nach etlichen Jahren
praktischer Arbeit, wenn die Photographien ausgeführter Ent-
würfe — so des mit einem zweiten Preise gekrönten zu einem
Herren-Zimmer mit Xylektypom - Möbeln in dem Preisaus-
schreiben der Firma Georg Schöttle, Stuttgart und J. Buyten
& Söhne, Düsseldorf — die sogenannten Origmal-Kntwüvie
in den Publikationen verdrängen, wird ohnehin der Beweis
erbracht werden müssen, ob das damalige Auf-den-Schild-heben
gerechtfertigt war. Ich bin nun dessen sicher, dass Huber uns
keine Enttäuschung bereiten wird, denn dazu ist sein Können
ein viel zu innerliches und gesundes als, dass es durch Wegfall
einiger Aeusserlichkeiten in erhöhtem Maasse nicht gewänne.
In der »Deutschen Kunst und Dekoration« werden wir später
eine genaue Uebersicht über das gesammte künstlerische
Schaffen Huber's — auch auf anderen Gebieten — geben.

Unverkennbar schafft Huber aus dem Vollen in dem
Sinne, der nach Einheitlichkeit und Abrundung strebt. Er

Patriz Huker. Speise-Zimmer-Studie.
 
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