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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Levin, Julius: Die Pariser Salons 1901
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0144
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Seite 122.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Juli-Heft

Prof. A. Messel, Berlin.

Neuhau Wertheim. Ansicht nach der Voss-Strasse.

den Gehrock, den man zu seiner Zeit trug, und der auch das
eigentliche, echte Gewandstück des französischen Dichters ist.

Neben Rodin ist Albert Bartholome, der grosse Schöpfer
des Toten-Denkmals auf dem Pere-Lachaise-Friedhofe, die

bedeutendste französische Bildhauernatur. Er
ist ein feiner, zarter, von echt klassischer Empfin-
dung beseelter und echt französischer Künstler,
während Rodin mehr Italiener, und zwar, aus-
gesprochenermassen, einer der Spätrenaissance
ist. Bartholome stellt als sein schönstes Stück
ein Hochrelief, »das Geheimnis« genannt, aus.
Es zeigt uns die Rücken - Ansicht mehrerer
jugendlicher Frauen, die, verschlungen, unter
einem Baume stehen und lauschen. Nichts
Edleres, Graziöseres und zugleich Männlicheres
kann man sich denken, als diese gleichsam hin-
gehauchte Arbeit, bei deren Anblick man an den
grossen Falconet, den französischen Bildhauer
des 18. Jahrhunderts denkt, der in Bartholome
ein wahres, aber hinsichtlich der Wirkung bedeu-
tenderes Wiedererwachen zu feiern scheint.

Als kleinere, sehr beachtenswerte Arbeiten,
besonders weniger bekannter junger Künstler,
nenne ich die »Maternite-Gruppen« von Felix
Voulot; die gut empfundene »Heimkehr des
Buren« von Gutzon Mothe Borglam, einem
Amerikaner, die vortreffliche Gruppe eines einen
Auerochsen bändigenden Riesen von Godefroy
Devreesse (Belgien). Ausgezeichnet karakte-
ristisch und meisterhaft in der Arbeit ist eine
kleine »javanesische Tänzerin« von Eugene
Lagare, und von auffallender Wahrheit sind die
»Strassentypen« Ernest Wittmann's; eines ge-
borenen Lothringers. Eine kleine Figur einer
»Schlesierin« und eine Platte mit »Porträt-
Masken« von Naoum Aranson (Russland) und
die Maske eines »Denkers« von dem auch als
Schmuck-Künstler schon bewährten jungen Fix
Masseau ziehen die Augen auf sich.

Den Uebergang von der reinen Skulptur
zur dekorativen Kunst bildet Rupert Carabin,
dessen »Pianino-Gehäuse« sich durch Trefflich-
keit der Ausführung empfiehlt, aber doppelt
bedauern lässt, dass der Künstler den Schmuck
des Kastens in an- und aufgesetzten Frauen
resp. Köpfen gefunden zu haben glaubt. Besser
in jedem Sinne und wahrhaft dekorativ sind
Carabin's kleine Tänzerinnen-Statuen. Als sein
Bestes erscheint mir seine Gürtelschnalle mit
einer Katzenfamilie, deren Gruppe, voll Wahrheit
gegeben, sich hinsichtlich der Linie wirklich glück-
lich in das Eirund des Gegenstandes einordnet.

Zu der rein dekorativen Abteilung des
Champ de Mars ist hinsichtlich der Architektur
wenig zu bemerken. Der einzige Bau, von
dem man sprechen könnte, ist das vom »Art
Decoratif« bereits veröffentlichte, teilweise
interessante Privathaus von R. Plumet.

Vortrefflich sind zum Teil die Glasfenster
von Edmond Sacard, von denen eines Callen,
ein anderes rote Lilien dekorativ verwandt
zeigt. Das erstere ist eine herrliche Zusammen-
stellung von gelb, rot und grau, in der das
naturalistische Element die allergeringste Rolle
spielt und sich die Formen so wenig hervor-
drängen, dass man sie kaum spürt. — Grosse Glasfenster von
Albert Gsell sind weniger durch die Ausführung, als dadurch
auffallend, dass sie das Leben an der Seine in einer Weise
schildern, als ob sie von einem deutschen Romantiker oder
 
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