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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Schölermann, Wilhelm: Ludwig Paffendorf - Cöln: Sein Wollen und Werden
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0282
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INNEN-DEKORATION

ausgebildeten Körper von guter Rasse und edlem
Wuchs. Auf diesem Wege ihre Schüler mit der
Schönheit und dem Adel der reinen menschlichen
Gestalt vertraut zu machen, müßte gerade die
Kunstgewerbeschule als eine ihrer ethisch-
erzieherischen Pflichten betrachten. Dann
wird auch in Deutschland (der in gewisser Hin-
sicht »unschönsten Nation< der Welt) ein Ge-
schlecht erwachsen, welches durch seine leibes-
übenden Gepflogenheiten mit rassenhygienisch-
nationaler Grundlage auch das Gefühl der
Scham in höherem Begriffe dahin, auch in der
öffentlichen Meinung, veredelte, daß nicht ein
nackter Leib, wohl aber die allseitig geduldete
verhüllte Lüsternheit unrein sei. Dann könnte
einmal in künftigen Tagen die Schul-Erziehung
den Erfolg aufweisen, nicht nur Hirngymnasten,
sondern wirkliche Gymnasten der Seele näm-
lich: in nackter Reinheit der Gesinnung,
d. h. moralisch reife Menschen, ins Leben einzuführen.

Diese Grundgedanken sind nicht neu,
aber das Rechte wird nicht weniger richtig durch
häufigen Hinweis auf seine Richtigkeit. Wir
können, bei dem Übermaß an Falschem , das
Gute nicht häufig genug wiederholen. Der
Geist der Schwere drückt immer wieder auf jedes
Emporstreben mit schrecklicher Verneinung. Alle
üppig aufsprießenden Ideen zum Nutzen des Ganzen
tatkräftig zur Wirkung zu bringen, ist eines
jeden praktischen und idealen Baumeisters höchste
Lebenspflicht.

um auch als Lehrer organisatorisch in größerem
Umfange zu arbeiten und anzuregen. Er neigt
der Überzeugung zu, daß die Reform unseres
gesamten Schulwesens in mehr als einer Hinsicht
von der Kunstgewerbeschule ausgehen müsse.
Eine moderne Erziehung setzt am einfachsten und
natürlichsten beim Spiel (Wettspiel, Geselligkeits-
spiel und Handspiel) der Kinderjahre ein. Beim
Kinde ist die Abtrennung von Kopf- und Hand-
arbeit noch nicht zum Schaden des Charakters
vollzogen: Diese Trennung der »zwei Seelen«, an
der so viele schöne Begabungen leiden, ja ver-
kümmern. Bei des Kindes scheinbar müßigem
Spiele arbeiten in harmonisch innigem Wechsel
Körper und Seele, Hand und Hirn. Im Gegen-
satz zu dem abstrakten Wissen und Gedächtnis-
speicher der Schulmethode, die zu einer Hirn-
gymnastik führt, kann eine beweglichere, freiere
Methode durch Arbeitsunterricht im Verein mit
planmäßiger Körperkultur (L eib gymnastik) die
harmonische Durchbildung des ganzen Menschen
herbeiführen. Nicht im Nachäffen der Alten,
wohl aber in ihrem Geiste sollte der junge Mensch
(beiderlei Geschlechts) bereits in der Schule auf
den Wert des gesunden Leibes aufmerksam ge-
macht werden, als Träger der gesunden Seele.
Bei den Griechen (die Römer sind weit über-
schätzt worden und kommen als wirkliches Kultur-
volk kaum in Frage) galt als Ziel des idealen
Menschen nicht etwa die aufs zarteste empfind-
same Seele allein, sondern in harmonischer Ge-
meinschaft mit einem, in allen Übungen wohl-

LUDW1G PAFFENDORF—COLN.

Monopol-Keller— Cöln,
 
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