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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Zimmermann, Wilhelm: Wasserfeste und waschechte Holz-Beizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0098
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INNEN-DEKORATION

kalten Zustande angewendet werden und sind stets frisch zu
bereiten. Ein Aufbewahren derselben ist nur für 1-2 Tage
in verschlossenen Flaschen zulässig.

Es würde den Rahmen dieses Aufsaßes weit über-
schreiten, wollte ich alle zur Erzeugung wasserfester und
waschechter Beiztöne geeigneten Rezepte beschreiben. Eine
einfache Beschreibung der Rezepte ohne gleichzeitige Vor-
führung von Beizproben auf Holz, welche die nach den be-
schriebenen Rezepten erzielbaren Farbentöne veranschau-
lichen, würde auch schon aus dem Grunde wenig praktischen
Wert besten, als es tatsächlich ganz unmöglich ist, die mit
den Niederschlagsbeizen auf verschiedene Holzarten her-
stellbaren, meistens ganz unbestimmten, gedämpften und oft
äußerst zarten Farben mit Worten so zu charakterisieren,
dag sich der Leser davon eine richtige Vorstellung
machen könnte.*)

Die durch das Niederschlagsbeizverfahren auf Holz er-
zeugten Färbungen besißen gegenüber den jeßt allgemein
angewendeten Holzbeizen mancherlei Vorzüge und zwar:

1. Die Lichtechtheit der im Holz entstandenen Metall-
oder Gerbststofflacke ist eine sehr hohe.

2. Sie liefern durchweg ganz matte, dezente, der heutigen
Geschmacks - Richtung sehr angepaßte Farbentöne.
Farben von demselben zarten und eigenartigen
Charakter sind mit fertigen Farbstoffen äußerst schwer
oder gar nicht zu erzeugen.

3. Die Naturmaserung des Holzes wird durch diese
Beizverfahren in einer sehr ausdrucksvollen und
schönen Weise hervorgehoben.

4. Sie liefern auf allen Holzarten günstige Resultate. Für
das im Allgemeinen sehr widerspenstige Buchenholz
sind insbesondere die Niederschlags-Räucherbeizen
sehr vorteilhaft verwendbar.

5. Die Beizung dringt sehr tief in das Holz ein, sodaß
ein Durchschleifen oder Abscheuern im Gebrauch
nicht zu befürchten ist.

6. Die mit Niederschlagsbeizen erzeugten Farben sind
endlich wasserfest und waschecht und widerstehen
bei Außenanwendung den Witterungseinflüssen auch
ohne Lacküberzug.

Die mittelst Niederschlagsbeizverfahren gebeizten Möbel,
Verkleidungen etc. bedürfen nicht notwendiger Weise eines
schürenden Lacküberzuges, können also ganz naturmatt
gehalten werden.

Sollen die mit Niederschlagsbeizen gebeizten Gegen-
stände und Einrichtungen aber doch einen schwachen Glanz
und eine gewisse Glätte erhalten, dann genügt es, dieselben
mit dünner Politur abzureiben, da ja die Beizung als solche

*) Ein Spezialwerk, welches diese wasserfesten Holzbeizen be-
handelt und mit Farbentafeln (gebeizte Holzfurniere) versehen sein
wird, befindet sich in Vorbereitung. Die Redaktion.

eines eigentlichen Schußes nicht bedarf. Auf diese Weise
bleiben die Vorteile der Niederschlagsbeizen nahezu voll-
kommen erhalten, ohne daß die Nachteile des Lacküberzuges
in die Erscheinung treten.

Natürlich können die mit Niederschlagsbeizen gebeizten
Möbel auch in beliebiger Weise mattiert oder poliert werden,
ohne an ihrer Eigenartigkeit und Schönheit zu viel Einbuße
zu erleiden, wenn man zu diesem Zwecke nur farblose
Mattierungen und gebleichte Politur verwendet.

Werden mit Niederschlagsbeizen gebeizte Gegenstände
ohne jeden Lacküberzug, also ganz naturmatt dem praktischen
Gebrauch übergeben und es gelangen Wassertropfen oder
Seifensprißen auf diese Gegenstände, so können naturgemäß
durch Ansammlung von Staub an der nassen Stelle, sowie
durch die nach der Verdunstung des Wassers zurück-
bleibenden Seifenreste ebenfalls Flecke entstehen, ebenso
wie auf einer Glas- oder Spiegelscheibe sich unter den
gleichen Umständen ein Fleck bildet. Durch Abreiben mit
einem feuchten Wolllappen lassen sich solche Flecke aber
unschwer und vollkommen entfernen, was bei den durch
Wasser oder Seifensprißen auf mattierten Gegenständen
verursachten, weißlichen Flecken bekanntlich nicht so leicht
zu bewerkstelligen ist.

Der Umstand aber, daß naturmatte Holzflächen beim
Reinigen mit nassen Lappen oder Abwaschen aufgerauht
werden, bildet nach Ansicht des Verfassers kein Hindernis
für die Einführung der naturmatten Möbel etc., denn durch
ein kräftiges Bürsten mit einer mittelsteifen Haarbürste, nach
dem Trocknen des Holzes, ist der ursprüngliche, matte Glanz
wieder zu erzeugen, was nicht mehr Arbeit und Mühe ver-
ursachen dürfte, als das heute bei polierten und mattierten
Möbeln erforderliche Abfällen mit Leder etc. aber sicher
weniger Schweiß kosten wird als das Entfernen der leider
bei polierten Möbeln sehr häufig auftretenden harzartigen
Ausschläge der Politur infolge Anwendung zu reichlicher
Mengen Öl beim Polieren.

Inwieweit sich diese aus Künstler-Kreisen hervor-
gegangene Idee, unsere modernen Möbel und Einrichtungen
naturmatt dem praktischen Gebrauch zu übergeben, ver-
wirklichen lassen wird, das muß die Zukunft lehren. Der
Zweck dieses Aufsaßes besteht lediglich darin, die inter-
essierten Fachleute auf diese neueren Bestrebungen hin-
zuweisen. Das leßte und entscheidende Wort in dieser
Angelegenheit aber muß die Praxis sprechen.

Anmerkung der Redaktion. Die Beizproben, die
uns der Verfasser vorlegte, haben das von ihm Gesagte
nur bestätigt. Die Farbtöne sind, wenn auch nicht zahlreich,
so doch in ihrer Art vornehm, namentlich das deutliche
Hervortreten der Maserung des Holzes ergibt recht malerische
Effekte. Die ungeschüßten Beizen erscheinen uns besonders
für Hallen und Korridore, Herrenzimmer, Bureaux, Bierstuben,
Schulräume gut verwendbar.
 
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