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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Jaffé, Franz: Erweiterungs-Bau des Warenhauses Wertheim in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0152

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Seite 128.

Illustr. kunstge werbL Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Juli-Heft.

Warenhaus Wertheim.

Pf eiler-Laibung.

klassischem Boden, um nicht durch eine solche Auffassung
vielleicht den Inhalt des Gebäudes selbst in seiner Erscheinung
und Bedeutung zu gefährden, aber er setzt in bewusster
Absicht an dessen Stelle modern durchgeistigte Formen in
einer Farbengebung, die an neuere englische Kompositionen
merochronischer Auffassung erinnert, an Farbenstimmungen,
die ganz unter dem Banne einer einzigen, alles bestimmenden
Farbe durch ihre wundervolle Stimmung in das Gebiet der
Romantik hinüberreichen. Schon Göthe in seiner »Farben-
lehre, Geschichte des Kolorits« führt das Verfahren einiger
Maler, ihren Gemälden durch Ueberziehen mit einer gelb-
lichen oder bräunlichen Lasur Stimmung zu verleihen, auf
Friedrich Baroccio zurück*) und Field stellt als Grund-
Prinzip auf: »die Harmonie ist braun«. Dasselbe Prinzip,
welches in der wundervollen Farben - Harmonie Minton'scher
Gefässe lebt, kommt auch hier zur Geltung und zwar durch
eigenartige Farbengebungen, wie sie architektonischen, nicht
kleinkünstlerischen Gebilden zukommen, in ein noch idealeres,
geistigeres Reich erhoben. Auf dem Werte der Stimmung
beruhen also alle Farben - Schöpfungen Messel's, getragen
durch geistvoll erfundene Formen moderner Auffassung und
liebevoll erfundenes, fein verteiltes Ornament.

Als ein Raum vornehmster Gestaltung kann der Winter-
garten bezeichnet werden, welcher in seinem Walde von
riesigen Bordighera-Palmen lauschige Ruheplätzchen bietet.
Ueber dem Raum lagert der Hauch eines südländischen dolce
far niente, in der Mitte erinnert ein venetianischer Brunnen
mit einer Figur vom Bildhauer Latt und gewundene Säulen
mit vergoldeten schmiedeeisernen Laternen an den Süden,

*) Brücke, die Physiologie der Farben für die Zwecke der Kunstgewerbe.

Marmor-Statuen und Bänke vervollständigen den stimmungs-
vollen Eindruck des Raumes, welcher als Verbindungs-Raum
zwischen dem alten und neuen Bau in seiner lauschigen Ab-
geschiedenheit, inmitten des riesigen Geschäfts-Verkehrs ganz
eigenartig wirkt. Und dicht dabei ein Raum modern fran-
zösischer Auffassung mit Mahagoni - Möbeln, mit Bronze-
Beschlägen von J. C. Pfaff und Deckenbildern von Kober-
stein (Berlin). In diesem Raum, welcher für fertige Hüte
bestimmt ist, liegt etwas von französischer Galanterie und
Lebensfreude, grosse Spiegelwände, durch zierliches Metall-
Netzwerk künstlerisch gegliedert, geben ihm etwas Festliches.

Die Bedeutung, welche die Liebhaberei für Kunst-Gegen-
stände alter Herkunft im Publikum erreicht hat und das
wiederum allgemein erwachende kunstgewerbliche Verständnis
der grossen Meister der Vorzeit, Hess es für die Firma A.
Wertheim als notwendig erscheinen, in ihrem Geschäfts-
Betriebe auch diesem Zweige, welcher sich bis jetzt in den
Händen kleiner, oft untergeordneter Händler befand, eine
Berücksichtigung zuteil werden zu lassen. So entstand der
Antiquitäten-Raum in stimmungsvoller Farbengebung, welche
auf der altgoldfarbenen Wand-Bespannuug in Verbindung mit
dunklem Holz und der gemalten Holzdecke von Bodenstein
(Berlin) beruht. Er bildet gewissermassen den Anfang zu
dem kolossalen Möbel-Lager der Firma, welche eine Reihe
originell ausgestatteter Kojen enthält.

In einem räumlich so ausgedehnten Organismus war es
absolut erforderlich, ausreichend grosse Räume zur Erfrischung
des Publikums zu schaffen. Der Karakter des vornehmen
Ganzen Hess es allerdings ausgeschlossen erscheinen, hier
prunkvolle und auffällige Restaurations - Räume zu schaffen

Warenhaus Weriham.

Pfeiler-Laibung.
 
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