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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Jaffé, Franz: Erweiterungs-Bau des Warenhauses Wertheim in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0153

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Juli-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite

129.

und so entstand
in dem Gebäude-
teil nach der Front
der Voss-Strasse
hinaus eine ausser-
ordentlich ausge-
dehnte, dezent ge-
haltene Reihe von
Räumen, die eine
saalartige Einheit
in ihrer Länge
bilden. Das grau-
grün gehaltene
Eichenholz steht
in ausgezeichneter
Harmonie zu den
eingelegt, dunkel-
blauen Emaillen
auf Metall, welche
von Prof. Schirm
und Maler Kober-
stein ausgeführt
sind, während die
H olz-Arbeiten von
Kimbel u, Fried-
richsen stammen.
Hier sowohl, wie
in der Front-Halle
an der Voss-
Strasse, deren er-
lesene Ornamen-
tik vom Bildhauer
Westphahl(Berlin)
herrührt, ebenso

wie in anderen Räumen fallen die eigenartigen Bildungen
der elektrischen Beleuchtungs - Körper sofort in's Auge.
Ganz im Sinne unseres Zeitalters und der leichtbeschwingten
Elektrizität erfunden, gewähren sie in ihrer ausserordentlich
zierlichen, technisch dabei richtigen und mit tektonischem
Gefühl durchgebildeten Formen einen ungemein reizvollen
Eindruck; auch treten hierbei die Vorteile verteilter Beleuch-
tung für gleichmässige Erhellung eines Raumes klar zu
Tage. Ausser den Beleuchtungs-Körpern, welche ebenso
wie die hochoriginellen Brüstungs - Gitter von Holdefleiss
(Berlin) ausgeführt sind, berührt in anziehendster Weise die
Ausbildung einiger Säulen-Köpfe, von denen die Abbildungen
Seite 124 und 125 eine Vorstellung geben. Hier tritt das
Prinzip zu Tage, aus der Konstruktions - Form heraus die
Kunstform zu schaffen und der Säule aus Eisen, welche
mit Rabitz - Konstruktion ummantelt ist, und der Pfeiler-
Bekrönung aus Emaille und Holz einen stilistisch richtigen
Kopf zu geben. Diese Versuche, auch durch Hinzufügung
von Metall - Ornamenten (von Ziseleur Lind), die Form zu
beleben, dürften als eigenartig und besonders geglückt
bezeichnet werden.

In jedem Organismus, namentlich jedem künstlerischen,
gibt es Höhepunkte, in welchen die gesamte Kraft und das
Talent seines Urhebers zum vollsten und eigenartigsten Aus-
druck kommt. Das ist in dem Erweiterungs-Bau der Firma
A. Wertheim die Formen- und Farbengebung des grossen
Lichthofes an der Voss-Strasse, über welchem ein Hauch
Alma-Tadema'scher Farbengebung ruht. Hier vereinigen
sich die gewaltigen Pfeiler aus grüngelbem, mattiertem mexi-
kanischem Onyx mit goldiger Bronze zu einem klingenden
Farben-Akkord hoheitsvollster Schönheit. Eine goldige Decke

Warenhaus Wertheim. ELektr. Beleuchtungskörper.

aus Bronze-Blech
spannt sich über dem
riesigen, tageshell
erleuchteten Raum,
unten an einer Längs-
wand plätschern rau-
schende Brunnen mit
leuchtenden See-Ro-
sen, und Abends er-
glänzt die grosse
Wand darüber in
leuchtender Archi-
tektur. Der bildne-
rische Schmuck der
Onyx-Pfeiler erhält
durch wundervoll er-
dachte und genial
ausgeführte Bronze-
Plaketten von Pro-
fessor Wiedemann u
Vogel, von Martin
und Piltzing ge-
gossen, eine herrliche
Bereicherung. Wirk-
lich, ein Zusammen-
klingen von schönen
Farben und vorneh-
men Formen der
Ornamentik, das den
Raum in seiner Ge-
samtheit adelt und
diesen als eine her-
vorragende Schöpf-
ung Messel's bezeich-
nen lässt. Als Architekt grossen Stiles zeigt sich letzterer in
der Fassade an der Voss-Strassc, welche in thüringischem Ober-
Dorlaer Muschel-Kalkstein ausgeführt ist; in dieser Fassade
vereinigen sich die Grundzüge des Geschäftshauses mit denen
des Wohnhauses und ihre Formengebung. Die Gesamtheit
der Bau-Ausführung, welche in Messel's Händen ruhte, ist
in ausserordentlich kurzer Zeit erfolgt. Nichtsdestoweniger
bildet seine Schöpfung einen Markstein in der baulichen Ent-
wicklung der Reichshauptstadt, und eine künstlerische That,
deren vollen Werth die gegenwärtigen Fachgenossen in freu- ■
digem Stolze anerkennen und über deren Bedeutung nach-
folgende künstlerische Geschlechter sich kaum im Zweifel
sein werden. _ Franz Jafff., Berlin.

Zur gefl. Notiz. In dem auf Seite 109 und 110 ver-
öffentlichten Protokolle über die Entscheidung unseres Wett-
bewerbes zur Erlangung von Entwürfen für ein herrschaftl.
Wohnhaus eines Kunst-Freundes ist noch zu berichtigen, dass
die Namen der Verfasser des Entwurfes »Die einzige Herrin
der Kunst ist die Notwendigkeit« J. Rohmann (statt Romann)
und R. Edler (statt Erler) lauten.

Die Ausstellung der Darmstädter Künstler-
Kolonie: »Ein Dokument deutscher Kunst« wird
Gegenstand einer umfassenden Sonder-Publikation sein, die
der Herausgeber der »Deutschen Kunst und Dekoration«,
Alexander Koch in Darmstadt«, veranstalten wird. Dieselbe
wird in etwa fünf Monaten, also zur Weihnachts-Saison,
komplet vorliegen. Die Publikation dieser Ausstellung in
der »Deutschen Kunst und Dekoration« wird 6 Sonder-Hefte
umfassen, deren erstes eine Uebersicht der neueren Werke
Paul Bürck's enthält und Ende Juli erscheint. —

Warenhaus Wertheim.

Beleuchtungskörper.
 
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