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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 11.1900

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Osborn, Max: Von der Pariser Welt-Ausstellung 1900: Zu unseren Abbildungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6712#0183
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XI. Jahrg. 1900.

Darmstadt.

September-Heft.

Von per Pariser Welt-Ausstellung 1900.

(Zu unseren Abbildungen.)

Pas Kunstgewerbe spielt auf der Pariser Welt-Ausstellung
eine ganz besondere und hervorragende Rolle. In den
Palästen der freien Kunst und der meisten Industrie-
zweige sieht man im Ganzen nicht viel anderes als bekannte
und geläufige Dinge in mehr oder minder geschmackvollem
Aufbau. Jede Gruppe und jedes Land klagt über Raum-
mangel, und überall erklärt man achselzuckend, dass man
eben nur eine Auswahl bringen konnte, die natürlich nicht
im Stande sei, einen erschöpfenden Ueberblick zu gewähren.
Die ernsten Ausstellungs - Besucher, die nicht nach Paris
kommen um sich zu amüsiren und möglichst viel Geld aus-
zugeben, sondern mit der redlichen Absicht, zu lernen und
sich anregen zu lassen, sprechen sich denn auch übereinstim-
mend dahin aus, dass man in Zukunft internationale Spezial-
Ausstellungen ins Leben rufen müsse, wenn nicht das Ganze
dieser Veranstaltungen in ein leeres Schaugepränge ausarten
solle. Das Kunstgewerbe hat keinen Grund, solche Klagen und
solche Erwägungen zu theilen. Es hat Raum in Hülle und
Fülle zur Verfügung gestellt bekommen, und es hat anderer-
seits diesen Raum mit grosser Umsicht benutzt. Natürlich
ist auch seine Ausstellung nicht vollkommen, wie nichts in
der Welt und am wenigsten eine »Ausstellung« jemals voll-
kommen ist und sein kann. Aber hier ist wirklich eine
bedeutsame Umschau über die Leistungen der Kultur-Völker
gegeben. Nicht nur das Publikum, auch der Fachmann wird
sehr viel Neues antreffen, schon deshalb, weil zahlreiche Aus-
steller in dieser Abtheilung, dank der unzulänglichen Muster-
schutzgesetzgebung für das Kunsthandwerk, geradezu auf
diesen Sommer gewartet haben, um mit ihren neuen Erzeug-
nissen in Paris überraschend hervorzutreten. Man findet hier
in der That eine Zusammenstellung so umfassender Natur,

dass sie fast einer internationalen kunstgewerblichen Spezial-
Ausstellung gleichkommt. Und so fehlt denn auch nicht das,
was einer Welt-Ausstellung erst Sinn und Berechtigung
gibt: der Gedanken - Austausch und die gegenseitige An-
regung. Für das aufblühende moderne Kunstgewerbe wird
diese Ausstellung immerhin ein Ereigniss von historischer
Bedeutung sein, während die Fachleute der anderen Gruppen
das für ihr Sondergebiet stark bezweifeln.

Die französische Ausstellungsleitung hat diese Konstella-
tion wohl nicht vorausgesehen. Sie hätte sonst dem Kunst-
gewerbe nicht nur einen grossen, sondern auch einen ver-
nünftig abgeschlossenen Raum angewiesen. Statt dessen hat
sie es auf der Invaliden-Esplanade mit allen möglichen anderen
Industriezweigen zusammengekoppelt, die ihrem ganzen Wesen
nach dem Künstlerischen recht fern stehen. Sie hat vor
allem eine unglückselige Klasse »Industries diverses« gebildet,
und unter diesem zu nichts verpflichtenden Sammelnamen
alles vereinigt, was »man nicht dekliniren kann«. Bei manchen
Artikeln, wie der Uhren-, Glas-, Metallwaaren-, Beleuchtungs-,
Heizungs-, Leder-Industrie usw., mag es nicht ganz leicht
gewesen sein, die Fabrikate künstlerischen Karakters von
den reinen Gebrauchswaaren zu trennen, Aber eine ver-
ständnissvolle Jury hätte die feine Grenze schon gefunden,
welche diese beiden Provinzen scheidet. Und bei anderen
Dingen, wie bei den Schreib- und Zeichenmaterialien, den
Papier- und Pappwaaren und ihren Geräthschaften, bei den
Reise-Utensilien und Spielwaaren, war eigentlich kein Zweifel
möglich. Trotzdem hat man sich die Sache bequem gemacht
und alle diese recht verschiedenartigen Elemente in einem
riesigen Topf zusammengerührt.

Das Kommissariat des Deutschen Reiches, dessen Umsicht

1900. ix. 1.
 
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