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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 14.1903

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Schmidkunz, Hans: Werkstätten und Schulen der Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6711#0228
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iq8

INNEN-DEKORATION.

Werkffäffen und

Bei dem lebhaften Aufschwung der bildenden
Künste in der Gegenwart, den wir in Aus-
stellungen, privaten Räumen u. s. w. be-
wundern, versäumt man leicht, auch der Ver-
anstaltungen und Stätten zu gedenken, die vorhanden
sein müssen, ehe die Werke selber fertig vor uns
stehen können. Am ehesten interessiert man sich noch
für die Ateliers einzelner Künstler der Malerei und
Bildhauerei. Weit weniger Anteil finden die Arbeits-
stätten des Kunst-Gewerbes in jeglichem Sinn oder
der »anhängenden« Künste, schon weil hier meist
mehrere Personen zu einem Gesamt-Betrieb vereinigt
sind, und weil dies weniger zur Beachtung lockt, als
es das individuelle Walten einer einzelnen Künstler-
Persönlichkeit thut. Am wenigsten wendet sich die
Wissbegierde der Öffentlichkeit, den verschiedenen
Lehranstalten der Künste zu — vielleicht auch dies
aus einer Ungleichheit des Interesses für individuelles
Künstlertum einerseits und für die Unterordnung
desselben unter eine Schulwelt andererseits.

Indessen sind nun doch die Dinge seit geraumer
Zeit anders geworden. Wir haben den Kampf des
Dekorativen, Kunstgewerblichen u. s. w. gegen das
»Staffelei-Bild« miterlebt; wir sind umgeben von
einer Fülle von Leistungen der gewerblichen Künste,
in Illustrationen, Geweben und Möbeln und mannig-
fachen Dekorationen; wir hören nachgerade auch
von Ausbreitungen der pädagogischen Praxis und
Theorie über die Gegenstände des allgemeinen
Schul-Unterrichtes hinaus. Es dürfte also an der
Zeit sein, auch einige Blicke auf die Anstalten zu
werfen, in denen durch das Walten Mehrerer künstle-
rische Leistungen vorbereitet und ausgeführt werden.

Leicht ist es freilich nicht, über all dies so viel
Rescheid zu bekommen, wie zu einer brauchbaren
Übersicht nötig ist; es handelt sich ja eben um
vernachlässigte Kenntnisse. Doch lässt sich aus
zerstreuten Mitteilungen schon heute eine Überschau
über derlei Anstalten und über ihre sachliche, geo-
graphische und historische Verteilung gewinnen.
Das »Handbuch der Kunstpflege in Osterreich«,
3. Auflage, Wien 1902, gibt über die dortigen
Schulen, Sammlungen u. s. w. reichhaltige Auf-
schlüsse, doch mit Ausschluss der eigentlichen Kunst-
Anstalten. Ausserdem enthält das »Jahrbuch der
bildenden Kunst 1902« (Berlin) einige Verzeichnisse,
in denen sich auch Zusammenstellungen deutscher
Werkstätten und Schulen finden. Indem wir diese
dankenswerten, doch mehrfach unvollständigen und
ungleichmässigen Notizen mit eigenen Aufzeich-
nungen, die allerdings auch wieder nicht vollkommen
sein können, zusammenhalten, ergeben sich uns

»chulen der Kunft

(Nachdruck verboten.)

folgende Daten, bei denen wir den Leser dringend
bitten müssen, auf ihre zum Teil ohne weiteres ersicht-
lichen Unvollkommenheiten entgegenkommende
Rücksicht zu nehmen.*)

Die Werkstätten der Kunst sind vor allem teils
solche, die sich dem Kunst-Gewerbe widmen, teils
solche, die der Vervielfältigung in den graphischen
Künsten dienen. Stellen wir diese zweite, die
kleinere Gruppe voran ! Es gibt hier nach den uns
vorliegenden Nachrichten in deutschen Ländern
insgesamt 180—190 derartige Anstalten, was aber
hinter der Wirklichkeit beträchtlich zurückbleiben
dürfte. Unter ihnen entfällt die grösste Zahl (un-
gefähr 60) auf Licht-Druck und Zink-Atzung. Zahl-
reich sind auch noch die Anstalten für Kupfer-Druck
und Farben-Druck (ungefähr 51). Kleiner ist die
Gruppe für Lithographie und farbigen Stein-Druck
(ungefähr 39), am kleinsten die für Holzschnitt (un-
gefähr 12). Daneben bleiben noch mehrere andere
Arten der Herstellung übrig (ungefähr 30). Dass
in der geographischen Verteilung dieser Anstalten
die Zentren Berlin, München, Wien und die Buch-
gewerbe-Stadt Leipzig voran sind, ist begreif-
lich; auch die an Filialen reichen Anstalten wie
Brend'amour & Comp. (Düsseldorf) und Meisenbach,
Riffarth & Comp. (München und Berlin-Schöne-
berg) halten sich an maßgebende Städte.

Anders nun die kunstgewerblichen Werkstätten.
Ihre Leistungen sind abhängiger von Land und
Volk, zum Teil auch von Fabriken und Bergwerken,
die auf die Städte-Kultur keine Rücksicht nehmen
können. Suchen wir zuvörderst wieder statistische
Ubersichten zu gewinnen, so überrascht uns sofort
die grosse Menge dieser Anstalten; die Zahl von 338
kunstgewerblichen Werkstätten, die sich aus unseren
Vorlagen ergibt, wird wohl nur eine Annäherung an
die Wirklichkeit sein. Merkwürdig ist der Umstand,
dass wir bei den kunstgewerblichen Schulen eine
wesentlich andere Verteilung der Fächer finden wer-
den als bei diesen kunstgewerblichen Werkstätten.

Versuchen wir uns wiederum in Kunst-Geo-
graphie, so finden wir hier zwar abermals einen
Vorrang der grossen Städte. Namentlich gilt dies
von den Stätten für Kunst-Gewerbe überhaupt.
Für sie ist München anscheinend allen anderen Gross-
Städten weit über, mit etwa 25 Anstalten, während
(nach jener Hauptquelle) das Städtepaar Berlin-
Charlottenburg mit etwa 11, Dresden mit etwa 3i
Wien mit der Zahl von etwa 2 nachmarschieren.
(Fortsetzung folgt.) dr. hans schmidkunz—Berlin.

*) Der neue Jahrgang 1903 ist erst nach Fertigstellung dieser
Arbeit erschienen. Verlag der Deutsch. Jahrbuch-Gesellschaft, Berlin.
 
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