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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Rauter, Gustav: Kann der Urheber eines Kunstwerkes vertraglich gezwungen werden, eine andere Person als Urheber anzuerkennen?
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0388
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374

INNEN-DEKORATION

architekt rudolph zahn — berlin.

Wandel-Halle des Winter-Gartens. Wand-Bekleidung ausgeführt von
den Deutschen Marmor-Hohwerken G. m. b. H., Nürnberg-Berlin.

nehmen. Die betreffenden Bestimmungen lauten: »Wer
der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder
verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines Anderen
zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb
oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem Anderen den
daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn
er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muß....

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden
Weise einem Anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist
dem Anderen zum Ersätze des Schadens verpflichtet.«

Es ist unzweifelhaft, daß die Behauptung, daß ein
Künstler nicht der wirkliche Urheber der von ihm ge-
schaffenen Werke sei, eine Tatsache darstellt, die
geeignet ist, Nachteile für dessen Fortkommen herbei-
zuführen, und daß man solche Behauptungen auch als
einen gegen die guten Sitten dem Betreffenden zugefügten
Schaden ansehen kann. Freilich wird die Frage, wie
hoch dieser Schaden im besonderen Falle zu schätzen
sei, äußerst schwierig sein und sich in den meisten Fällen
umso eher gerichtlicher Feststellung entziehen, als die
deutschen Gerichte ohnedies, im Gegensatz zu der
englischen Praxis, im Zweifelsfalle stets geneigt sind,
einen nach Geld zu bemessenden Schaden überhaupt
nicht für vorhanden zu erklären, womit denn nach § 253
des Bürgerlichen Gesetzbuches der Anspruch auf Ent-
schädigung in der Praxis regelmäßig hinfällig wird.

Indessen bringt selbst das, was sich auch so noch
erreichen läßt, immerhin unter Umständen greifbare
Vorteile für den Künstler mit sich, der zwar nicht auf

Entschädigung, aber doch auf Feststellung seiner Urheber-
rechte klagen kann. Denn, wenn das Urheberrecht
im engeren Sinne, d. h. die Berechtigung, sich Urheber
zu nennen, auch an sich kein Vermögensobjekt bildet,
und an sich nicht geschützt ist, so bildet diese Berechtigung
doch die Grundlage für vermögensrechtliche Ansprüche,
die unter Umständen selbst dann für den Künstler
entstehen können, wenn er das Urheberrecht im Sinne
des gewöhnlichen Sprachgebrauches nicht mehr besitzt.
Unter diesen Umständen hat z. B. auch das Ober-
landesgericht in Cöln am 3. Dezember 1904 entschieden:

»Unabhängig von dem Vervielfältigungsrecht besteht
und ist gerade bei Werken der bildenden Kunst anerkannt
(vergl. Daude, Urheberrecht S. 103), das — dem Namen-
recht vergleichbare — Interesse des Künstlers, seine
persönliche Beziehung zum Kunstwerk grundsätzlich
anerkannt, im Verkehr geachtet und vom Rechte geschützt
zu sehen. Das Nachbildungs- und Vervielfältigungsrecht
ist veräußerlich und kann deshalb einem anderen als
dem Urheber selbst zustehen, das höchstpersönliche Recht
des Urhebers auf Schutz seines künstlerischen Namens
und seines ausgeführten Kunstgedankens gegen unbefugte
Eingriffe bleibt dann selbständig daneben bestehen.«

Wir können uns dieser gerichtlichen Entscheidung
nur anschließen, da sie vollkommen mit den vorhin
gemachten Ausführungen übereinstimmt. Ein Vertrag,
der den Urheber zwingen soll, jemand anders als wirk-
lichen Urheber anzuerkennen, ist demgemäß auf jeden
Fall nichtig. — dr. gdstav rauter—charlottenburg.
 
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