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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 15.1904

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Reform des Zeichen-Unterrichts
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https://doi.org/10.11588/diglit.11377#0243
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238

INNEN-DEKORATION.

Zeichen-Unterrichts den übrigen Lehrfächern würdig
an die Seite stellen. Es sei nochmals betont, dass
wir den darauf abzielenden Bestrebungen, ganz
gleich von welcher Seite sie ausgehen, unsere
vollsten Sympathien entgegenbringen, dass wir aber
auf der anderen Seite nicht damit zurückhalten
hönnen, hier offen zu erklären, dass der »Verein
deutscher Zeichen-Lehrer« an seinem eigenen Orga-
nismus mit Reformen beginnen müsste, und das für
alle jene Maßnahmen, die in die Öffentlichkeit
dringen, ja zu deren Vorführung die Öffentlichkeit
einschliesslich hoher und höchster Behörden geladen
wird. Hierbei muss entschieden die Höchstleistung
einer solchen Körperschaft zum Ausdruck kommen.
So müssten künftig die Ausstellungen sorgfältiger
zusammengestellt werden um mehr gute als ab-
schreckende Beispiele zu bieten. Auch die zu
haltenden Vorträge müssten zuvor einer Kommission
zur Prüfung unterbreitet werden. Längstbekannte,
ja lange bekämpfte Methoden bilden kein Vortrags-
thema in solcher Tagesordnung. Knapp sachlicheVor-
träge, grössere Debatten, Vorführung der neuesten,
auf Grund der begonnenen Reformen erzielten
Schüler-Leistungen nach sorgfältiger Vorprüfung,
beschränkte Zulassung aller Lehrmittel und Modelle
für den Zeichen-Unterricht. Damit dürften derartige
Ausstellungen wesentlich gewinnen.

Auch folgende Anregung verdient vielleicht
grössere Beachtung. Bekanntlich leiden die Klassen
aller Volks- und
Mittelschulen an
Überfüllung, und
diese macht sich
namentlich beim
Zeichenunterricht
lähmend bemerk-
bar, denn gerade
hier ist ein Einzel-
Unterricht mehr
als in allen andern
Fächern geboten,
um den modernen
Reform - Bestreb-
ungen den Boden
bereiten zu helfen.
Eine Teilung der

Klassen vorzu-
nehmen, ist schon
des öfteren vor-
geschlagen, wozu
natürlich, weil am
nächstliegendsten,
sehr wenig Scharf-
sinn gehört — da-

hermann weber—berlin-schöneberg. Kinder-Schlafzimmer. Lob. Erw.

mit wäre der Sache an sich aber nicht nur sehr wenig,
sondern auch schlecht gedient, und das ganz ab-
gesehen von der Raum- und Mehrkostenfrage. Wir
möchten vorschlagen, jedem Zeichen-Lehrer, der in
seiner Klasse mehr als 25—30 Schüler oder Schüle-
rinnen hat, einen Assistenten zu stellen, der sich
allen seinen Anordnungen mithelfend anpasst und
im wesentlichen Aufsicht- und Ordnungdienst ver-
sieht, so dass der Zeichenlehrer selbst für den eigent-
lichen Unterricht entlastet und der Korrektur mehr
Zeit widmen kann. Natürlich müssen diese Assi-
stenten Lehramts-Kandidaten des Zeichen-Unter-
richtes sein, wodurch zugleich erreicht würde, dass
sie viel besser als bisher in den praktischen Unter-
richt eingeführt würden. Das Ansehen des Zeichen-
lehrer-Standes wird damit nur gehoben, und wenn
seine Körperschaft erreicht, dass die Vertreter dieses
Standes nicht mehr als Lehrkräfte zweiten und dritten
Ranges angesehen werden, dann dürfte die grössere
Berufsfreude auch eine höhere Wertung des Zeichen-
Unterrichtes und damit eine fruchtbarere Förderung
der zeichnerischen, ja künstlerischen Betätigung
unserer Kinder erhoffen lassen. — Doch eine grosse
Lücke wird nach wie vor offen bleiben. Ist noch
keine Aussicht vorhanden, dass dem Modellier-
Unterricht eine dem Zeichen-Unterricht ebenbürtige
Beachtung zu teil wird? Wozu die einseitige Be-
vorzugung der bildartigen Wiedergabe gegenständ-
licher Vorbilder auf der Fläche, da doch gerade

die körperhafte
Nachbildung, weil
das Vorstellungs-
Vermögen unter-
stützend , für die

Gesamt-Ausbil-
dung von grösster

Tragweite sein
würde! Ich würde
gern jede Art
Handfertigkeits-
Unterricht ausser-
halb der Schule
sehen — wenn der
Modellier-Unter-
richt obligatorisch
in den Schulen
eingeführt würde,
dem vorausgehen
müsste, dass der
Zeichen-Unterricht
auch für die oberen
Klassen der Gym-
nasien obligato-
risch würde. —
 
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