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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 11.1900

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Graevèll, A.: Das Kunstgewerbe auf der Dresdener Bau-Ausstellung
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Der Salon I. Classe auf dem Dampfer "Prinzess Irene"
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https://doi.org/10.11588/diglit.6712#0250
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Seite 190.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Dezember-Heft.

Kelle & Hildebrandt, Dresden. Eisernes Treppen-Geländer.

Deutsche Bau-Ausstellung zu Dresden 1900.

Alles in Allem hat unser Kunstgewerbe auf der Deutschen
Bau-Ausstellung bewiesen, dass es keinesfalls nur ein »An-
hängsel der Maschine« ist, sondern dass es selbständig lebt
und wirkt und dass es seinen Jüngern weder an tüchtiger
technischer Vorbildung, noch an künstlerischer Auffassung
und Hingabe mangelt. Möge es sich kräftig und eigenartig
weiter entwickeln auf künstlerischer und nationaler Basis!

Der Salon L Classe auf dem Dampfer »Prinzess
Irene«. Die Flotte des Norddeutschen Lloyd hat
durch das kürzlich in Dienst gestellte, prachtvolle Passagier-
Schiff »Prinzess Irene« eine sehr bemerkenswerthe Ergänzung
erfahren. Wir zeigen hier Abbildungen nach dem Salon
L Classe, den die Firma A. Bembd in Mainz hergestellt hat.
Die sämmtlichen Räume sind in lichten Farben gehalten, d. h.
vorwiegend weiss mit verschiedenen Abtönungen in den ver-
schiedenen Räumen. — Der grosse Speisesaal, dessen Plafond
in weissen Balken und Füllungen reich gegliedert ist, zeigt
eine Menge plastischer Verzierungen in flachem Relief, ab-
wechselnd mit Bildern figürlichen und ornamentalen Karakters,
die Wände zeigen über den Fenstern einen figürlichen Fries
in flachem Relief, die bildenden Künste darstellend, und die

Polster-Möbel sind mit tiefrothem Sammt bezogen, wie auch
der Fussboden Teppichläufer in gleicher Farbe erhielt. An
der vorderen Seite des Speise - Salons entwickelt sich der
Lichtschacht mit einem Oberlicht in lichter, reicher Verglasung.
Die Wände des Lichtschachtes sind nach dem über dem
Speise-Salon gelegenen Damen-Salon geöffnet, nach dem
Vorplatz zu mit einer rautenförmig getheilten Glaswand ab-
geschlossen. Im Uebrigen ist der ebenfalls weiss gehaltene
Lichtschacht reich mit Bildern und plastischen Details, meist
figürlichen Karakters, verziert, über welchen Wappen und
Embleme, die sich auf Hessen und die hohe Pathin des
Schiffes, Prinzessin Irene, beziehen, eine Hauptrolle spielen.

Ueber dem Speise-Saal liegt, wie bemerkt, der Damen-
Saal mit dem Flügel von Rud. Jbach Sohn, Barmen. Wände
und Decke sind weiss, wie im Speise-Saal, nur die Möbel
und die unteren Theile der Täfelung sind tiefgrün gehalten,
ebenso einige Ornamente des Plafonds. Die Wände zwischen
den Täfelungen sind mit schwerem, grünem Damast bespannt,
welcher in reicher Weise mit Blumen und figürlichen Details
äusserst farbig bemalt wurde. Die Sitze der Divans zeigen
grünen Sammt, der mit vertikalen gestickten und applizirten
Streifen unterbrochen ist. Die Teppiche des Raumes sind
erdbeerfarbig und gelb. Beide Räume sind durch die Vor-
plätze und Treppen zugänglich und miteinander verbunden.
Diese Vorplätze sind besonders reizvoll ausgestattet und zwar
wiederum mit weissen Holztheilen, welche in den unteren
Theilen der Wände und einzelnen Füllungen und Verzierungen
blau abgetönt sind. Die Treppe zeigt ein reichgeschnitztes
Geländer, der Handfass der Treppe ist mit blauem Sammt
bezogen. Das Ganze wirkt sehr gediegen und vornehm.

In keinem Zusammenhange mit diesen Räumen steht der
Rauch-Salon, mehr nach dem Hintertheil des Schiffes zu.
Dieser Rauch-Salon ist in der Mitte höher wie auf den Seiten;
der höher gelegene Theil hat ein reiches Oberlicht aus hellen
Gläsern. Die beiden niedrigeren Seitentheile sind je in zwei
Nischen mit Tischen und Sitzplätzen getheilt, welche nach
oben gewölbt erscheinen. Die unteren Theile der Wände
sind in dunkel gebeiztem Eichenholz gehalten, ebenso die
Divans und übrigen Möbel. Plafond und obere Wände da-
gegen sind weiss, wie in den übrigen Salons. Hiervon heben
sich die farbig bemalten Nischen sehr wirkungsvoll ab,
besonders sind es die gewölbten Decken, die bemalt wurden,
und welche die Wappen derjenigen hessischen Orten ent-
halten, welche die bekanntesten Weinsorten liefern, wie sich
auch die hier besonders farbig gehaltenen übrigen Malereien
mehr oder weniger auf die hessischen Weine beziehen. —
In allen Salons sind Landschaften und Schlösser in farbigen
Tonbildern angebracht, welche in Beziehung zur Prinzessin
Irene stehen, wie auch Embleme und Bilder überall auf den
Namen des Schiffes und auf die hohe Trägerin dieses Namens
hinweisen. Die Ausstattung dieser Salons wurde nach Zeich-
nungen des Herrn Architekten J. G. Poppe in Bremen von
der Hof-Möbelfabrik A. Bembe in Mainz ausgeführt. Die
Bilder der verschiedenen Räume lieferte der Maler O. Roll-
hagen in Bremen. — Auch diese Schiffs-Ausstattung wird
dazu beitragen, den Ruhm deutschen Kunstgewerbes und
deutscher Kultur weithinaus über die Meere zu verkünden.

AUSZEICHNUNG. Dem Herausgeber der »Innen-De-
koration« und der »Deutschen Kunst und Dekoration«,
Alexander Koch in Darmstadt, wurde auf der Deutschen
Bau-Ausstellung zu Dresden der Staats-Preis der Königlich
Preussischen Regierung zuerkannt für die von ihm begrün-
deten und geleiteten Zeitschriften sowie für seine verschiedenen
Vorlage- Werke (»Moderne Innen-Dekoration« usw. usw.). —
 
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