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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Osborn, Max: Albert Männchen als Dekorativer Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0011

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FÜR-DEU

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XII. Jahrg. 1901.

Darmstadt.

Januar-Heft.

Albert Männchen als pekoratiVer Maler.

ich vor einigen Jahren ALBERT
MÄNNCHEN kennen lernte, war er, nicht
nur seinem Alter nach, das, was man einen
»jungen Künstler« nennt. Man hatte da-
mals wohl schon reizende Arbeiten von
ihm gesehen, dekorative Entwürfe, kleine
Gemälde, flotte Skizzen, besonders hübsche
Zeichnungen für Buchschmuck, überall sprachen sich tüchtiges
Können und originelle Erfindung aus, aber er war schliesslich
doch noch einer von denen, die eben »viel versprechen«, und
man bezeichnete ihn im allgemeinen als den »Bruder von
Adolf Männchen in Danzig«.

In überraschend kurzer Zeit hat sich dies Bild geändert.
Ich kam nicht aus dem Staunen heraus, als ich vor wenigen
Wochen den Künstler wieder aufsuchte, um die alte Bekannt-
schaft zu erneuern. Wohl hatte ich von der glänzenden
Entwickelung gehört, die Männchen im Eilschritt durchlaufen
hatte, aber auf das, was ich nun antraf, war ich denn doch
nicht vorbereitet. Ich sah mich in einen Riesenbetrieb ver-
setzt ! Eine doppelte Atelier-Wohnung im belebtesten Viertel
Berlins, in der Leipzigerstrasse, fand ich vor. Eine Flucht
von behaglichen Empfangs - Zimmern und Arbeits - Räumen.
In jedem Zimmer sass Jemand, der wartete. Das Telephon
klingelte, Schüler und Gehülfen liefen hin und her, Boten
kamen und gingen. Ringsum Pläne, Entwürfe, Studien,
Gemälde, Plakate, Kartons. Dazwischen, in weissen Arbeits-
kitteln, Albert Männchen und sein Bruder Louis, die sich
zusammen hier angesiedelt haben, abgehetzt, unruhig, den
Kopf voll von Arbeit.

In ein paar Jahren hat sich Albert Männchen in der
That zu der Stellung eines Künstlers emporgearbeitet, der mit
zu den vielseitigsten, erfolgreichsten und meistbeschäftigten

Berlins gehört. Sein rastloser Fleiss beackert alle Gebiete,
und überall fühlt er sich zu Hause. Besonders aber im
Bezirk der dekorativen Malerei und der Innen - Dekoration
— und nur von dieser Seite seiner Thätigkeit soll heute
hier die Rede sein — hat er Vortreffliches geleistet.

Bei aller reichen Fülle von Arbeiten, die bereits von
ihm vorliegen, ist Männchen immer noch sehr jung. Er ist
1873, in Rudolstadt, geboren. Für ihn sowohl wie für seine
drei Brüder stand von vornherein die Malerei als künftiger
Beruf fest, ohne dass, wie man erwarten sollte, der Vater
eine künstlerische Thätigkeit ausgeübt hätte. Als ein Schul-
junge von dreizehn Jahren begann er seine Studien unter der
Aufsicht seines doppelt so alten Bruders Adolf, der damals
noch die Akademie besuchte, und als dieser in Berlin mit
dekorativen Arbeiten betraut wurde, half ihm der Jüngere
dabei bereits mit Eifer und Geschick. Eine dreifache syste-
matische Lehrzeit folgte: erst bei einem Malermeister, dann
auf der Schule des Berliner Kunstgewerbemuseums, haupt-
sächlich unter Max Koch's trefflicher Leitung, und schliesslich
an der akademischen Hochschule für die bildenden Künste eben-
dort — »für die z^rbildenden Künste«, wie Männchen sie einmal
sehr hübsch taufte — unter Scheurenberg. Er besuchte auch
die Pariser »Academie Julien«, wo er unter Lefevre und Robert
Fleury arbeitete. Zuerst führte ihn seine materielle Lage zu
kunstgewerblichen Arbeiten, aber bald entdeckte er, dass auf
diesem Gebiete doch der Schwerpunkt seines Talents hege.

Was bei Männchens Streben so angenehm auffällt, ist
sein ausgesprochenes Raumgefühl. Man sieht es, seine De-
korationen sind nicht mühsam erdacht, sondern der Plan
muss ihm immer beim ersten Anblick des zu schmückenden
Raumes sofort klar vor Augen gelegen haben. Er hat ein
bemerkenswerthes Geschick, den speziellen Zweck bei jeder

1901.1.1.
 
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